15 | Morgendliche Zigarette.

106 7 1
                                    

Fedja

************

Ich kann es nicht fassen.
Wenn ich mir selbst diese Geschichte erzählen würde, ich hätte sie nicht geglaubt.
Hier liegt sie nun.
In meinem Bett.
Nackt.

Elina ist nach dem Sex sofort eingeschlafen.
Ihre Haare kleben ihr auf der Stirn.
Ich behielt recht mit meiner Vermutung.
Sie ist noch Jungfrau gewesen.
Der Alkohol hat ihr wohl die meisten Schmerzen genommen, das hoffe ich jedenfalls.
Vor ein paar Jahren habe ich einmal ein Mädchen entjungfert, die hatte so unglaubliche Schmerzen, dass sie das ganze Haus zusammen geschrien hat.
Da ist Elina pflegeleichter.

Elina bewegt sich leicht in meinem Arm. Sie kuschelt sich eng an mich.
Ich habe sie dicht an mich gepresst, in meinem Zimmer.
Es überrascht mich selbst ein wenig.
Nicht einmal Dascha ist jemals bei mir Zuhause gewesen, und den kenne ich seit der Grundschule.
Er stellt einfach viel zu viele Fragen.
Elina dagegen behält diese eher für sich.
Sie fragt nicht gleich nach, sondern lässt vieles auf sich beruhen, zum Beispiel wieso es hier so unordentlich ist, oder wieso ich in so einer verdammt kleinen Wohnung wohne.
Nur mit meinem nutzlosen Bruder.

Die Sonne geht auf.
Ursprünglich ist mein Plan gewesen, sie in den frühen Morgenstunden zu wecken und mit einer Ausrede aus meiner Wohnung zu verscheuchen.
„Ich ruf dich an." Diesen Satz hätte ich ihr im Hausflur zugerufen und dieses Versprechen nie gehalten.
Doch die letzte Nacht war gut.
Zu gut.

Ich genieße ihre Gesellschaft.
In ihrer Nähe fühlt sich die abgefuckte Welt, etwas weniger Kaputt an.
Es ist nicht so etwas naives wie etwa Liebe, doch egal was es auch ist.
Ich will es nicht enden lassen.
Noch nicht.

Ich bin mir sicher, das sich das Problem mit Elina schnell von selbst klären wird.
Spätestens wenn sie mich high erlebt, werde ich sie in die Flucht schlagen.
Somit nimmt sie mir die Entscheidung ab, ob sie bleibt oder nicht.

Ich sehe auf die Uhr.
Sechs Uhr morgens.
Ich sehne mich nach einer Zigarette.
In meinem Zimmer ist keine Packung mehr aufzufinden, doch Adrian und ich bewahren immer ein paar Schachteln im Wohnzimmerschrank in der unteren Schublade.
Nur zur Sicherheit.

Ich löse Elina aus meinen Armen, was sich schwerer erweist als gedacht und gehe auf leisen Sohlen aus meinem Zimmer.

„Was machst du hier?"
Irritiert blicke ich Adrian an.
Er ist nicht High.
Noch nicht.

Mein Bruder sitzt auf dem Sofa und schaut den Fernseher an.
Er sieht sich wie ich, diese dämliche Frühstücksshow an.
„Ich kann nicht pennen."
Er schaut mir dabei zu, wie ich in die Unterste Schublade greife und eine Schachtel heraushole.
Bald wird einer von uns neue kaufen müssen.
Und dieser eine bin nicht ich.

„Wieso hast du keine Pillen eingeworfen?" Frage ich ihn und zünde mir eine Zigarette an.
Ich genieße das Gefühl, als der Krebserregende Rauch meine Lungen erreicht.
Befreiend.
Zigaretten sind auch eine Art von Suizid.
Nur dauert es einige Jahre länger.
Adrian zuckt unschlüssig mit den Schultern.
„Ich glaub, ich will aufhören."
Ich gebe ihm fünf Stunden. Maximal.

„Außerdem hab ich die kleine und dich die ganze Nacht gehört."
Ich kann mein Grinsen nicht unterdrücken.
Ich will es auch gar nicht.
Elina ist laut.
Und hauptsächlich verließen mein Name, und Verschiedene Flüche ihren Mund.
Darunter auch ein paar, welche ziemlich unchristlich gewesen sind.
Ich erinnere mich nicht mehr an alles von vergangener Nacht, doch eins weiß ich noch.
Elinas Rufe turnen mich verdammt an.

„Ist das diejenige, von der wir gestern geredet haben?" fragte mein Bruder interessiert.
Ich kenne diese Seite von ihm.
Er interessiert sich nicht wirklich für mein Leben.
Adrian versucht bloß, sich von seiner Gier abzulenken.
Seiner Gier nach ein paar Schmerzmitteln.
Dabei braucht er bloß die Straße herunterzugehen, in die nächstbeste Apotheke und sich welche kaufen.
Dann wäre sein brennendes Interesse an meinem Leben wieder vorbei.

„Ja."
Ich will wieder in mein Zimmer, doch Adrian lässt nicht locker.
„Schmeißt du sie gleich raus?"
Ich sehe eine Weile lang in seine Augen.
Soll ich sie rausschmeißen?
Das wäre vermutlich das klügste.
Doch ich bin noch nie besonders bekannt für meine Klugheit gewesen.

„Ich denke nicht. Vermutlich, behalt ich sie ein bisschen."
„Man, die muss aber gut gewesen sein."

Kommentarlos gehe ich zurück in mein Zimmer, wo Elina immer noch schlafend in meinem Bett liegt.

Glaub mir, Adrian.
Wenn du doch nur wüsstest, wie gut.

***************

Die Monster unter meinem Bett. Where stories live. Discover now