20 | Nächtliche Nervensäge.

112 5 2
                                    

Elina

**************

Geschafft lasse ich mich in mein Bett fallen.

Die Sonne ist vor ein paar Minuten untergegangen und ich will nichts weiter als schlafen.
Doch diese Rechnung habe ich nicht mit Robin gemacht.

„Hey du."
„Robin, hau ab! Ich will schlafen."
Dieser tut jedoch genau das Gegenteil, schließt meine Zimmertür hinter sich und setzt sich neben mich auf mein Bett.

„Bist du taub? Ich.Will. Schlafen!"
„Aber ich nicht."
„Das ist mir egal."
„Mir ist aber langweilig."
„Geh doch Mama nerven oder so."
„Das ist aber nicht so witzig."
Ich funkle ihn böse an, worauf er nur amüsiert schmunzelt.
Idiot.
Eine meiner Haarsträhnen kitzelt mich im Nacken.
Wie immer sind meine Haare zu einem Dutt gebunden, damit kann ich einfach am besten schlafen.
Falls ich jemals wieder zum schlafen komme.

Robin und ich liefern uns ein langes Blickduell, bis sein Blick schließlich woanders hin wandert.

„Ha! Du hast verloren." lache ich ihn aus, doch mein Bruder reagiert kaum auf mich.
„Was ist los?"

„Was zum...?" Er deutet mit einem Kopfnicken auf mich.
Fällt ihm mein peinliches Schlaf Shirt etwa erst jetzt auf?
Ich mag Mickey Mouse.
„Was, verdammt ist das da an deinem Hals?"
Scheiße.
Das habe ich völlig vergessen.

„Das, ähm also -"
„Du treibst es also wirklich mit ihm." Robin lacht laut auf. So laut, dass ich Angst habe unsere Eltern könnten davon wach werden.
„Halt die Klappe." zische ich.
„Außerdem, was soll das denn jetzt heißen?" wütend gifte ich meinen Zwillingsbruder an.

„Ich hätte gedacht, du lässt ihn abblitzen oder so."
Eher würde er mich abblitzen lassen.
Ich bin verrückt nach ihm.
Bereits jetzt sehne ich mich wieder nach Fedjas Berührungen, dabei ist es gerade mal ein paar Stunden her.
Diesen Gedanken werde ich jedoch nicht aussprechen. 
Niemals.

„Offensichtlich habe ich das nicht." versuche ich so reserviert wie möglich zu klingen.
Ich besitze zwar keinen Vergleich, doch der Sex mit Fedja ist nahezu fantastisch.

„Offensichtlich." lacht Robin und kommt näher, um den lila Fleck noch näher zu betrachten.
„Hey!" Ich stoße ihn an seiner Schulter zurück.

„Rück mir nicht so auf die Pelle."
„Wir haben uns eine Gebärmutter geteilt, und das schreckt dich ab?"
Robin zieht skeptisch eine Augenbraue hoch.
Wie sehr ich es hasse, wenn er das macht.

„In der Gebärmutter habe ich aber noch keinen Knutschfleck am Hals gehabt, den du andauernd anglotzt."
Ein Kichern von Robin.

„Ich darf das doch wohl. Schließlich hat nicht jeder das Glück, so einen Tollen Zwillingsbruder wie mich zu haben." überheblich grinst er mich an.
Augenrollend blicke ich zu ihm.
Ständig verwendet er diesen bescheuerten Satz.
Da ist es egal, ob ich ihm etwas zu essen holen sollte oder ihn decken sollte, wenn er mal wieder bei Olivia übernachtete.
Am Ende ist er natürlich der beste Bruder der Welt.

„Raucht er?"
Robin verzieht das Gesicht.
Anders als ich, ist er in seiner Raucher verhassten Phase hängen geblieben.

„Ja."
„Und du?"
„Wie, und ich?"

Robin rollt mit den Augen.
„Jetzt sei doch nicht so begriffsstutzig. Rauchst du auch?"

Riecht man es wirklich so stark?
Ich habe extra mein neues Parfüm aufgetragen.
„Nein, Quatsch. Er riecht nur sehr stark danach."

Robin atmet erleichtert auf, sein Blick bleibt jedoch weiterhin skeptisch.
„Gott sei Dank. Ich dachte schon, du wärst zur fucking Raucherin mutiert, bloß weil dein Freund das macht."
Das bin ich auch.
Genau so eine Freundin bin ich.

„Niemals, du kennst mich doch." Ich zwinkere ihm zu, auch wenn ich mich in Wahrheit ziemlich schlecht fühle.
Ich hasse es, meinen Bruder zu belügen.
„Ja." Robin lacht.
„Bist eben nicht so hirnverbrannt wie Olivia."
Ich verkneife mir ein seufzen.
Offenbar haben die beiden mal wieder Streit.

„Kennst du schon diesen einen Witz über Raucher?" lenkt Robin vom Thema ab.
Ja, ich kenne alle seine Witze.
Lächelnd schüttele ich mit dem Kopf.

„Raucher sterben nicht an Krebs, sondern erfrieren vor der Tür."
Beim zweiten Mal klingt er noch unlustiger als zuvor.
Dennoch lache ich.
Sowas passiert öfter.
Robin kommt zu mir herüber wenn es ihm schlecht geht, erzählt mir ein oder zwei schlechte Witze und schläft dann schließlich in meinem Bett ein.

„Weißt du was?"
Robin dreht sich zu mir.
Ich will endlich schlafen.
„Mit Olivia läufts nicht so gut."
Ach was.

„Was ist passiert?"
Mitfühlend blicke ich in die Augen meines Zwillings.
Die Dunkelheit lässt sie fast schwarz wirken.
„Ich glaube, wir haben uns getrennt."
„Oh mein Gott, Robin!"
Ich rede so laut, dass ich kurz Angst bekomme, unsere Eltern würden aufwachen.
Zum zweiten Mal an diesem Abend.
„Du bist so ein Idiot."

„Das hilft nicht." genervt sieht Robin mich an.
Seine Augen wirken Traurig, und er tut mir augenblicklich leid.
Egal was für ein Kotzbrocken Robin sein kann, er ist immer noch mein Zwillingsbruder.

„Ellie, sag mir was ich tun soll."
Robin jammert und legt sich wieder auf den Rücken.

„Du musst diese Beziehung beenden. Endgültig."
„Das kann ich nicht."
„Wieso nicht?"
„Weil ich sie liebe."

Nicht das schon wieder.
Diese Unterhaltung habe ich schon eintausend mal mit Robin geführt.
„Du selbst sagst doch, dass sie dich wie Dreck behandelt."

„Schon, aber wenigstens bin ich ihr Dreck."
„Du raubst mir echt den letzten Nerv."

Verzweifelt lege ich einen Arm über meine Augen.
Wenn das so weitergeht, würde mein Bruder diese scheußliche Person eines Tages heiraten.
Oder sie schwängern.
„Beende diese Beziehung."

„Ist das etwa ein Befehl?"
Robins Ton klingt leicht angesäuert.

„Ja."
„Das kannst du nicht machen."
„Siehst du doch."
„Okay," Robin sieht mich provozierend an und stützt sich auf seine Ellbogen.
„Dann mach mit Fedja Schluss."

Was zum Teufel?
„Spinnst du jetzt komplett?"
„Nein, ich bin bei klarem Verstand."
Da wäre ich mir nicht so sicher.

„Du kannst Fedja und mich doch nicht mit Olivia und dir vergleichen, du Geisteskranker."
„Wieso nicht?"

Robins Augen funkeln.
Ich hasse es, mit ihm zu diskutieren.
Er wird dann immer so zickig wie ein kleines Mädchen.

„Weil er mich nicht wie Dreck behandelt."
Robin atmet tief aus und lässt sich wieder einmal fallen.
Er hört sich wirklich verzweifelt an.

„Fuck." stöhnt er.
„Ich hasse es, wenn du recht hast."

Verzweifelt rollt Robin sich noch ein wenig hin und her, ehe seine Atmung endlich ruhiger wird.
Ich bin Stolz auf mich.
Ich habe meinen Bruder vor einer scheußlichen Entscheidung gerettet.

„Du hast echt Glück mit Fedja." murmelt mein Bruder, bevor er endgültig einschläft.
Ich lächele in mich hinein.

Ja, und was für ein Glück ich habe.

******************

Die Monster unter meinem Bett. Where stories live. Discover now