Frisch geduscht und bekleidet, tupfte sich Marinette etwas Make-up auf ihre Schnittwunde. So gut es ging, deckte sie diese ab und legte sich einen sommerlichen Chiffonschal locker um. Zwar wollte sie heute niemand sehen, aber man wusste ja nie. Sie legte Tikki einen Teller mit frischen Kekse auf ihren Schreibtisch, kletterte die kleine Leiter empor und kuschelte sich in ihr Bett. Sie wollte es heute definitiv nicht mehr verlassen. Niemanden sehen oder hören. Sie wollte einzig und allein ihren Gedanken nachgehen und dafür bräuchte sie Ruhe. Das vibrieren ihres Handys ignorierte sie dabei.
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Nachdem Adrien zwei Stunden, unter den strengen Augen ihrer Angestellten Nathalie, an seinem Klavier üben musste, wurde er am Abend in seine Freizeit entlassen. Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen und starrte zur weißen Zimmerdecke. Er wurde nach einem viel zu kurzen Schlaf, am Vormittag geweckt. Ein unerträgliches Fotoshooting musste er, bis in den Nachmittag über sich ergehen lassen. Ihm wurde kaum Zeit zum Essen gelassen. Die Nachwehen der starken Stromschläge durchzuckte immer wieder seine Nerven. „Denkst du an sie?“, fragte Plagg seinen Schützling neugierig. Er merkte Adrien den ganzen Tag schon an, dass es ihm noch lange nicht gut ging. Verträumt seufzte Adrien. „Ja, es macht mich wahnsinnig. Plagg, ich bin mir sicher, dass sich Marinette hinter Ladybug verbirgt. Warum hätte sie gestern sonst so stark auf Phillip reagieren sollen?“ 
Er dachte an den Kampf zurück. Was hätte er nur ohne sie getan? Was wäre passiert, wenn sie auf ihn gehört und verschwunden wäre? Dark Iven hätte ihn eiskalt getötet, nachdem er seine Folter beendet hätte. Bei dem Gedanken lief Adrien ein eiskalter Schauer über den Rücken. Sein Gegner hätte vor nichts zurückgeschreckt, hat Ladybug für seine Zwecke benutzt um ihn in die Verzweiflung zu treiben. Ihm stockte der Atem, als ihr Schmerzerfülltere Schrei ihn wieder einholte. Hastig drehte er sich zur Seite und sah aus dem Fenster. Wie ging es ihr nur? „Du weißt“, holte Plagg ihn aus seinem Gedanken und hielt entschuldigend seine Pfoten hoch. „Eure dämlichen Schwüre“, beklagte sich Adrien verständnislos. „Könnte ich denn jetzt etwas zu essen bekommen?“, bat ihn sein Katzenfreund und Adrien deutete auf einen Schrank. „Untere Schublade. Hol ihn dir“ Er wollte seinen schwachen Körper nicht anstrengen. Jede Bewegung kostete ihn seine letzten Reserven. Wieder glitten seine Gedanken zu Marinette. Wäre er am Abend doch nur früher dazwischen gegangen. Er hatte sie mit ihrer Begleitung den ganzen Abend beobachtet. Gesehen, wie ihr das Laufen immer schwerer fiel und sie ins Gras sank. Zuerst vermutete er, es war auch ihr Wunsch Philip nach zu sein. Er hörte ihr leises stöhnen unter seinen Küssen, merkte wie sie ihre Sinne verlor. Als Phillip sie auszog und sie schreckhaft von ihm wich, wusste er, dass er sich irrte. Er hatte trotzdem gewartet. Insgeheim hatte er sich gewünscht sie würde Phillip überwältigen und… sich verwandeln. Er wollte sehen, dass sie ihre Tarnung aufgab. Aber sie hat es nicht und erst da merkte Adrien erst, dass er viel zu spät reagiert hatte. Viel zu spät, aber dennoch nicht ganz zu spät. Er hatte sie im entscheidenden Moment daraus geholt und doch schämte er sich. Nicht früher gehandelt zu haben. Hinterher selbst seine Fassung verloren zu haben, nachdem er sie erst aus diesem traumatischen Erlebniss geholt hatte. Er hätte sich Ohrfeigen können für sein Handeln. Ihr dann noch seine Liebe zu gestehen, musste sie vollends verstört haben, da sie sich in dieser Konstellation kaum kannten. Aber sie wusste jetzt Immerhin, wie nah sie sich ohne seiner Maske in Wirklichkeit standen. In seinen Gedanken, glitt er in den Schlaf. Plagg legte sich zu ihm, nachdem er sein Mahl beendet hatte. Ihm ging es nicht viel besser als Adrien, schließlich empfand er seinen Schmerz genauso wie er.

Die Sonne schimmerte in ihrem Orange am tiefen Horizont und läuteten die bevorstehende Nacht ein, als Adrien von einem ohrenbetäubenden Schrei erwachte. Schweißgebadet schnellte er auf und hielt sich verkrampft den Kopf. Ihre Schreie in seinem Kopf rissen ihn aus den Schlaf. 
„Was hast du?“, gähnte sein Kwami müde und rieb sich die Augen. Kurz sah Adrien sich um, um sich zu orientieren wo er sich befand und versuchte seinen hastigen Atem zu beruhigen. „Plagg, ich muss zu ihr“ Schwungvoll zog er die Decke von sich und sprang auf. „Hey!“, beschwerde sich der schwarze Kater und krabbelte unter der Decke hervor. Adrien beachtete ihn nicht und öffnete sein Fenster. Plagg wusste, was ihn bevor stand. „Plagg, verwandle mich“

Eilig stolperte Chat über die letzten Dächer und landete leise auf der Dachterrasse seiner Mitschülerin. Das letzte Sonnenlicht versank langsam am Horizont und er sah das leicht schimmernde Licht, welches von Marinettes Zimmer ausging. Leise tapste er sich vor und spähte durch das Fenster. Marinette lag in ihrem Bett, eingehüllt in ihrer Bettdecke und vergrub das Gesicht zur Hälfte in dieser. Er spürte seine zittrigen Hände, die klopfen wollten, doch er hielt kurz inne. Was sollte er ihr sagen? Die Zweifel beiseite geschoben, klopfte er sachte um sie nicht zu erschrecken. Leider zuckte sie doch merklich zusammen und sah zu ihm auf. Mit geröteten Augen und schweren Lidern sah sie ihn in die Augen. Kurz vernahm er keine Reaktion von ihr, als sie den Kopf schüttelte und sich wieder in ihrer Decke vergrub. Er konnte nur erahnen, wie ihr zumute war, doch ganz so schnell wollte er sich nicht abschütteln lassen. Wieder klopfte er, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch sie blieb ihrer Antwort treu. Wieder schüttelte sie ihren Kopf, deutete ihm an, er solle gehen. Sie wollte heute wirklich niemanden sehen und sie wusste nicht was sie ihm je hätte sagen sollen. Dazu war die Gefahr viel zu groß, Chat könnte Parallelen zwischen ihr und Ladybug ausmachen. 
So schwer es Chat auch fiel, wollte er ihre Entscheidung akzeptieren. Vielleicht war wirklich ein schlechter Zeitpunkt dafür. Resigniert zog er sich zurück und trat den Rückweg an. Noch einmal sah Marinette auf und stellte fest, dass Chat verschwunden war. Erleichtert atmete sie aus. „Tikki, ich muss Chat sagen, dass es mir gut geht“ Verwundert flog Tikki zu ihr. „Aber er war doch gerade hier?“, piepste sie und sah sie fragend an. „Ja bei Marinette. Ladybug hat ihn versprochen, sich sofort bei ihm zu melden sobald sie kann“, erklärte sie und setzte sich auf. Sie öffnete ihre Dachluke und kletterte hinaus, dicht gefolgt von Tikki. „Es dauert auch nur fünf Minuten. Ich rufe ihn an“
Einen kurzen Moment sah sie sich um. Sie musste sicherstellen, dass Chat fort war und es keine Zuschauer gab. „Tikki, verwandle mich“ Unter ihrem Anzug, spürte sie die Energie, die er ihr gab und sie genoss es, sich nicht mehr so schwach und zerbrechlich zu fühlen. Sie nahm ihr Yo-Yo und wählte Chats Nummer. Es dauerte nicht lange, da erschien er in ihrem Display. „M’lady?“, hörte sie seine sichtlich überraschte Stimme. „Ich habe ja gesagt, ich melde mich“, erklärte sie und ihre Mundwinkel zuckten kurz nach oben. Eben schon und auch jetzt spürte sie die Erleichterung, ihn wohlauf zu sehen. Für einen kurzen Moment war er still, er schien sich zu setzen. „Wo bist du?“, wollte er wissen. Sie sah ihn seine Skepsis an. „Das ist nicht wichtig. Ich hab auch keine Zeit. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass es mir gut geht“, ihre Stimme wurde leiser. Wen wollte sie bitte etwas vormachen? „Wie geht es dir?“, wollte sie jetzt wissen. Für einen Augenblick schien er zu überlegen, sah kurz in die Ferne. „Deutlich besser“, antworte er knapp. Eine unangenehme Stille legte sich zwischen ihnen. Sie musste das Gespräch beenden, doch zuvor erhob er wieder seine Stimme. „Ich wurde aus den Schlaf gerissen“
Verwundert sah sie ihn durch ihr Yo-Yo an. „Von wem? Was ist-“ 
„Von dir“, gab er zu aber sie verstand nicht. „Immer wieder höre ich deine Schreie in meinem Kopf“, bedrückt senkte er seinen Blick, konnte sie nicht ansehen. Diese Informationen machte sie unruhig. Was sollte sie nur tun? „Es tut mir leid. Chat, es geht mir gut und wir haben den Kampf für uns gewonnen. Sei unbesorgt, sowas wird nie wieder passieren“, versuchte sie ihn seine Angst zu nehmen. Verstanden nickte er. Er wusste, innerlich ging es ihr noch gar nicht gut und dass sowas nie wieder passieren würde, war ein leeres Versprechen, welches sie nicht halten könnte. Dennoch gab er sich vorerst damit zufrieden. „Gute Nacht Chat“ Er sah sie mit festem Blick an. Auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel, den Kontakt zu ihr jetzt wieder zu beenden, wusste er, dass sie beide den Schlaf benötigten. „Gute Nacht M’lady“, flüstert er und beendete den Videoanruf. Wieso tat es ihr so unglaublich weh, ihn so zu sehen. Er konnte sich gewiss nicht erklären, warum sie ihn was vormachte. Warum sie ihn einfach so unwissend abschüttelte. Waren sie nicht Freunde, die sich vertrauten? Bedrückt ließ Ladybug ihren Kopf hängen. 
„Verwandle mich zurück“

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Ich empfehle die Kapitel hintereinander zu lesen
Und über ein Kommentar würde ich mich freuen

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