Der König des Norden

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Die Tage verstrichen, und somit hatte ich immer mehr Zeit, mir Sorgen um meinen Vater zu machen. Hatte Jaime sein Versprechen gehalten und ihn gerettet? Oder konnte auch er nicht seinen Bruder vor Joffreys Grausamkeit schützen. Ich fühlte mich furchtbar. Ich war eine schlechte Tochter, ein egoistisches Miststück ohne Gewissen. Nagut, vielleicht auch mit Gewissen, sonst würde ich mich ja nicht so mies fühlen. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass ich meinen Vater im Stich gelassen hatte, um meine eigene Haut zu retten.

Robb hatte noch nicht beschlossen, was sie mit mir machen würden, also wohnte ich für die nächsten zwei Monate im Lager. Ich half Verwundeten so gut ich konnte und wenn ich genug Zeit für mich hatte, übte ich mich im Schwertkampf. Als ein Soldat, kurz vor dem sterben, mir sein Schwert vermachte, beschloss ich, dieses nicht unbenutzt zu lassen. Also übte ich jeden Tag allein, ein bis zwei Stunden. Ausfallschritt, Vorhand, Rückhand, ducken und so weiter. Am Anfang hatte ich Probleme mit dem Gewicht der Waffe, obwohl es im Verhältnis ein äußerst wendiges und leichtes Schwert war. Doch mit der Zeit wuchs meine Muskulatur an Schultern, Rücken und Armen.

Alleine stand ich auf der Lichtung, bereit für eine weitere Trainingseinheit. Schnell umwickelte ich meine Handgelenke mit Stoffbandagen, ansonsten würde ich mich nur wieder verletzen.

Gerade durchbohrte ich meinen imaginären Gengner, als plötzlich eine Stimme vom Waldrand her schallte: "Du musst deine Hand höher halten. Bei einem normal großen Gegner, hättest du im besten Fall eine Rippe gebrochen. Aber wenn du das Herz durchboren willst..." Der König selbst trat neben mich auf die Lichtung. Dann stellte er sich hinter mich, nahm meine rechte Hand und führte sie ein wenig nach oben. Sein Griff war fest und bestimmt, aber nicht schmerzhaft. Seine Handflächen waren angenehm warm, umso enttäuschter war ich, als er mich wieder los ließ. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Bedürfnis, ihm zu zeigen, dass ich sehr wohl eine gute Kämpferin war. Also fragte ich, nicht wissend, woher ich plötzlich den Mut nahm: "Vielleicht wollt Ihr gegen mich kämpfen. Nur zu Trainingszwecken natürlich." Robb zog scharf die Luft ein. Beschämt über mein loses Mundwerk fügte ich hinzu: "Verzeiht mir Eure Gnaden, das war unangebracht." Prüfend sah er mich an: "Ja Sarah, ich würde gern mit dir trainieren." Schüchtern lächelte ich ihn an: "Eigentlich heiße ich gar nicht Sarah, sondern Katherine."

Robb hatte einen wütenden und zugleich amüsierten Gesichtsausdruck, was mich zum Lachen brachte. Als ich beobachtete wie er versuchte ernst zu bleiben, prustete ich haltlos vor mich hin. Ja, ich hatte keinerlei Anstand. Nein, in der Gesellschaft in der ich aufwuchs, legte man nicht Wert auf Manieren. Leichte Unsicherheit schlich sich nun in Robbs Blick. Vermutlich kannte er nicht viele Mädchen, die ihn einfach so auslachten. Doch ich konnte mich nicht halten, bis ich mir schließlich vor Schmerz den Bauch hielt. Dann atmete ich einmal tief ein und aus. Als ich mich beruhigt hatte entschuldigte ich mich für mein Verhalten, doch der König schüttelte nur lachend den Kopf: "Du musst dich nicht bei mir entschuldigen, es tut gut jemand ehrlichen und aufrichtigen zu kennen." Bei diesen Worten wurde mir ganz warm ums Herz und ich hatte seit meiner Ankunft in Westeros das erste Mal das Gefühl, zu Hause zu sein.

Eine weitere Woche verging und Robb und ich trainierten jeden Tag, solange es sein Zeitplan zuließ. Doch heute hatten wir vor, uns eine Pause zu gönnen und planten einen Ausritt zu zweit. Nachdem ich Feuersturm aufgezäumt und aufgesattelt hatte, gingen wir gemütlich in Richtung Wald. Robb ritt einen wunderschönen Friesen Wallach und es dauerte nicht lange, da verfiel er in einen zügigen Galopp. :"Ich warte dann beim See auf dich, bis später," rief Robb siegessicher zu mir zurück. Gut dreißig Meter trennten uns, doch ich spürte regelrecht, wie Feuersturm darauf brannte sie zu überholen. Geduldig hielt ich sie noch ein wenig im Trab. Die Kraft und Ungeduld, welche von der Stute ausgingen waren berauschend. Als ich mir sicher war, dass Robb genügend Vorsprung hatte, gab ich die Galopphilfe und mit wehender Mähne präschte die Fuchsstute vor. Die harten Muskeln arbeiteten unter dem glänzenden Fell , während wir den Abstand immer verkleinerten. Ich musste mich wieder einmal beglückwünschen, für den passenden Namen, den ich für mein Pferd ausgesucht hatte. Sie war lebendes Feuer.

Robb hatte nun unsere Aufholjagt berkt und trieb den Wallach weiter. Doch Feuersturm war unhaltbar schnell und ehe ich mich versah, rauschten wir an den Beiden vorbei. Vor Glück jubelnd breitete ich meine Arme aus und hatte das Gefühl, fliegen zu können.

Im Schritt trotteten die Pferde neben einander. Robb hatte seine Niederlage belustigt weggesteckt, auch wenn er so tat als wäre er beleidigt. Schließlich fragte er: "Wie ist es eigentlich so, als Bürgerliche aufgewachsen zu sein und plötzlich in einem gigantischen Schloss als Adelige zu wohnen?"
Ich musste erst über die Frage nachdenken: "Ich habe mich erstaunlich schnell an das Leben als Lannister gewöhnt. Irgendwie ist es glaub ich ein Teil von mir, als hätte ich tief in mir drinnen schon immer gewusst, dass ich von hoher Geburt bin. Klingt das Bescheuert?"
:" Nein, ich versteh das. Mir ging es irgendwie gleich. Obwohl ich nie bewusst König sein wollte, hab ich das Gefühl, dass ich dafür geboren wurde. Mein Vater wäre bestimmt ein besserer König, aber ich tu, was ich kann. "

:" Eddard Stark wäre ein großartiger König geworden, aber ich denke nicht, dass er es besser gemacht hätte als du. "

Dankend sah mir Robb in die Augen. Wir hatten mittlerweile so viel gemeinsam erlebt, dass ich ihn nicht mehr wie es sich für einen König gehörte mit "Eure Gnaden" ansprach. Doch ihm schien das nur Recht zu sein.

Plötzlich hörte ich ein Knacken im Unterholz. Alarmiert sprang ich vom Pferd und zog mein Schwert aus der Scheide. Robb tat es mir gleich und hatte eine kampfbereite Haltung angenommen. Das Geräusch von Schritten wurde immer lauter, daraus schloss ich, dass sich Leute auf uns zu bewegten. Waren es Gesetzlose? Vergewaltiger? Diebe? Mörder? Oder doch einfach nur Stark Männer auf der Patrullie, und ich schob mal wieder grundlos Panik? Dann kamen jede Megne Männer in roten Gewändern auf den Reitweg.

Wir waren umzingelt. Gut ein Dutzend bewaffneter Männer umstellte uns. Sie alle trugen das Wappen der Lannister. Verdammt. Sollen mir die Götter gnädig sein, sie wollten mich bestimmt zu Joffrey zurück bringen. Oder doch Robb erledigen? Oder beides? Ich war mir nicht sicher. Plötzlich hörte man schweres Hufgeklapper und ein gewaltiger Friese hielt vor uns. Auf ihm saß der größte Mann, den ich je gesehen hatte. Das konnte nur der Berg sein. Sansa hatte mir von ihm erzählt, und bloß von den Geschichten bekam ich eine Gänsehaut. Einer der Lannister Männer sprach: "Katherine Lannister, ich erhielt den Befehl sie zum Bergfried zurückzubringen. Robb Stark, aufgrund von Wiedersetzung des Befehls des Königs, sowie Verrat an den König und den sieben Königslanden, verurteile ich Euch hiermit zum Tode."

Katherine Lannister~Hear Me Roar~GOT(Staffel 1) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt