Kapitel 70

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Kapitel 70 : 





Wie aus heiterem Himmel, fing mein Körper an zu zittern. Ohne lange darüber nachzudenken, beendete ich den Anruf und warf das Handy auf den Tisch. Meine Hände fühlten sich plötzlich eisig kalt an und mein Blick war starr auf das Handy gerichtet. Als es erneut klingelte, griff ich danach und schaltete es aus. Oh mein Gott! Aufgebracht massierte ich mir die Stirn und versuchte klar zu denken. Das konnte doch nicht sein? Woher zum Teufel hatte er meine neue Handynummer her? Wann würde das alles ein Ende haben? Ich wollte nicht mehr .. ich konnte nicht mehr! 
„Mam?“
Mera rüttelte an meinem Arm und sah mich verwirrt an.
„Cka ki Mam? (Was hast du Mami?)“, fragte sie mich. 
Ich atmete einmal tief ein und aus, und schloss Mera dann in meine Arme. 
„Sen hiq bukuroshja mames, (Nichts, Mamas Schönheit), es ist alles gut.“, flüsterte ich mit bebender Stimme und strich ihr behutsam über den Rücken. 
Ich war völlig von der Rolle und hatte absolut nicht mit diesem Anruf gerechnet. Aber ich hatte gerade keine Zeit mehr um darüber nach zu denken, denn Leo kam soeben nach Hause. Mera löste sich grinsend von meiner Umarmung und rannte in den Flur. Kurz darauf kam Leo auch schon mit ihr im Arm ins Wohnzimmer. 
„Sind meine Mädels fertig?“, fragte Leo lächelnd. 
Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf, das mich so viel Kraft kostete und nickte dann. Wahrscheinlich hätte ich ihm davon erzählen sollen, aber das hatte doch Zeit? Ich wollte uns den Abend nicht verderben, denn sowohl Mera, als auch Leo freuten sich riesig. Armend konnte mir nichts machen. Nein! Das konnte er nicht! Er war in Stuttgart. Hunderte Kilometer weit entfernt von mir. Er wusste nicht, wo ich war. Er würde mich nicht finden. Er würde mir nichts tun können. Weder mir, noch meinen Lieblingen .. ich hob meinen Kopf gen Himmel, schloss kurz meine Augen und betete, doch wie sich raus stellen sollte, wurde mein Gebet nicht erhört... 





Es wäre ein grandioser Abend gewesen, hätte ich vorhin diesen verdammten Anruf von Armend nicht bekommen. Während Leo und Mera herum alberten und sich amüsierten, saß ich da und stocherte lustlos in meinem Essen. Ich schaffte es einfach nicht, den Gedanken an Armend auszublenden und mich auf den Abend zu konzentrieren. Das war schier unmöglich! Ich ließ meinen Blick durch das Restaurant schweifen. Es war edel und teuer. Eigentlich wollte ich gar nicht hier her kommen. Leo hatte aber darauf bestanden, obwohl wir gerade knapp bei Kasse waren. 
„Zemer, was hast du denn?“, fragte Leo mich auf einmal. 
Ich fuhr hoch und sah ihn fragend an. 
„Du siehst so nachdenklich aus .. bist du sauer auf mich?“, sprach er weiter. 
„Quatsch, wieso sollte ich?“
Ich versuchte zu Lächeln, was mir diesmal leider nicht wirklich gelang. Leo nahm meine Hand und suchte meinen Blick. Ich durfte mir jetzt nichts anmerken lassen verdammt! 
„Vielleicht weil ich dir noch kein Geschenk gegeben hab?“, fragte er grinsend. 
„Geschenk, Geschenk, Geschenk!“, rief Mera und klatsche dabei begeistert in die Hände. 
Leo nahm eine kleine Tüte unter dem Tisch hervor und reichte sie mir dann. Ich war wohl die ganze Zeit so in den Gedanken gewesen, dass ich die Tüte nicht einmal bemerkt hatte. 
„Ich brauch gar kein Geschenk, es reicht schon, wenn ihr beiden bei mir seid.“
Meine Stimme bebte und ich war den Tränen nahe. Zitternd nahm ich den Inhalt aus der Tüte und öffnete dann das Geschenk. Nein, jetzt schaffte ich es sowieso nicht, meine Tränen zurückzuhalten! Ein Bild von uns dreien, war in einem wunderschönen Bilderrahmen gelegt worden. Ich war so gerührt, dass mir die Tränen über die Wangen liefen. Wir waren so glücklich, aber ich hatte Angst .. 
„Mos kaj mam! (Nicht weinen Mami!)“, sagte Mera und hob spielerisch ihren Finger. 
Mein kleiner Sonnenschein .. sie steckte alles so locker weg und schien für ihre knapp 4 Jahre so stark zu sein. Ich war froh, dass sie die Schwäche von mir nicht abbekommen hatte .. 






Später, als wir wieder zu Hause waren und Mera bereits im Bett lag, machte Leo sich fertig um wieder los zu gehen. Sein Kumpel hatte ihn um Hilfe gebeten. Ich hatte so ein ungutes Gefühl, als ich ihn bis zur Tür begleitete. 
„Wieso musste du Nachts arbeiten, könnt ihr das nicht ein anderen mal machen?“, fragte ich. 
„Geht nicht zemer, der Wagen muss bis Morgen früh fertig sein.“, gab er zurück. 
„Bitte geh heute nicht .. bitte!“, flehte ich förmlich und klammerte mich an ihn. 
Er schien überrascht von meiner Hartnäckigkeit, aber erwiderte liebevoll meine Umarmung und strich mir zärtlich über den Rücken. Ich vergrub das Gesicht in seine Halsbeuge und sog seinen Duft ein. Seit einen Monat hatte ich ihn an meiner Seite und nun hatte ich Angst .. 
„Zemer, ist alles okay?“, flüsterte er, hob mein Kinn an und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. 
Ich stand kurz davor in Tränen auszubrechen. Der Anruf hatte mir stärker zugesetzt, als ich es mir eingestehen wollte. Ich war vollkommen aufgewühlt! Mein Inneres vibrierte. Aber das war doch gar nicht nötig, Armend war weit weg und konnte mir nichts machen! 
„Alles okay. Danke für den wunderschönen Abend.“, antwortete ich leise. 
Ich wollte ihn jetzt nicht unnötig Sorgen bereiten, sein Freund brauchte seine Hilfe. Morgen früh würde ich einfach wieder meine Nummer wechseln. Die Polizei anrufen würde ich ebenfalls. Es musste doch mittlerweile irgendwas neues geben! 
„Morgen holen wir den Rest nach. Okay?“
Ich hob fragend meine Augenbraue. Rest? Was meinte er damit? 
„Na .. im Schlafzimmer.“, fuhr er grinsend fort. 
Unerwartet schoss mir die Rote ins Gesicht und meine Wangen fingen an zu glühen. Es war ein schönes Gefühl, jeden Abend neben ihn einzuschlafen und jeden Morgen neben ihn aufzuwachen, aber trotz allem schaffte er es, mich immer wieder in Verlegenheit zu bringen. 
„Nicht so schüchtern zemer.“, zwinkerte er mir zu.
Schüchtern? Der konnte was erleben! Ich zog ihn an mich und küsste ihn. Erst zärtlich und dann immer leidenschaftlicher. Meine Hände vergruben sich in seinen Haaren. In diesem Kuss war auch irgendwie Verzweiflung und eine Hauch Angst dabei. Ich wollte gar nicht daran denken, dass Armend unser Glück zerstören könnte .. Als ich von ihm ließ, schnappte Leo erst mal keuchend nach Luft. 
„Okay .. hab ich dich eben schüchtern genannt?“, grinste er verschmitzt. 
„Pass bitte auf dich auf Leo .. okay?“ 
Eine Bitte aber auch gleichzeitig ein Flehen meinerseits. Leo nickte und verließ dann die Wohnung. Mein Herz raste, als ich die Tür hinter ihm schloss. Vor Angst .. Ich verdrängte die schlimmen Gedanken, die sich in meinem Kopf ausbreiteten und ging ins Wohnzimmer. Dann setzte ich mich auf die weiße Couch, zog die Knie ein, umschloss diese dann mit meinen Armen und wippte meinen Körper hin und her.. 






Ding – Dong...
Ich saß seit über zwei Stunden im Wohnzimmer und starrte Löcher in die Luft. Es war kurz nach Mitternacht und das Klingeln der Tür, jagte mir einen Schrecken ein. Hatte ich mir das gerade nur eingebildet? Ding – Dong. Da, wieder. Zwei Töne .. wie in der Werbung. Ich saß lange regungslos auf der Couch und musste überlegen was ich nun tat. Leise tapste ich vor die Tür und sah durch den Spion. Nichts war zu sehen. Es war schwarz.. Ding – Dong. Mein Herz raste. Ich wusste zwar wer es war, aber ich wünschte mir nichts sehnlicher, es wäre einer meiner Nachbarn, die etwas Zucker haben wollten. Aber kein Nachbar klingelt um diese Uhrzeit. Kein Nachbar und auch kein Leo. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Tür. Mein Körper zitterte und mein Verstand wollte nicht arbeiten.
„Mam?“
Mera stand auf einmal im Flur. In ihrer Hand hielt sie ihren Teddy Tiki und mit der anderen rieb sie sich gähnend die Augen. Ich lief auf Zehenspitzen zu ihr und legte ihr einen Finger an den Mund. 
„Shht, mach kein Lärm.“, flüsterte ich leise. 
„Kush esht te dera? (Wer ist an der Tür?)“, wollte sie wissen. 
Zitternd kniete ich mich vor ihr hin und hielt den Atem an. Zwei mal klingelte es noch, dann war es auf einmal still. Ich nahm Mera an der Hand und zog sie in ihr Zimmer. Danach setzte ich sie auf ihr Bett und lief im Zimmer auf und ab. Vielleicht ist er gegangen? Mein Handy. Ich brauchte mein Handy. Gerade als ich das Zimmer verlassen wollte, fing Mera an zu weinen. 
„Shuj shpirti mames (Sei leise Mamas Liebling), alles ist gut.“
Sie war noch ganz verschlafen und verwirrt, aber ich musste jetzt mein Handy holen. 
„Du bleibst hier okay? Mami kommt gleich.“, sagte ich und tapste dann leise aus dem Zimmer. 
Mit schnellen Schritten lief ich durch den Flur. Mein Verstand spielte verrückt, mein Herz schlug so schnell, dass ich es gar nicht mehr wahr nahm. Der Gedanke daran, dass Armend da vor der Tür stand, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Ich musste die Ruhe bewahren, aber sagt mir, wie sollte ich das in dieser Situation schaffen? Das Handy fiel mir zwei mal zu Boden, bevor ich es mit meinen zittrigen Fingern schaffte die Polizei zu rufen. Meine Sinne waren wie betäubt, ich wartete nur darauf, dass endlich jemand ran ging. Und dann endlich ertönte eine Stimme vom anderen Ende der Leitung. 
„Polizeirevier Hamburg ..“
„Ich brauch Hilfe, bitte ich ..“
Bevor ich weitersprechen konnte, legte sich plötzlich eine Hand auf meinem Mund, zog mich nach hinten und riss mir das Handy aus der Hand. Mit voller Wucht wurde es auf den Boden geworfen.
„Du hältst dich wohl für besonders schlau was?“, flüsterte er mir ins Ohr. 
Mir stieg sofort der eklige Geruch von Alkohol in die Nase. 
„Uff!“, stöhnte ich auf, als er mich gegen die Wand schleuderte. 
Ich lag auf allen Vieren auf dem Boden und hob meinen Kopf. Da stand er. Es war kein Traum. Nein, leider Gottes war das gerade kein Traum. Armend stand vor mir und funkelte mich an. Er holte aus und verpasste mir einen Tritt, der mit den Atem nahm. 
„Du Miststück! Du Nutte!“, brüllte er an mir herab. 
Ich wollte von ihm weg kriechen, doch er war schneller und trat mir noch einmal in den Bauch. Er beugte sich über mich, packte mich an den Haaren und zog mich zu meiner vollen Größe hoch. 
