Kapitel 10

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Am Dienstag bin ich den ganzen Tag angespannt. Aber so wie das immer ist, wenn man wegen etwas aufgeregt ist, zögert sich der Abend total heraus. Als ich zu Hause bin, frage ich meine Mutter gleich, wie lange ich beim Konzert bleiben darf. "Wie lange dauert es denn?" Sie zieht eine Augenbraue hoch. Ich beschließe, ihr lieber nichts von der VIP-Karte zu erzählen, darum sage ich: "Es dauert bis um 21 Uhr, aber ich würde danach gerne noch mit ein paar Freunden essen gehen." "Freunde sagst du? Na, wenn das so ist. Du bist um 24 Uhr spätestens wieder zu Hause und dann gehst du gleich ins Bett, verstanden?" Meine Mutter mustert mich misstrauisch. "Ja, natürlich. Ich gehe aber heute schon um 17:30 Uhr weg, weil meine Freunde und ich zusammen zum Konzert gehen wollen und bis wir alle abgeholt haben und so...das dauert." Ich bin echt stolz, dass ich mir das mit den Freunden ausgedacht habe. Meine Mum war sowieso immer der Meinung, ich sollte mehr in einem Freundeskreis unternehmen. Du sollst ja nicht für immer so ein Einzelgänger bleiben, hat sie immer gesagt. Meine Mutter willigt also ein. "Gut, dann bin ich ab halb sechs weg." Zufrieden stapfe ich nach oben und erledige meine Hausaufgaben.

Pünktlich um 18 Uhr bin ich in der großen Konzerthalle in Callington. Ein Kerl von der Security hat meine VIP-Karte gesehen und mich ganz nach vorne vor die Bühne geführt. Jetzt stehe ich hier, unter lauter kreischenden Fangirls. Als One Direction auf die Bühne kommt, winken sie dem Publikum zu. Ich schaue zu Zayn und er zwinkert mir unauffällig zu. Drei Fangirls neben mir, die wie Barbies aussehen, schauen mich eifersüchtig an. Das Wasserstoffblond der Mädchen sieht einfach nur beschissen aus. Ich, ungeschminkt, klein und mit einem natürlichen rot-blond, wirke neben den drei langbeinigen Tussis wohl wie ein kleines Kind. Ich schaue wieder auf die Bühne. Inzwischen haben die Jungs begonnen zu singen. One Direction singt das komplette Album FOUR und das Konzert ist eigentlich echt cool. Ich genieße den Gesang und die Atmosphäre.


"Das ist Liva. Liva Edwersson." Zayn hat mich nach dem Konzert sofort hinter die Bühne in einen gemütlichen Raum mit Couch und allem drum und dran geführt. Nun stehe ich neben ihm, er hat seinen Arm beschützend um meine Schultern gelegt und die restlichen Bandmitglieder von One Direction grinsen mich alle an. Außer Harry Styles, er sieht mich verwirrt an, dann ruft er Zayn zu sich und meint, er muss mit ihm reden. "Harry und ich kommen gleich wieder, Liva. Du weißt ja wer die anderen sind. Unterhalte dich einfach ein bisschen mit ihnen, sie sind nett." Zayn flüstert mir ins Ohr, dann wendet er sich seinem Bandkollegen zu und verschwindet mit ihm in ein Nebenzimmer. "Setzt dich", Niall hat sein süßestes Grinsen aufgesetzt und zeigt auf einen gemütlichen Ohrensessel. Ich lasse mich in den Sitz fallen und starre in die strahlenden Gesichter von Louis, Liam und Niall. Mein Blick muss wohl ein offenes Buch sein, denn plötzlich spricht Louis mich darauf an: "Ist irgendwas? Du siehst so besorgt aus." "Nein, es ist alles perfekt. Ich bin nur ein wenig sprachlos." Liam lässt seine Teddyaugen leuchten und mir wird sofort warm. Dieses dunkle braun strahlt irgendwie Wärme aus. "Das kann ich verstehen. Man trifft ja auch nicht alle Tage eine weltberühmte Band, oder?" Liam grinst charmant. Ich nicke nur und schlucke. Dann zähle ich bis drei, atme tief ein und plötzlich ist meine Sprachlosigkeit verschollen. "Ich hab Zayn in einem kleinen Cafe getroffen. Er hat mir dort die VIP-Karte gegeben."  "Ja, das hat er uns erzählt." Niall sieht mich an. Seine blauen Augen blitzen nett auf. "Wirklich? Naja, jedenfalls...es klingt vielleicht komisch, aber er hat gesagt 'die anderen werden sich freuen, dich kennenzulernen, wenn sie dich noch nicht kennen', was soll das heißen?" Liam, Louis und Niall schauen sich an. "Das können wir dir nicht sagen. Am besten du unterhältst dich mit Harry darüber." Louis sieht mich ernst an. "Okay." Ich habe keine Ahnung, was das zu bedeuten hat, aber jetzt kommen meine Harold-Gedanken wieder hoch. Was wenn Harold Harry Styles ist, oder andersrum? Nein, nein, das ist völlig ausgeschlossen. Schnell verwerfe ich diese Gedanken und schaue zu der Zimmertüre, die sich gerade öffnet. Zayn und Harry sind wieder da. Harry sieht etwas böse aber gleichzeitig hilflos aus, während Zayn so wie immer geheimnisvoll wirkt. "Wir mussten nur etwas besprechen." Die beiden setzten sich und wir beginnen, den Abend mit Reden und Tee trinken ausklingen zu lassen.


