Kapitel 23

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Ein Jahr später

,,Mila, kommst du? Julian ist da." Hastig packe ich meinen kleinen Stoffpinguin in den Rucksack und renne dann die Treppe runter. ,,Na Millie. Bereit für das nächste Chorwochenende?", fragt mein mittlerweile bester Freund. Die letzten zwei Jahre waren schlimm. Dauernd haben wir uns gestritten, dann wieder vertragen und wieder gestritten. Aber jetzt haben wir es geraume Zeit ohne Streitereien ausgehalten. Julians Mutter sitzt bereits im Auto und mein Koffer ist auch schon im Kofferraum verschwunden. ,,Benimm dich und streite dich nicht mit Julian", ruft Mama mir wie immer zum Abschied zu. Ich antworte da gar nicht mehr drauf, denn Julian und ich sind längst kichernd ins Auto gestiegen und versuchen den jeweils anderen vom Anschnallen abzuhalten. ,,So jetzt schnallt euch endlich an", sagt Marita von vorne und lässt den Motor an. Schließlich schaffen wir es und wir fahren los. Wild winke ich Mama noch durch das Fenster zu, bis sie aus meinem Sichtfeld verschwindet. Entspannt lehne ich mich in den Sitz zurück. ,,Du musst diese Jahr nett zu mir sein", bestimme ich und piekse Julian leicht in die Seite. Denn er fährt dieses Jahr als Betreuer mit, da er zu alt für den Chor geworden ist.  ,,Das musst du auch, Millie." ,,Gar nicht, Betreuer darf man ärgern", lache ich und rutsche aufgeregt auf der Sitzerhöhung hin und her. ,,Was willst du diesmal spielen? Wieder ein Winzlingsdrache?", versucht Julian mich aufzuziehen.  ,,Das klappt nicht mehr. Dieses Jahr bin ich doch die Schwester vom Marla", erinnere ich ihn. ,,Stimmt. Die kleine nervige Schwester", lacht er. ,,Doris hat für dich dieses Jahr auch eine Rolle." ,,Ach wirklich?", fragt er auf einmal interessiert. Ich nicke heftig. ,,Du bist der hässliche fette Troll", kicher ich. Es gibt dieses Jahr nämlich gar keine Fanatsiefiguren. ,,Ha ha. Sehr witzig." ,,Ich weiß", antworte ich und sehe aus dem Fenster. Gleich sind wir endlich da.

,,Komm wir gehen zum Süßigkeitenautomat", sagt Finnja begeistert, kaum, dass wir ausgepackt haben. ,,Ich komme mit", schreit Paula und springt von ihrem Hochbett herunter. Kichernd stürmen wir über den Flur, die Treppe runter und zum Automaten. Mit großen Augen stehen wir davor und können uns nicht entscheiden. ,,Ich will Gummibärchen", entscheide ich und werfe das Geld ein. Nachdem ich die Nummer eingetippt habe, sehen wir gespannt zu, wie die Tüte nach vorne geschoben wird und schließlich runterfällt. Auch Finnja und Paula bedienen sich. Vollbepackt mit Süßkram rennen wir wieder zurück aufs Zimmer und quatschen, bis wir zur ersten Probe müssen.

,,Darf ich bleiben? Bitteeeee", bettel ich Marla an, die meine große Schwester spielt. ,,Nein. Hör auf zu nerven und geh." ,,Aber ich kann nicht schlafen", jammer ich. Diese Rolle ist perfekt für mich. ,,Meinetwegen. Aber wehe du machst etwas kaputt." ,,Juhu", rufe ich und setze mich auf den vorgesehenen Stuhl. Doris beginnt zu spielen und wir stimmen das Lied an, was jetzt kommt.

,,Julian, Julian." Aufgeregt klopfe ich an seine Tür. Schließlich macht er sie auf und lässt mich rein. Schnell vergewisser ich mich, dass niemand anderes da ist. Dann ziehe ich grinsend die Schokomünze aus meiner Tasche und zeige sie ihm. ,,Du bist tot. Ich habe dich umgebracht", grinse ich triumphierend und lasse das goldene Stück wieder in meiner Hosentasche verschwinden. ,,Nein, Manno. Das war gemein." Ich zucke mit den Schultern und renne wieder aus dem Zimmer. Wie auch letztes Jahr spielen wir wieder das Mörderspiel. Mit Zetteln wird ausgelöst, wer der Mörder ist. Dieser muss sich dann unbemerkt die Mordwaffe, in diesem Jahr die Schokomünze, vom Klavier nehmen. Dann muss er nacheinander Leute umbringen, die alleine unterwegs sind, damit er nicht entdeckt wird. Diese müssen sich dann auf eine Liste eintragen, damit man weiß wer ausgeschieden ist. Und dieses Jahr hatte ich endlich das Glück Mörder zu sein. Ich gehe zurück ins Zimmer und finde Paula alleine vor. Auch ihr zeige ich ganz schnell die Münze. ,,Du, Mila? Och warum?", fragt sie etwas beleidigt. Kichernd mache ich es mir auf meinem Bett gemütlich. ,,Sorry, aber so ist das Spiel." ,,Jaja, schon gut."

,,Was ist das denn?", lacht Johannes und hält meinen kleinen Plüschpinguin hoch. ,,He, das ist meiner", rufe ich und versuche ihn verzweifelt wieder zu bekommen. Ich mag es eh nicht wenn die Jungs bei uns auf dem Zimmer sind. ,,Gib ihn Mila wieder", mischt sich jetzt auch Finnja ein. ,,Nö", ruft Johannes und die Jungs rennen gemeinsam aus dem Zimmer. ,,Das ist gemein. Den habe ich von Oma geschenkt bekommen", murmel ich leise und spüre, wie die Tränen über mein Gesicht laufen.  ,,Den bekommen wir schon wieder. Sollen wir Doris Bescheid sagen?", fragt Paula, die mittlerweile auch auf meinem Bett sitzt. Ich schüttel den Kopf. ,,Nein. Ich gehe zu Julian." Entschlossen stehe ich auf und gehe über den Flur, zum Zimmer von meinem besten Freund. ,,Julian?", frage ich leise und schniefe einmal, während ich zaghaft anklopfe. ,,Was ist denn mit dir los?", fragt er besorgt, kaum das er die Tür geöffnet hat. ,,Johannes hat Diddi geklaut." Julian weiß sofort um was es geht. ,,Komm mit Millie. Damit kommt er nicht durch." Fest umgreift er meine Hand und gibt mir dadurch die Sicherheit, die ich gerade benötige. Gemeinsam gehen wir zum Zimmer der Jungs, welcher am anderem Ende des Flurs liegt. Laut klopft Julian an die Tür und öffnet sie dann direkt. Die Jungs werden etwas leiser. ,,Johannes, du hast etwas, dass Mila gehört." ,,Keine Ahnung wovon du redest", grinst der Schwarzhaarige. ,,Doch. Mein Pinguin", rufe ich laut. ,,Ach ein Pinguin soll das sein? Ich dachte, dass wäre eine missgebildete Katze", ruft er laut und bringt die anderen Jungs zum lachen. ,,Da hast du mein Mistvieh wieder." Er wirft den Pinguin auf mich und fast hätte er mich getroffen, wenn Julian ihn nicht aufgefangen hätte. ,,Geht doch. Und jetzt ist hier Ruhe, es ist gleich elf und wir haben morgen alle einen langen Probentag vor uns." Damit verlässt er das Zimmer und ich gezwungener Maßen mit. ,,Danke", sage ich leise und umarme ihn. ,,Na komm, Millie. Dann bringen wir dich mal zurück ins Bett." Vorsichtig hebt Julian mich hoch und trägt mich zurück ins Zimmer. ,,Ich hab dich lieb Juli", murmel ich schläfrig. Kaum hat er mich ins Bett gelegt, schlafe ich schon ein. Selbst das gequatsche der Anderen stört mich diesmal nicht.

Ein Traum wird wahrWhere stories live. Discover now