Kapitel 8

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Kapitel 8 : 





"Willst du mich verarschen?", meckerte das Mädchen am anderen Ende der Leitung. 
"Nein .. ich ehm .. ich hab mich verwählt. Sorry!", stotterte ich.

Grade als ich auflegen wollte, hörte ich Leos Stimme. 

"Lena gib mein Handy man, wer hat dir erlaubt ran zugehen?"

Er klang keineswegs sauer, vielmehr war amüsiert, was auch sein Lachen bestätigte. Ich war drauf und dran einfach aufzulegen, aber irgendwas hinderte mich daran. Es war wohl seine Engelsstimme, die ich schon vermisst hatte.

"Hallo, wer ist dran?", sprach Leo fröhlich ins Handy. 

Ich zögerte einen Moment lang. Was sollte ich überhaupt sagen? Verdammt Adelina, schalt deinen Verstand ein! 

"Hallo??" 

Diesmal klang er ein wenig genervt. 

"Hi", sagte ich. 
"Adelina?!", flüsterte er. 

Wieso sprach er auf einmal so leise? 

"Ja, ich bin's", antwortete ich schüchtern. 
 "Man endlich! Du weißt nicht wie lange ich auf deinen Anruf gewartet hab!"

Mein Herz machte bei seinen Worten einen Luftsprung.

"Warte ganz kurz", verlangte er und ein paar Sekunden später war der Lärm der im Hintergrund, der bis eben noch zu hören war, verschwunden. 

Er hatte das Zimmer verlassen. Um ungestört reden zu können oder damit diese Lena nichts mitbekam? Schlagartig veränderte sich meine Stimmung. 

"Sorry, wollte nicht stören. Du bist bestimmt beschäftigt", meinte ich. 
"Quatsch, du störst nicht! Ich freue mich, dass du endlich angerufen hast."

Es klang aufrichtig und es kam wirklich so rüber, als ob er sich freute. Trotzdem war ich irgendwie ... ach keine Ahnung! 

"Geh lieber wieder zurück, bevor sich deine Freundin Sorgen macht."
"Meine was?", hörte ich ihn Lachen. 
"Deine Freundin", antwortete ich tonlos. 

Gelächter am anderen Ende der Leitung. Wieso lacht der Idiot mich aus?

"Lena .. ach die kann warten", kicherte er. 

So, das reichte! 

"War ein Fehler dich anzurufen. Ciao!", blaffte ich wütend. 
"Nein warte! Warte bitte!", schrie er. 
"Wie vielen Weibern hast du deine Nummer schon eingesteckt? Obwohl du eine Freundin hast!", zischte ich wütend. 
"Noch keiner", antwortete er gelassen. 
"Oh .. dann war ich also die erste? Ich fühl mich geehrt", meinte ich ironisch. 
 "Nein, warst du nicht."

Ich war kurz davor auszurasten. Mein Puls war bestimmt schon auf 180! Auflegen wollte ich nicht, denn komischerweise gefiel mir dieser kleine Wortgefecht. 

"Ich glaub du magst Spielchen, aber nicht mit mir. Ich bin nämlich kein Spielzeug", sagte ich so ruhig wie möglich. 
"Wieso denkst du, dass ich spielen will?"
 "So etwas mögt ihr Männer ja."
"Vorurteile."
"Eher Tatsache."

Ich konnte deutlich ein leichtes Schnaufen hören und wage zu behaupten, dass er grinste. Dieses kleine Spielchen, schien ihm ebenfalls zu gefallen. 

"Wieso steckt du mich mit allen in eine Schublade. Du kennst mich gar nicht", wollte er wissen. 
"Wieso sollte ich nicht? Wenn du schon als Vergebener, fremden Mädchen deine Handy Nummer gibst", konterte ich. 
"Lena ..", lachte er wieder. 

Am liebsten würde ich ihn in diesen Moment erwürgen! 

"Ich hab gar keine Freundin. Lena ist meine Cousine .. mehr aber auch nicht", fuhr Leo fort. 

Was zum? Mir blieb die Spucke weg, nur mit Mühe konnte ich Schlucken. Seine Cousine? Er verarschte mich doch .. oder etwa nicht? Bevor ich überhaupt etwas dazu sagen konnte, hörte ich wie Leo nach dem Mädchen rief. 

„Lena, komm mal her. Sag mal, dass du meine Cousine bist“, lachte er laut. 
„Ist sie das?“, hörte ich Lena fragen. 

Ich nahm einmal tief Luft und überlegte, ob das nicht eins dieser Spielchen sein könnte.

„Adelina?! Mein Cousin schwärmt richtig von dir, was hast du nur mit ihm angestellt? Der Arme wartet schon lange auf deinen Anruf.“, lachte sie ins Handy. 
„Okay, okay das reicht. Hajde largohu. (Komm hau ab.)“, schaltete Leo sich lachend ein. 

OH MEIN GOTT! Das war Albanisch! Er hat Albanisch gesprochen! Er ist Albaner! Mein Verstand spielte verrückt! Das konnte doch nicht wahr sein! Ein paar Sekunden hörte ich noch Gekicher, dann war es wieder still. Die ganze Zeit über, hatte ich kein Ton von mir gegeben. Schlagartig wurde mir bewusst, in was für einer doofen und peinlichen Situation ich mich befand.

„Hey, noch dran?“

Leos Stimme riss mich aus meinen Gedanken. 

„Ja..“, flüsterte ich. 

„Übrigens, sie heißt Albulena. Wenn du mir immer noch nicht glaubst, kannst ja gern vorbei kommen. Ein paar Freunde und Verwandte sind hier, meine neue Wohnung ist heute fertig geworden und das wollten die halt Feiern. Einweihungsparty und so. Soll ich dich abholen?“ 

Er war Albaner! Er war Albaner! Um Gottes Willen, er war wirklich Albaner! Ich wusste grade nicht ob ich mich freuen oder Angst haben sollte. Wenn mein Papa das mitbekam.. ach scheiß drauf!, dachte ich mir. Leo wollte mich allen ernstes abholen, um mir zu Beweisen, dass er die Wahrheit sagte. Irgendwie fand ich das total süß .. 

„Adelina.. Sag was!.“, sagte Leo. 
„Wieso hast du mir nicht erzählt, dass du Albaner bist?“, wollte ich wissen. 
„Was hätte das geändert?“, fragte er überrascht. 
„Ich weiß nicht .. wahrscheinlich hätte ich dich niemals angerufen, wenn ich gewusst hätte, dass du einer bist“, antwortete ich wahrheitsgemäß. 
„Wieso denn? Albaner mit Albaner, ist doch nichts schlimmes dabei.“ 
 „Das sieht mein Vater leider nicht so.“ 
„Ich kann ihm ja vom Gegenteil überzeugen“, lachte er. 
„Nein, Spaß, bin froh es dir nicht gesagt zu haben. Sonst würden wir dieses Gespräch höchstwahrscheinlich nicht führen und das wäre schade“, fügte er hinzu. 

Ich spürte plötzlich wie ich rot wurde und war total froh, dass er mich in diesem Moment nicht sehen konnte. Mit einem Lächeln im Gesicht unterhielten wir uns noch eine ganze Weile. Wir beide hatten so viele Gemeinsamkeiten. Es stellte sich heraus, dass er aus Gjakov war. Nur knapp eine Stunde von meiner Stadt Peja entfernt. Als ich auf die Uhr sah, stieß ich vor Schock einen kleinen Schrei aus. Es war Viertel nach zwei! 

„Was ist los?“, fragte Leo besorgt. 
„Nichts. Ich muss nur langsam mal schlafen“, lachte ich. 
„Oh .. ich muss auch in 4 Stunden aufstehen.“
„Tut mir leid“, flüsterte ich. 
„Ach was, mit dir könnte ich die ganze Nacht telen ohne müde zu werden“, sagte er ernst. 
 „Das meine ich nicht ..“
 „Was denn dann?“
„Dass ich am Anfang so ausgerastet bin .. selbst wenn du eine Freundin hast, hat es mich nicht zu interessieren. Also sorry“, entschuldigte ich mich.
„Wenn es dich nicht interessiert hätte, dann wäre ich enttäuscht“, sagte er leise. 

Und schon wieder! Mein Herzschlag verdreifachte sich einfach mal so. Ich wusste nicht, was ich darauf antworte sollte, deshalb verabschiedete ich mich.

„Gute Nacht.“
„Dir auch. Ich ruf dich an okay?“, fragte er vorsichtig. 
„Ehm .. okay .. aber meine Nummer ..“
„Du hast mit Nummer angerufen“, unterbrach er mich lachend. 

Ich verfluchte mich kurz für meine eigene Dummheit. Gleich darauf jedoch, musste ich grinsen. 

„Alles klar, bis dann.“

Und weg war er! Ich legte mein Handy auf den Nachttisch und zog die Knie ein. In meinem Bauch, spielten gefühlte tausende Schmetterlinge verrückt. Dieses Gefühl, das in mir herrschte... es war unbeschreiblich. Noch nie zuvor hatte ich mich so gefühlt. Unser Gespräch verlief flüssig, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Überglücklich schlief ich kurz danach ein... 



Nach gut 10 Tagen, in denen wir täglich telefonierte und schrieben, entschied ich mich endlich seine Einladung zum Kaffee anzunehmen. Meine Eltern und Egzon waren im Kosovo, um die letzten Sachen für die Braut zu kaufen. Ich war also allein mit Dardan und wollte mir diese Chance nicht entgehen lassen. Schnell zog ich mir eine schwarze Röhrenjeans an und griff zum creme Farbenden Top, den ich bereit gelegt hatte. Meine Haare ließ ich offen, da ich frisch geduscht hatte fielen sie mir schön wellig über die Schultern. Ich schminkte mich leicht und ging dann rüber zu Dardans Zimmer. Die Tür war nur angelehnt, also ging ich ohne zu klopfen rein. Beim Eintreten verzog ich angewidert das Gesicht. Es stank gewaltig nach Zigaretten! 

„Junge bist du bekloppt?“, fragte ich angeekelt. 
„Wenn Papa sieht, dass du rauchst, dann bist du tot!“, schrie ich ihn an. 
„Verpiss dich Mädchen, das interessiert dich nicht“, brüllte er zurück. 

Da ich jetzt keine Lust auf Diskussionen hatte, verließ ich kopfschüttelnd das Zimmer. Im Flur griff ich nach den Hausschlüssel und wollte gerade in meine neuen High Heels steigen, als Dardan plötzlich auftauchte und mich am Arm packte … 

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