"Zayn hat dir also ein VIP-Ticket gegeben." Ich sitze neben Harry Styles in einem roten Sportwagen. Niall, Louis, Zayn und Liam sind schon in ihr Hotel gegangen, während er mich nach Hause fahren sollte. Jetzt versinke ich hier in dem Autositz und wünsche mir, Zayn würde mich heim bringen. Harry ist schon die ganze Fahrt mies gelaunt. Mit Zayn hätte ich mich zumindest vernünftig unterhalten können. Um nicht weiterhin schweigen zu müssen, antworte ich Harry also. "Ja, hat er." In meiner Stimme ist ein Hauch von Kälte. "Aha." Harry starrt weiterhin stur nach vorne. "Darf ich dich mal was fragen?" Ich sehe ihn an und lasse meine Augen genervt funkeln. "Was?" Für einen kurzen Moment wendet Harry seinen Blick zu mir und sieht während der Autofahrt ausnahmsweise mal nicht impulsiv aus. "Bist du privat eigentlich immer so mies drauf?" Er sieht mich erneut an. "Wie meinst du das?" "Ich kannte dich bisher nur von Videos oder Bildern und und du siehst da eigentlich immer ziemlich entspannt aus. Aber gerade...bist du so richtig angespannt." Ich verschränke die Arme vor meiner Brust und schaue zufällig in Harrys smaragdgrüne Augen. Sie sind genau wie Harolds. Schon wieder so ein Gedanke. Mist. Harry lacht, was ziemlich toll klingt. "Nein, bin ich nicht. Du kennst mich einfach nicht, schöpf keine Vorurteile." Jetzt wird das noch merkwürdiger, er benutzt fast die gleichen Worte wie Harold. "Mach ich gar nicht." Meine Lippen kräuseln sich zu einem Schmollmund. Harry lacht schon wieder. Dann flüstert er zärtlich "Liva?" "Ja?", frage ich. "Egal." Jetzt starrt er wieder stur nach vorne. Mensch, wie kann man nur von einer Minute auf die andere so unterschiedlich gelaunt sein? Ich mache Harry genervt nach und fixiere die Straße. Schließlich biegen wir in die Backstreet Avenue ein. Ich steige aus dem Sportwagen. Harry begleitet mich noch bis vor die Haustüre. "Tschüss." Ich kann nicht anders, als in diese dunkelgrünen Augen zu starren. "Man sieht sich." Harry dreht sich um und will gerade gehen. Aber dann geht alles zu schnell. Unsere Lippen berühren sich. Ich fühle mich wie gelähmt und das Schlamassel endet in einem endlos langen Kuss.

How can I love him? // HSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt