Chapter 20

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„Mark? Alles gut?", riss mich Steff aus meinen Gedanken, während sie mit ihrer Hand vor meinem Gesicht wedelte, und brachte mich somit zurück in die Realität. In die Realität, in der Lena gerade mit Max alleine war. Die Vorstellung der beiden zusammen veranlasste eine starke Wendung meiner Gefühle, die mich nicht länger klar denken ließ.
All die Wärme, die ich vor wenigen Minuten noch verspürt hatte, war wie weggeblasen. Stattdessen war eine Kälte in mein Inneres gewichen und ich fühlte mich leer.
Sarkastisch lachte ich auf, ehe ich Steff herausfordernd entgegen funkelte: „Natürlich ist alles gut. Alles ist super. Lena ist bei ihrem Freund und ich sitze hier alleine. Jeder ist da, wo er hingehört."
Steff blickte mir nur mit großen Augen entgegen und in mir keimte bereits das schlechte Gewissen, sie so angefahren zu haben.

„Jetzt komm mal wieder runter, Mark. Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt", entgegnete mir Paddy sofort mit seiner ruhigen Stimme. Zusätzlich spürte ich, wie er seine Hand auf meinen Arm legte.
Er hatte ja recht. Ich glaubte nicht, dass Lena nicht ehrlich zu mir gewesen war. Ich war mir sogar sicher, dass sie alles, was sie gesagt hatte, auch ernst gemeint hatte. Sie liebte Max nicht mehr auf die Art, wie sie ihn früher geliebt hatte. Sie war nicht mehr glücklich. Lena wollte die Trennung. Und zwar in einem persönlichen Gespräch. Allerdings war sie nicht auf dieses vorbereitet gewesen und dass es jetzt schon statt finden würde, musste sie ziemlich aus der Bahn geworfen haben.

Aus Erfahrung war ich mir allerdings auch sicher, dass Max diese durch seinen Überraschungsmoment entstandene Unsicherheit nutzen würde, um Lena in seinen Bann zu ziehen und ihr irgendeinen Schwachsinn einzureden, wie er es schon mehrere Male getan hatte.
Er liebte sie nach wie vor und würde mit allem Mitteln um sie kämpfen, was ja auch irgendwie verständlich war.
Unabhängig von meinen Gefühle für Lena hoffte ich nun einfach, dass sie dieses Mal keinen Rückzieher machen würde, wo sie sich doch jetzt so sicher zu sein schien. Nicht um meinetwillen, sonder um ihretwillen.

„Tut mir leid. Ich kann's nur irgendwie nicht glauben, dass er das wirklich getan hat. Es geht hier ja gar nicht um mich. Ich will nur nicht, dass sie wieder auf ihn rein fällt. Lena hat sich in letzter Zeit so oft bei mir ausgeheult und jedes Mal mit dem Gedanken gespielt, ob eine Trennung nicht doch besser wäre. Offensichtlich hat sie es nie getan. Sie ist immer weich geworden. Erst behandelt er sie wie Dreck und dann kommt er wieder angekrochen. So ist es jedes Mal."
Ich redete mich regelrecht in Rage. Meine Wut auf Max stieg von Wort zu Wort. Ich war wütend auf ihn, weil er Lena so schamlos manipulierte, weil er sie nicht so behandelt, wie sie es verdient hatte und, weil er das Recht dazu hatte, gerade mit ihr alleine zu sein und um sie zu kämpfen. Er war schließlich immer noch ihr Freund. Und ja, vielleicht war ich eifersüchtig, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Max Lena nicht verdiente. Vielleicht hatte er das einst, aber so, wie er mit ihr umging, war dies definitiv nicht mehr der Fall.

„Entschuldigt mich bitte. Ich brauche jetzt einen Moment für mich", zog ich die Reißleine, wie ich es immer tat, wenn mich die Emotionen überkamen und mir alles zu viel wurde. Ich erhob mich und verließ die Terrasse unter den mitleidigen Blicken von Paddy und Steff. Meine Beine trugen mich direkt in mein Zimmer, wo ich mich auf mein Bett fallen ließ. Meine Gedanken rasten und ließen mir keine einzige klare Sekunde. In solchen Situationen würde ich normalerweise mit Lena reden. Sie war in den letzten Monaten zu meiner wichtigsten Bezugsperson geworden, der ich alles anvertraute. Allerdings war dies nun nicht möglich.
Ich wusste jedoch, dass ich nicht alles mit mir selbst ausmachen konnte. Das hatte ich in der Vergangenheit gelernt und so griff ich nach meinem Handy und wählte fast schon mechanisch die Nummer der Person, die mich wie kein Zweiter kannte und mich schon mein ganzes Leben lang begleitete.

„Marek! Schön, dass du dich endlich mal bei deiner Lieblingsschwester meldest. Wie ist es so in Südafrika?", ertönte Natalies aufgeregte Stimme am anderen Ende der Leitung bereits nach wenigen Sekunden. Der Vorwurf, dass ich mich noch nicht gemeldet hatte- die kurzen Nachrichten, die ich alle zwei Tage geschickt hatte, mal ausgenommen- war kaum zu überhören. Ich wusste nicht so ganz, wie ich anfangen sollte, beschloss jedoch ihre Frage vorerst zu ignorieren.
„Hallo Natalie, ich brauch jemanden zum Reden. Es wird mir gerade alles zu viel. Hast du kurz Zeit?", waren meine ersten Worte, die nur langsam und stockend über meine Lippen kamen.
„Natürlich habe ich Zeit für dich, das weißt du doch. Was ist los? Geht es dir gut? Ist was passiert?", hörte ich sie direkt besorgt fragen.
Ich wusste nicht, wie und wo ich anfangen sollte, sodass nur sinnloses Gestotter meinen Mund verließ: „Naja, es ist nichts passiert...also nichts schlimmes. Und ja es geht mir gut...zumindest körperlich. Also du musst dir keine Sorgen machen."

„Marek!", unterbrach mich Natalie forsch, ehe sie sanft weiter sprach, „jetzt atme mal tief durch und fang an zu erzählen, was dich bedrückt. Und zwar von Anfang an."
Ich tat, wie sie mir befohlen hatte und schloss für einen kurzen Moment die Augen, während ich versuchte, meine Atmung zu kontrollieren.
Mein Puls verlangsamte sich und nach wenigen Atemzügen hatte ich mich wieder einigermaßen beruhigt.
„Du kennst doch Lena", begann ich vorsichtig und hörte, wie meine Schwester am anderen Ende der Leitung scharf die Luft einsog.
„Natürlich kenne ich Lena Meyer-Landrut. Also nicht persönlich, aber wer kennt sie nicht. Ihr habt euch doch angefreundet in letzter Zeit oder? Habt ihr Streit?"
Das würde schwerer werden, als gedacht.
Natalie war insgeheim schon immer ein kleiner Fan von Lena gewesen und seitdem sie wusste, dass wir uns kannten, wartete sie nur auf den Moment, sie endlich einmal kennen zulernen.

„Nein, wir hatten keinen Streit. Aber bitte, unterbrich mich jetzt nicht. Du weißt, dass mir das schon schwer genug fällt", bat ich sie ruhig.
„Natürlich, tut mir leid", sagte sie schnell, ehe sie verstummte, um mich reden zu lassen.
Und ich erzählte Natalie alles. Von Lenas Problemen mit Max, wie ich sie in Deutschland schon oft getröstet hatte, unseren jeweiligen Aufzeichnungen, den Küssen und unserer Abmachung, dass wir mehr als nur beste Freunde waren und wir es langsam auf uns zukommen lassen werden. Schließlich erzählte ich noch von den neusten Ereignissen, nämlich von Max plötzlichem Auftauchen.
Natalie war die ganze Zeit über still, oder versuchte es zumindest. Einige Male konnte sie ein erstauntes oder überraschtes Quieken nicht zurückhalten.

„Und du sagst, sie hat fest beschlossen, sich von Max zu trennen?", fragte Natalie schließlich nach, was mir ein Nicken entlockte. Als mir auffiel, dass sie dies gar nicht sehen konnte, schob ich noch ein „Ja, aber erst in Deutschland" hinterher.
„Und du vertraust ihr?", lautete Natalies zweite Frage, die ich ebenfalls bejahen konnte.
„Ach Marek, wieso machst du dir denn dann so viele Gedanken. Wenn Lena wirklich auch so für dich empfindet, wie du für sie, musst du dir doch keine Sorgen machen. Sie redet wahrscheinlich in diesem Moment mit Max und sagt ihm, dass das zwischen ihnen keine Zukunft mehr hat. Und selbst, wenn sie sich wieder von ihm überreden lässt, verdammt Marek, dann greif ein. Du bist in sie verliebt. Dann kämpfe doch auch um sie. Stell deine Bedürfnisse und wünsche nicht immer hinten an. Du kannst nicht erwarten, dass dir alles immer auf dem Silbertablett serviert wird. Im Musikbusiness ist das doch auch nicht so und da hast du es ja offensichtlich verstanden, sonst wärst du nicht da, wo du jetzt bist. Also setz endlich alles auf eine Karte und kämpf um Lena. Lieber etwas riskieren, als ewig bereuen, sich nicht getraut zu haben, oder?"

Natalies Worte öffneten mir die Augen. Ich musste um das kämpfen, was ich wollte. Und das war nunmal Lena.
„Du hast recht. Ich werd's tun. Aber wie gesagt, ich vertraue ihr. Wenn sie das wirklich will, wird sie das schon durchziehen. Und danach bin ich für sie da. Egal ob, um sie zu trösten oder aufzufangen. Danke, Schwesterherz. Was würde ich nur ohne dich machen?"
„Ja Marek, das frag ich mich ehrlich gesagt auch", lachte sie, bevor sie bestimmend fortfuhr, „aber mal im Ernst. Mach bitte keinen Rückzieher, das macht euch beide nur unglücklich. Und das habt ihr nicht verdient."
„Danke Natalie, wirklich. Du hast was gut bei mir", erwiderte ich lächelnd. Auf meine Schwester konnte ich mich wirklich immer verlassen.
Ich wollte schon auflegen, als ich ihre Stimme erneut wahrnahm, die meinen Namen rief.
„Ach und Marek? Wenn ihr wieder in Deutschland seid, stellst du sie mir vor", bestimmte sie, wobei ihre Stimme direkt viel aufgeregter klang als zuvor.
„Ja, das mache ich", lachte ich ins Telefon.
„Und melde dich, wie's gelaufen ist. Du kannst dich generell öfter mal melden. Auch bei Mama und Papa."
Ich gab ihr zu verstehen, dass ich ihre Worte verstanden hatte, ehe wir uns voneinander verabschiedeten.

In meinem Kopf herrschte plötzlich wieder Klarheit und ich fragte mich, wieso ich mir zuvor so viele unnötige Gedanken gemacht hatte. Es wird schon alles gut werden. Ich brauchte nur das nötige Vertrauen und den Willen zum Kämpfen. So wie es jetzt aussah, hatte ich beides reichlich.

To już koniec opublikowanych części.

⏰ Ostatnio Aktualizowane: Aug 24, 2020 ⏰

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