„Weisst du noch? An unserer Verlobung? Bis dass der Tod uns scheidet?“ 
Sein Blick war hasserfüllt. Und schon im nächsten Augenblick sah ich etwas aufblitzen. Ein Messer, das auf mich zuraste. Instinktiv machte ich einen Schritt nach hinten, aber da war plötzlich ein Brennen in meiner Schulter. Wärme breitete sich aus, dort wo das Messer eingedrungen war. Es tat nicht weh. Nein, ich hatte keine Schmerzen, da war nur dieses Brennen, als er es heraus zog. 
'Ose ti mu, ose une ty. (Entweder du mich, oder ich dich.)' 
Seine Worte von damals, drehten sich in meinem Kopf. Er wollte mich umbringen. Das war das einzige, was ich gerade mit Sicherheit sagen konnte. Armend wollte mich umbringen! Ich schwankte nach hinten und stützte mich gegen die Wand. Mein Blick ging automatisch zur Wohnzimmertür, wo zu meinem Entsetzten Mera stand. Laut weinend flehte sie Armend an, dass er aufhören möge. 
„Mera lauf raus! Geh nach draußen! Jasht! (Raus!)“, brüllte ich. 
Aber sie tat genau das Gegenteil! Sie rannte zu Armend und rüttele an seinem Arm. 
„Hör auf, hör auf, hör auf! Lass Mami in Ruhe!“, schrie sie ihn an. 
Ohne mit der Wimper zu zucken, stieß er sie nach hinten. Sie fiel auf den Hintern und schluchzte laut auf. Ich fühlte mich gerade, als hätte mir jemand mein Herz raus gerissen! Dieses Schwein hatte mein Kind angefasst! Ich vergaß, dass ich viel kleiner und schwächer als Armend war. Ohne lange zu überlegen rannte ich auf ihn zu und stieß ihn mit aller Macht weg. Er war genauso überrascht wie ich, als er zurücktaumelte und das Messer fallen ließ. In diesem Bruchteil einer Sekunde, rannte ich zu Mera und zog sie in den Flur. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie Armend reingekommen war, aber das war gerade nicht von Relevanz. Ich riss die Wohnungstür auf, schob Mera vor mich, doch plötzlich wurde ich an den Haaren nach hinten gezogen. Und im nächsten Augenblick spürte ich die eiskalte Klinge in meinem Rücken. Ich schrie laut auf und fiel gegen die mittlerweile wieder verschlossene Wohnungstür. Mera war draußen. In Sicherheit. Die Nachbarn hatten uns sicher gehört. Meine kleine war in Sicherheit .. Mein Kopf dröhnte. Ich konnte nicht klar denken. Ich fing an zu zittern und mir war plötzlich so kalt. Armend schleifte mich an den Haaren durch den Flur, wieder ins Wohnzimmer. Ich schrie! Schrie um Hilfe und nebenbei betete ich. Meine Hände waren feucht, feucht vom Blut, von meinem Blut, aber ich wusste nicht genau woher es kam. Mühevoll rappelte ich mich auf und wurde gleich darauf wieder gegen die Wand geschleudert. Jetzt stand er vor mir. Angesicht zu Angesicht und hässlich grinste er mich an. Das war ein Kampf. Ein Kampf, der etwas Endgültiges an sich hatte, das spürte ich tief in meinem Inneren. Er war wirklich verrückt geworden, jenes realisierte ich erst jetzt. Er wollte mich umbringen, aber er würde das nicht schaffen. Nein, ich würde das nicht zu lassen! Seine dunklen Augen funkelte mich an und ich sah nur Hass. Hass, den ich verspürte, als ich ihn unerwartet zwischen die Beine trat. Er stöhnte laut auf, krümmte sich zusammen und schwankte dabei zur Seite. Mit letzter Kraft trat ich ihn noch einmal, traf diesmal sein Gesicht, das vornübergebeugt war und dann fiel er. Mit dem Kopf gegen die Tischkante. Das Geräusch, das dadurch verursacht wurde, dröhnte wie ein Echo in meinen Ohren. Da lag er. Still. Regungslos. Laut keuchend lehnte ich mich gegen die Wand, die schon voller Blut war und ließ mich immer tiefer gleiten. Meine Brust brannte wie Feuer, ich bekam kaum Luft. Vor meinen Augen drehte sich alles. Da war Blut auf dem Teppich. Auf der Couch. Auf der Wand. Auf dem Tisch. Überall, überall war Blut! Mein Schulter schmerzte. Oder war das mein Rücken? Ich wusste es nicht. Armend war so still. Wieso war er so still? Wie in weiter Ferne hörte ich laute Stimmen. Das waren die Nachbarn. Mera .. Mera weinte, das könnte ich hören. Und dann kamen auch die Polizeisirenen dazu. Ich konnte nicht atmen .. mir war so kotzübel. Vom Schmerz .. vom .. ich konnte nicht mehr atmen .. 






Als ich zu mir kam, stieg mir sofort dieser Krankenhausgeruch in die Nase, der mit mittlerweile so vertraut war. Mein Blick war starr auf die weiße Decke gerichtet. Irgendwie schaffte ich es erst nicht meine Augen offen zu halten, deshalb schloss ich sie wieder. Stimmen drangen in meine Ohren, aber ich verstand nichts. Ich war wie vernebelt. Flatternd öffnete ich meine Augen wieder. Aida saß neben meinem Bett und strich mir über den Arm. Egzon und Leo standen im Zimmer und unterhielten sich leise. Mir kam diese Szene, wie ein Deja vu vor. Aber ich war doch in Hamburg? Was machten Aida und Egzon hier? Sollten sie nicht in Stuttgart sein? Und wo war Mera? Wo war mein Kind?!
„Adelina!“, rief Leo auf einmal, der als erster gemerkt hatte, dass ich wach war. 
„Wo ist Mera?“, murmelte ich leise. 
„Es ist alles okay. Es geht ihr gut.“, antwortete Aida. 
Wie auf Stichwort, kam Dardan ins Zimmer. Mit Mera an der Hand, die sich sofort auf mich warf. 
„Mam!“, schluchzte mein Engel. 
Leo stand nun neben mir, strich mir sanft die Haare aus dem Gesicht und küsste mich auf die Stirn.
„Es ist vorbei. Ab jetzt wird alles gut.“, flüsterte er. 
Panik stieg in mir auf, als mir bewusst wurde, was passiert war. Armend war tot. Ich fing an zu weinen. Es war vorbei .. es war endgültig vorbei .. 





Ich hatte einen Menschen getötet. Ich hatte ihn umgebracht. Auch wenn es Notwehr war, wie auch der Richter entschied, ich hatte ein Menschenleben ausgelöscht. Die Schuldgefühle ließen mich nicht los. Ich konnte nicht mehr! Ich begann eine Therapie und Frau Müller half mir Stück für Stück, aus meinem Loch raus zu kommen. Sie gab mir das Gefühl, richtig gehandelt zu haben. Sie versuchte mich seelisch wieder aufzubauen, aber es klappte nicht wirklich. Ich fühlte mich schlecht, konnte Wochenlang nicht richtig schlafen. Medikamente sollte ich schlucken, die mir angeblich helfen würden. Aber ich wollte das nicht, stattdessen wandte ich mich Allah zu. Ich fing an den Quran zu lesen, und von Gebet zu Gebet ging es mir besser. Ich hatte Leo und Mera an meiner Seite und mit Allahs Hilfe, kam ich letztendlich auch aus diesem Tief. 
Er hätte es gut sein lassen können. Natürlich war es ein schlimmer Schock für ihn gewesen, als er erfahren hatte, dass Mera nicht von ihm ist. Aber schlussendlich ging es ihn nicht einmal darum. Das wusste ich ganz genau! Diese Mentalität und der falsche Stolz .. was hätte es ihm gebracht, wenn er mich getötet hätte? Er würde hinter Gittern schmoren. Vielleicht dachte er, das würde seine Ehre wieder herstellen? Wieso hatte er diesen Stolz nicht gezeigt, als ich ihm sagte, dass ich ihn nicht liebe? Dass ich ihn nicht will? Wieso hat er es nicht akzeptiert? Wieso war er so besessen darauf gewesen, mich zu heiraten und mir das Leben zur Hölle zu machen? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antworten fand. Auf die ich jetzt niemals Antworten finden würde. Vielleicht war es auch besser so...

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