104. Teil

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Unser Schicksal sollte nicht so enden.
Es sollte nicht mit Trauer enden.
Es sollte nicht mit Tränen und Schmerz enden.
Ich könnte das nicht ertragen.
Burak war schon Teil meines Lebens, meiner Seele. Ich konnte nicht ein Teil von mir verlieren...
Noch einen Verlust könnte ich nicht verkraften. Meine Eltern hatte ich schon früh verloren. Die Liebe und Zuneigung hatte ich bei Burak gefunden.
Er hatte mir gezeigt, dass es noch aufrichtige Liebe gab. Er hat mich daran glauben lassen, dass Menschen sich noch bedingungslos lieben können.
Er hat mein verschlossenes Herz geöffnet, hat es mit Liebe gefüllt...

„Eine Kader ohne Burak gibt es nicht!", sicherte ich.
„Hör auf, dir solche Gedanken zu machen.", bat Burak und umschloss mich in seine Arme.
Fest umhüllte mich seine Wärme. Seine Geborgenheit.
„Dieser Traum hat nichts zu bedeuten. Du hattest bestimmt nur unser Gespräch im Kopf. Es kommt vor, dass man nichts darüber träumt, worüber man tagsüber gedacht oder gesprochen hat.", versuchte Burak zu erklären.
Ich wollte an seine Worte glauben. Aber die Angst saß gleichfalls in mir. Warum ich gerade so verzweifelt war, wusste ich selber nicht.
Ich glaube, ich hatte zu sehr an Buraks Gespräch mit Eren gedacht.
Die Zukunft ist ungewiss. Man kann nicht wissen was heute oder morgen passieren wird. Vielleicht wird die Zukunft ganz anders aussehen, als du es dir vorgestellt hattest. Vielleicht wird sie besser. Vielleicht aber auch schlimmer. Genau das bereitete einen Angst.
Man wusste nicht, ob die Bemühungen, die man aufgestellt hatte verschwinden würden.

„Ich glaube du wolltest noch weiterschlafen.", kam ich etwas später zu Wort und blickte zu Burak hoch.
„Schlaf? Wenn man das Schlaf nennen kann.", gab er ironisch von sich.
Burak wirkte in letzter Zeit müde und erschöpft. Und ich wusste auch, woran es lag. An Eren.
Seine Nächte waren längst nicht mehr ruhig. Ich wusste, dass nachts alles rauskam, was er tagsüber verdrängt hatte. Er versuchte stark in meinen Augen auszusehen. Aber ich verstand ihn auch ohne zu reden.
„Ich weiß, dass du eine harte Zeit durchmachst. Du musst es nicht überspielen. Ich lese deine Stimmlage von deinen Augen ab.", sagte ich.
„Ich bin einfach müde."
„Du bist auch nur ein Mensch Burak. Vergiss nicht, dass du auch mal scheitern kannst.", erinnerte ich ihn.
„Ich habe keine Wahl zu versagen. Es geht hier nicht um meine Arbeit, oder so. Es geht um uns Kader! Wie soll ich hier versagen?"
Ich sah die Trauer und Hilflosigkeit in seinen Augen.
„Du versuchst immer jeden glücklich zu machen. Du kannst es aber nie jeden gerecht machen. Irgendwann musst du dich entscheiden, wen du glücklich machen willst! Vergiss dich dabei selber nicht! Du musst glücklich werden. Es ist dein Leben. Mache deine Entscheidungen von deinem Gewissen abhängig... Keiner will seine Familie enttäuschen, aber irgendwann wird jeder sein Weg gehen. Du kannst nicht ständig von anderen Verstand erwarten.", versuchte ich zu erklären.
Burak ließ die Worte auf sich wirken und nickte daraufhin. Tief zog er die Luft ein und blickte hoch.

„Du hast Recht... Ich war immer ein Vorbild in meiner Familie. Sie waren immer mit mir zufrieden. Ich hatte sie kaum enttäuscht. Ich war immer erfolgreich. Ich komme nicht damit klar, dass ich bei meinen Entscheidungen nicht mehr unterstützt werde. Es fühlt sich so an, als ob ich nicht mehr stark wäre.", kam Burak zu Wort.
„Du hast dein Erfolg immer von deiner Familie abhängig gemacht. Immer wenn du gelobt wurdest, hast du dich stärker gefühlt... Aber du kannst auch erfolgreich sein, ohne gelobt zu werden. Schau mich an. Ich habe alles selber gemacht. Als ich meine Klausuren bestanden hatte, hatte mich keiner gelobt. Ich hatte es auch nicht erwartet, weil ich selber mit meinen Potenzial zufrieden... Dein Erfolg ist nicht von anderen abhängig. Du musst innerlich einsehen, dass du erfolgreich bist. Irgendwann werden die anderen aufhören dich zu loben und du wirst dann anfangen an dir zu zweifeln. Du wirst denken, dass du nicht mehr gut genug bist. Du bist stark Burak! Sieh uns doch an! Wir sind durch dich zu einem ‚Wir' geworden. Wärst du nicht stark, hättest du dich nie den Weg gewagt! Du bist mutig. Und das liebe ich an dir. Für deine Liebe bist du bereit alles zu tun. Das ist nicht selbstverständlich! Vielleicht verdiene ich dich nicht mal. Aber Gott hat mir dich geschenkt. Du hast mir wundervolle Dinge beigebracht!", fuhr ich fort.
Wortlos blickte er mich an. Was war passiert?
„Du bist das Beste, das mir je passieren konnte!", gab er gerührt von sich.
Tränen hatten sich in seinen Augen gesammelt.

Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt