43. Teil

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Er öffnete die Beifahrertüre und versuchte mich reinzusetzen. Doch ich protestierte und wollte mich befreien.
"İstemiyorum seni! (Ich will dich nicht!)", versuchte ich klar zu machen und sein Griff loszuwerden.
"Ama ben seni. (Aber ich dich.)", sagte er dann ...

Auf einmal erstarrte ich.
Was hatte er gesagt? Ich will dich?
Hatte ich richtig gehört?
"W-was?", fragte ich verwirrt und wollte wieder vom Beifahrersitz aufstehen, doch Burak hielt mich an der Schulter zurück.
"Ich muss mit dir reden Kader. Erschwere mir es bitte nicht.", bat er und machte die Türe zu.
Fassungslos schaute ich zu, wie er um's Auto lief und sich reinsetzte.
"Burak, lass mich raus! Wir haben-"
"Es tut mir leid! Okay?", unterbrach er mich.
Was? Ich erstarrte das zweite mal. Er entschuldigt sich? Ich war überrascht ... Gestern wollte er mich noch umbringen!
Kurz schloss er erschöpft die Augen. Er sah ziemlich fertig aus.
"Vertraue mir ein mal! Bitte nur ein mal! Und stelle keine anderen Fragen bitte!", bat er und fuhr los.

Meine Kehle war wie zugeschnürt. Warum folgte ich seinen Anweisungen? Ich hätte mich abwehren können und jetzt mit Ipek unterwegs sein.
Warum sprach ich nicht die Wörter aus, die mir in der Kehle brannten? Hatte ich etwa Mitleid mit ihm, was er all nach den Dingen mir angetan hat?

Während der Fahrt blieben wir still. Keiner redete. Wir beide wollten reden und die Wörter loswerden, doch unterdrückten sie lieber.
Ich schaute die ganze Zeit aus dem Fenster raus und Burak fuhr konzentriert das  Auto.
Manchmal denke ich, dass Burak eigentlich kein schlechter Mensch ist. Doch dann fällt mir ein, was er mir alles angetan hat und immer noch tut. Ich schaue mich an und denke, was ich hier mache. Ich gehöre nicht hier her! Und ich will auch nicht hier her gehören! Denn desto länger ich hier bleibe, desto schlimmer wird mein Leben!

Das Auto blieb irgendwann stehen. Wir waren angekommen. Ich schaute mich um. Warum sind wir hier her gekommen?
"Burak, wieso sind wir hier her gekommen?", fragte ich verwirrt und wandte mich zu ihm.
Er löste sein Gurt und ignorierte meine Frage.
Was soll das? Hat er jetzt auch mit ignorieren angefangen?! Er knallte die Türe zu und lief um das Auto. Dann öffnete er meine Türe.
"Steig aus, ich werde dich schon nicht umbringen.", meinte er.
Genervt atmete ich aus und folgte seiner Anweisung.

Das erste, dass mir beim Aussteigen auffiel, war die Kühle.
"Die Waldluft wird uns gut tun.", meinte er und wandte sich zu mir.
"Was soll das Burak? Werden wir ein Spaziergang machen, oder was?", fragte ich aufgewühlt und eilte mich zu ihm.
"Genau, wir werden einen kleinen Spaziergang machen.", bejahte er meine Frage und lief immer noch weiter.
Ich hatte keinen Schimmer, was er gerade im Kopf hatte ...

"Es ist entspannend hier, findest du nicht?", fragte Burak und unterbrach die Stille zwischen uns.
"Ja", sagte ich und schaute mich um. Sonnenlicht schien hinter den großen Bäumen, Vögel zwitscherten, es war ruhig. Ein perfekter Ort zum entspannen eigentlich ...
Doch es war auch kühl hier. Ich kreuzte die Arme übereinander und versuchte mich zu erwärmen.
"Ist es dir etwa kalt?", fragte Burak.
Mir war es gar nicht aufgefallen, dass er mich beobachtet hatte.
"Ja, es ist kühl hier."
"Warte, ich hole kurz etwas vom Auto.", sagte er und kehrte abrupt um.

Wir waren schon etwas weiter gegangen. Das Auto war nicht mehr in Sicht. Ich zitterte unter meiner Jeansjacke und versuchte mich weiterhin warm zu halten.
Zwei Jogger kamen mir entgegen, die mir nett grüßten. Ich lächelte ihnen grüßend zurück und schaute nach Burak. Er soll sich beeilen!
Müde ließ ich mich auf einem zersägten Baumstamm nieder und wippte ungeduldig mit dem rechten Bein.
Was hat Herr Burak jetzt im Kopf?

Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt