Kapitel 24

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Fynn. Ich muss mit Fynn sprechen. Kopflos irre ich durch die dunklen Straßen von Callington und versuche, mich zu orientieren. Ich weiß genau, wo der Freund meiner Mutter und sein Sohn wohnen, nur das Problem ist, dass die Gegend bei Nacht ganz anders aussieht. Wie viel Uhr ist es überhaupt? Es ist bestimmt schon nach 22 Uhr, so stockfinster wie es ist. Ich grase meine Jackentaschen erfolglos nach meinem Handy ab. Anscheinend habe ich es zu Hause liegen lassen. Ich haste konfus weiter in irgendeine Richtung, in der ich die Backstreet Avenue vermute. Wenn ich erstmal in unserer Straße angelangt bin, wird mir die Orientierung bestimmt besser gelingen. Als ein lautes Glockenspiel ertönt, schrecke ich zusammen. Die alte Kirchenturmuhr zeigt 19 Uhr an, bemerke ich im Vorbeilaufen. Verdammt, ich habe mich ja völlig verschätzt! In dieser beschissenen Jahreszeit ist es immer so schnell dunkel. Gott, ich hasse den Winter! Ein wenig entsetzt über mein erbärmliches Zeitgefühl erblicke ich ein Straßenschild. Backstreet Avenue, na endlich! Fynn hat mir erzählt, er würde in der Downtown Street hausen, das ist hier gleich um die Ecke. Ich erhöhe mein Tempo und komme schließlich vollkommen außer Puste vor einem grünen Haus an. Im Gegensatz zu unserem antiken Haus scheint dieses Heim sehr neu und prachtvoll. Ich nähere mich unsicher der Türe, weil ich ehrlich gesagt keine Ahnung habe, wie ich das Gespräch mit Fynn beginnen soll. Verwirrt suche ich die Klingel, finde aber nur einen Sensor, mit dem Fingerabdrücke gescannt werden können, um die Türe zu öffnen, Jap, dieses Gebäude ist modern. Und teuer. Glaube ich. Nach einer ewigen Suche finde ich endlich den Klingelknopf und presse meinen Finger darauf, sodass er weiß wird. Fynn steht erschrocken vor mir. "Oh...ähm...Liva...was für eine Überraschung." Ohne zu zögern spreche ich gleich eiskalt das Thema, wegen dem ich hier bin, an. "Ja, das dachte ich mir auch, als ich unsere Selfies auf Zay...äh ich meine Lysanders Handy gesehen habe. Du und ich, wir sind jetzt also ein rummachendes Paar. Gut zu wissen." Fynn kratzt sich verlegen am Hinterkopf. "Ja also...nein. Weißt du...ich war einfach so wütend auf Lysander, da musste ich ihn ja irgendwie eifersüchtig machen. Verstehst du?" Er lässt seine braunen Augen funkeln. "Nein, ich verstehe nicht! Und hör auf mit diesem albernen Hundeblick! Ich dachte eigentlich, du wärst ganz nett. Aber anscheinend bist du ein noch größerer Arsch als Zay...äh...Lysander!" Fassunglos starrt Fynn in meine wutentbrannten Augen. "Woher kennst du Lysander überhaupt?", er mustert mich misstrauisch. Mist, jetzt muss eine passende Ausrede her. "Ähm...er...also...er ist...", ich überlege krampfhaft, "er ist der Cousin von...meinem Freund." Ach du Schreck, was labere ich denn da? "Soso. Jetzt bin ich aber echt interessiert: Wer ist denn dein Freund? Zeig ihn mir doch mal." Fynn sieht mich herausfordernd an. "Aber...ich habe dir das doch schon erklärt. Niemand darf wissen, wer mein Freund ist. Es geht einfach nicht." "Ach tatsächlich. Na gut, wenn du mir weiterhin verheimlichen willst, wer dein Traumprinz ist, dann werde ich deine Mom und meinen Dad auseinander bringen. Das möchtest du doch nicht. Oder?" Fynn lacht schelmisch. "Hast du Drogen genommen oder was? Warum bist du jetzt so komisch drauf?" Okay, der hat doch echt einen Knall. Aber er hat auch Recht: Ich möchte wirklich nicht, dass er unsere Eltern auseinander bringt. Meine Mutter ist seit der Scheidung mit Dad nicht mehr so glücklich gewesen wie zurzeit. Ich kann nicht verantworten, dass sie wieder traurig ist. "Nein, ich bin vollkommen nüchtern." Fynn zieht mich aus meinen Gedanken. "Also willst du mir deinen Freund nicht zeigen? Na dann. Du weißt was passieren wird." Er will gerade die Türe schließen, als ich ihn davon abhalte. "Halt! Ich werde dir meinen Freund zeigen. Aus welchem Grund auch immer du ihn so unbedingt sehen willst, du wirst ihn sehen. Ich möchte nicht, dass meine Mutter wieder wegen einem Mann heult..." Wo habe ich mich da reingeritten? Ich werde Fynn nie mit Harry bekannt machen können! So verrückt wie der Sohn des Freundes meiner Mutter anscheinend drauf ist, wird sofort die Presse davon erfahren. Und dann werden Harry und ich uns nie wieder in Ruhe treffen können, geschweige denn in der Öffentlichkeit. Das wollen wir nicht. Das will ich nicht. "Gut, dann wäre das geklärt. Morgen, 15 Uhr hier. Mit deinem Freund. Tschüss." Fynn kracht die Tür vor meiner Nase zu. Was soll ich jetzt tun? Ich habe keine Ahnung. Aber egal was ich machen werde, mein Leben wird schrecklich sein. Wenn ich Fynn Harry vorstelle, werde ich immer und überall von Paparazzis verfolgt werden. Wenn ich morgen ohne Freund erscheine, wird meine Mutter am Boden zerstört sein, weil sie die Trennung mit Zeke nicht verkraften könnte. Und dann wäre ich auch am Boden zerstört. Gedankenverloren und unwissend, was ich unternehmen soll, suche ich heulend die nächste Bar auf.   

How can I love him? // HSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt