• 22 Die Höhle des Löwen •

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'Was du suchst, ist nicht auf den Gipfeln der Berge, nicht in der Tiefe der Meere, nicht in den Straßen der Städte: Es ist in deinem Herzen.'

'Na, hat der Tiger die Höhle des Löwen wieder verlassen?', blinkte mein Handy nachts um 1.00 Uhr auf. Die Nachricht war von, na wem wohl? Der Chihuahua versuchte nun zum dritten Mal mit mir Kontakt aufzunehmen, doch ich wollte mit niemandem reden oder schreiben. Seit Tom hier war, ging es mir noch schlimmer als vorher... Ich hatte ihn verletzt, dass konnte ich an seinen Augen sehen und ich konnte das alles nicht mehr ertragen. Ich konnte nicht ertragen, die Menschen in meinem Umfeld immer so traurig zu machen! Ich war an allem Schuld! Meine Mutter hatte ich gleich nach Hause geschickt, ich konnte mir ihre Fragen nicht länger anhören. Immer wieder hatte ich das Bild von Toms Gesicht vor Augen.

"Tom..." , "Ist schon gut, ich habe verstanden Emily! Ich war ein Narr zu glauben, dass du diese Gefühle erwidern würdest! Klar, du hast ja noch nie etwas für jemandem empfunden, doch weißt du, was das Schlimme daran ist? Ich liebe das am Meisten an dir! Em, ich liebe dich so sehr, dass es schon weh tut! Ich liebe dein Lachen, deine Augen, die blauer als der Ozean sind, dein beleidigter Gesichtsausdruck und Gott, ich liebe unsere Begrüßungen! Ich liebe einfach alles an dir und als ich dich mit Basti vorhin so gesehen habe... Ich habe einfach meine Nerven verloren. Es tut mir Leid, ich hätte dich nicht so anfeinden sollen!", beendete mein bester Freund seinen Monolog. Er sah durch mich durch, fast so, als ob ich nicht da wäre und beruhigte sich selbst, indem er immer wieder etwas vor sich hin murmelte: "Weißt du was Em, vergessen wir das einfach alles! Ich bin dein bester Freund und du meine beste Freundin, nicht mehr und nicht weniger. Vergiss alles, was ich gerade gesagt habe! Ich bin ein Idiot. Werde mit ihm glücklich!" Perplex richtete ich meinen Blick auf seinen Mund. Diese Worte, sie klangen so fremd. "Tom, da ist nichts... Ich..." , "Em, mache einmal deine Augen auf! Ich sehe doch, wie er dich anschaut, wie du ihn anschaust. Ich wünschte, ich könnte mit ihm tauschen, ich wünschte, du könntest mich so anschauen! Du hattest schon immer die Gabe, alles in deiner Umgebung zu ignorieren. Und wenn du mir das alles nicht glaubst, dann frag ihn! Er wird dir das sicher bestätigen! Weißt du was das Schlimmste ist?", fragte Tom, während ich lediglich meinen Kopf schüttelte, "Ich mag ihn. Ich wünschte, ich könnte ihn hassen, doch er ist der netteste Mensch, den ich kenne! Ihn kann man nicht hassen, das ist so gut wie unmöglich!'

Und nun war mein bester Freund gegangen. Ich hatte Angst ihn zu verlieren, immer hin war er mit der Wichtigste Mensch in meinem Leben, das war er schon immer gewesen und wird er auch immer sein! Veronika, er und ich. Wir waren die drei Muskeltiere, Keule 1,2 & 3. Ich konnte das nicht zulassen. Ich konnte nicht zulassen, dass wir uns fremd wurden. Ich wollte nur mein Leben behalten, doch alles veränderte sich. Ich hatte kein wirkliches Leben mehr. Mein Magen grummelte, während ich schnell nach einer Schüssel griff und meinen gesamten Mageninhalt darin verbreitete. Mein Bauch krampfte sich schmerzhaft zusammen. Ich konnte nicht mehr und das schon nach einem Tag... Ich hatte keine Lust mehr, weder auf die Chemo, noch auf die ganzen Tragödien in meinem Leben. Konnte nicht alles wieder so werden wie früher, mir ging es doch gut! Ich war glücklich.

'Em, geht es dir gut? Ich weiß, dass du wach bist!'

Ich wollte allein sein. Ich konnte ihm nicht antworten. Und woher wollte der Idiot eigentlich wissen, dass ich wach war? Ich war gar nicht wach, ich schlief. Ja genau, ich schlief. Wütend auf mich selbst kniff ich meine Augen zusammen und versuchte alles um mich herum zu ignorieren. Es dauerte geschlagene drei Stunden, bis ich endlich einschlief. Es war zwar ein unruhiger Schlaf, doch wenigstens musste ich eine Sekunde nicht an meine Situation denken. So sehr ich auch wollte, ich musste mich jetzt auf mich konzentrieren und da hatte der Chihuahua keinen Platz.

Zumindest dachte ich das, bis mich im nächsten Moment eine Hand sanft aus meinem Schlaf rüttelte. Zögerlich öffnete ich meine Augen und sah in die brauen Kulleraugen von Helen. Sie lächelte sanft und stellte mein Mittagessen auf den Tisch. Heute gab es Reis mit Gemüsepfanne. An sich liebte ich dieses Essen, doch im Moment ekelte es mich an. Ich konnte es nicht essen, beim besten Willen nicht. Was würde ich jetzt nur für ein 'Mamba-Karamba-Erlebnis' geben? "Emily, draußen wartet auf dich Besuch! Soll ich sie herein beten?", unterbrach Helen meine Gedanken, während ich leicht nickte und nebenbei auf meinen Wecker sah. Schon 13.46 Uhr. Ich sah bestimmt aus wie eine Vogelscheuche. Schnell setzte ich meine graue Wollmütze auf. Sie gab mir das Gefühl nicht ganz so hässlich zu sein. Zögerlich öffnete sich meine Tür und eine schüchterne Veronika steckte ihren Kopf hindurch. "Darf... Darf ich reinkommen?" , "Natürlich!", ich warf ihr mein bestes Lachen zu und beobachte, wie meine beste Freundin ängstlich die weiße Tür schloss und sich zögerlich auf mein Bett setzte. Es vergingen Minuten, in denen niemand etwas zu sagen vermochte. Sie starrte lediglich auf ihre Fingernägel, welche in einem zarten Blau erstrahlten. "Em, es tut mir..." , "Das brauch es nicht! Ich verstehe dich!", unterbrach ich sie schnell, während ich sanft meine Hand auf ihre lag, um ihr Gefuchtel zu unterbrechen, dass machte mich ganz verrückt. "Doch Em, ich bin eine schreckliche Freundin. Ich hätte für dich da sein sollen und stattdessen habe ich mich verkrochen!" , "Veronika, es ist doch vollkommen egal, ob du da warst oder nicht! Du bist jetzt da und ich bin wahnsinnig froh darüber!", verkündete ich in meiner ruhigsten Stimme, während ich sie und ihr Rumgefuchtel eingehend musterte. Sie war nervös, sogar sehr. Auf ihrer Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen und ihre Augen mieden meinen Blick, bis sie erleichtert in meine Arme fiel. Wir sagten dabei nichts, es waren keine Worte nötig. "Ich bin ja so erleichtert Em! Übrigens die Mütze steht dir wirklich gut. Ich habe letztens auch in einer Zeitung eine Frau mit so einem Halstuch gesehen, das kann man aber auch auf den Kopf binden. Ich glaube sogar, dass würde dir perfekt stehen, denkst du nicht?" Da war sie wieder meine beste Freundin. Erst zurückhaltend und betrübt, dann von 0 auf 100 aufgedreht, indem sie mich mit allen möglichen Themen zu schwafelte: "Übrigens, da ist noch etwas, was ich dich fragen wollte... War Tom gestern hier?" Ich nickte zögernd und wusste nicht, worauf sie hinauswollte. "Er hat es dir gesagt oder?" , "Du wusstest davon?!" , "Natürlich, jeder hat es gewusst außer du!", setzte meine Freundin fröhlicher denn je fort. War ja egal, dass die gute Emily sich bis auf ihre Knochen blamiert hatte. War ja nicht so wichtig, dass sie beinahe ihren besten Freund verloren hatte. "Oh Em! Ich nehme an, du hast was anderes geantwortet, als er sich erhofft hatte..." , "Veronika, es tut mir ja auch Leid, so wahnsinnig leid, doch soll ich ihn anlügen und etwas vorgaukeln, was nicht stimmt. Ich will ihn nicht verlieren, doch was soll ich denn jetzt machen? Er hasst mich bestimmt!" , "Also jetzt übertreibst du Em! Er hasst dich doch nicht! Du kennst Tom, der braucht ein paar Tage und dann hat er sich wieder gefangen. Wenn du willst, kann ich auch einmal mit ihm reden...", gab Veronika mir die Hoffnung, dass alles wieder gut werden würde, dass ich Tom nicht als meinen besten Freund verlieren würde... Ich nickte leicht und versuchte das Thema zu wechseln. Immer hin saß meine beste Freundin vor mir und wir taten nichts anderes, als über die wohl beschissenste Situation ever zu reden. Normalerweise quatschte man doch über den neusten Klatsch und Tratsch, Mode, Schuhe, Haare... Kaum merklich senkte ich meinen Kopf. Klar, ich kam damit klar keine Haare zu haben, doch irgendwie auch nicht. Sie waren ein Teil von mir und man hatte sie mir gnadenlos weggenommen! Sie wehten nicht mehr theatralisch im Wind und sorgten dafür, dass ich der Männerwelt, wie in so kitschigen Liebesfilmen, den Kopf verdrehte... "Veronika, wie läuft es eigentlich zwischen dir und Joshua? Hehe!", stieß ich meine beste Freundin freundschaftlich in die Schulter, um mich von meinen Gedanken abzulenken. Sie wurde augenblicklich rot und ihre Augen strahlten heller denn je. Oh oh, da war jemand wohl über beide Ohren verliebt! Eigentlich hätte ich nicht damit gerechnet, dass die Beiden wirklich zusammenkommen würden. Immer hin schwärmte Veronika früher jede Woche für einen anderen Jungen, doch diesmal schien es anders zu sein. Sie wirkte glücklich und obwohl die Eule der wohl schrägste und verstörendste Junge der Welt war, mochte ich ihn. Er sorgte dafür, dass falls ich nicht mehr da sein würde, Veronika in guten Händen war. Klar, die Beiden waren bisher nur kurz zusammen, doch wenn Veronika überhaupt mit jemandem zusammen war, dann hatte das was zu bedeuten. Vor allem konnte sie sehr viel reden und mit sehr, meine ich sehr. Das musste man erst einmal aushalten und der Junge, der das konnte, war der Richtige für sie. "Awww Em, er ist so süß! Er sagt mir jeden Tag, wie schön ich bin und Abends oder Morgens, meistens bei Beiden, schreibt er mir, dass ich sein letzter und erster Gedanke bin! Ich glaube diesmal bin ich so richtig verliebt, verstehst du? Immer wenn ich ihn sehe, dann flattern tausend Schmetterlinge in meinem Bauch und ich fühle mich so geborgen. Ich liebe es, wenn er meine Haare aus meinem Gesicht streicht, um mich danach zu küssen, Awww, er ist einfach perfekt. P-E-R-F-E-K-T!", Veronika plapperte noch eine ganze Weile über ihre P-E-R-F-E-K-T-E Beziehung, doch irgendwann schaltete mein Kopf ab. Das war nicht böse gemeint, im Gegenteil, nur jeder Mensch kannte das Gefühl, irgendwann nicht mehr zuhören zu müssen, sie würde es eh nicht merken, da sie in einer anderen Galaxis schwebte. Und da sollte sie meiner Meinung auch noch weiter schweben, ungestört, einfach nur sie und die Eule. Abwesend lehnte ich mich nach hinten in mein Bett und hielt mir meine Hände auf den Bauch. Durch Veronikas Erzählschwall hatte ich gar nicht bemerkt, wie sich in mir ein ganz anderer Schwall gebildet hatte. Hastig schnappte ich die Schüssel neben meinem Bett, die Helen jedes Mal wechselte, sobald ich mein Geschäft im anderen Sinne verrichtet hatte. Und dieses Geschäft war riesig, nein Monströs. Ich setzte ganze fünf Mal an und übergab sozusagen meinen ganzen Körper. Erst jetzt kam Veronika wieder in der Realität an und begann wie am Spieß zu schreien. Kurz heftete ich meinen Blick an sie, bis ich erneut zur Schüssel greifen musste... Die Tür wurde aufgerissen, sodass eine erschrockene Helen zum Vorschein kam, dahinter eine geschockte Eule und der Chihuahua. Super, riss doch gleich alles auf, ich hatte heute Tag der offenen Tür. Jeder liebte es doch, wenn ihm Millionen Menschen beim Brechen beobachteten! Ich beobachtete aus den Augenwinkeln, wie der Chihuahua den geschockten Joshua am Arm zu Veronika zog und die Beiden gleichzeitig aus dem Zimmer warf. Helen kam an mein Bett gesprintet und reichte mir eine neue Schüssel, während sich der Chihuahua neben mich aufs Bett fallen ließ und meinen Rücken streichelte, als eine neue Fontäne kam. Jetzt war es offiziell: Ich war am Ende. Ich konnte nicht mehr brechen und doch tat ich es. "Psst Emily! Es ist alles gut. Das hört irgendwann auf, ich verspreche es dir!", hörte ich nur eine leise Stimme zu mir dringen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, aufzuhören einen Wasserhahn nachzuahmen, doch vergeblich. Mein Körper stellte auf stur. Er dachte wahrscheinlich 'Du kannst mich mal am Arsch lecken, ich tu, was ich will!'. "Psst... Em, ich bin da und ich werde auch nicht weggehen!", waren die letzten Worte, ehe ein erneuter Schmerz meinen Körper durchströmte.

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Badabumm Tsssss... :D Hallöchen moine Schäfchen! ^-^ Nun sind wir am Ende des 3 Teiligen Weihnachtsspecials! Ich hoffe, euch hat es gefallen, ihr habt die Weihnachtsfeiertage gut überstanden und wir lesen uns bald wieder! <333 Ihr seid die Besten, wisst ihr das eigentlich? Naja, jetzt wisst ihr es und fühlt euch tausend Mal geknuddelt ;)) <333 Noch einen wunderschönen Tag wünsche ich euch! *winkewinke*

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