abendliche Begegnung

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Eifrig flog ich mit dem Bleistift über meinen Zeichenblock und strich die zarten Linien meines Designs nach. Ich hatte eine neue und bessere Idee für mein Abschlusskleid, welche ich gleich in die Tat umsetzten musste. Ein eng anliegendes Cocktailkleid, in einem satten Rot und eine Raffung an der Hüfte bis zur Taille. Eine passende Maske gab es auch dazu. Nun fehlten nur noch die kleinen Details am Gürtel. Warum ich nun seit Stunden, hier an meinen Schreibtisch sitzen und dabei ruhig arbeiten konnte, war mir schleierhaft. 
Doch ich war froh darüber. 
Zum fünften mal nun, nahm ich das Vibrieren meines Handys wahr und es ließ mich erneut aufschauen. Bis jetzt hatte ich es ignorieren können, aber allmählich machten sich doch Gedanken in mir breit, es könnte womöglich etwas in Paris passiert sein. 
Vielleicht würde man Ladybug brauchen? 
Reflexartig griff ich nach meinem Handy und entsperrte es. 
Zwei Anrufe von Alya und… drei Nachricht von Adrien. 
Resigniert warf ich den Stift auf den Tisch und ließ mich auf mein Sofa fallen. Ich machte meine Beine lang und legte meinen Kopf in den Nacken. 
Nervosität kroch meinen Gliedern empor und wieder sah ich die Bilder vor mir. 
Adriens zorniger und doch so entschlossener Gesichtsausdruck, geisterte immer wieder in meinem Kopf herum. Was war nur in ihn gefahren? Selten hatte ich mich so hilflos und überfordert gefühlt. So sehr ich darüber auch nachdachte, ich konnte seine Reaktion nicht nachvollziehen...
Wie sollte ich ihn nur wieder unter die Augen treten können? Und was denkt Phillip jetzt von mir? Wieder schielte ich zum Handy, an welchem Tikki sich niedergelassen hatte.
„Oh Tikki, was war heute nur los? Ich verstehe Adrien einfach nicht. Phillip war so nett zu mir und ich denke er mag mich. Was hatte Adrien nur gegen ihn?“ 
Wieder nahm ich das Handy in die Hand. „Nicht auf alles gibt es die Antwort, die man gerne hören würde. Entweder war er eifersüchtig oder wollte dich vor einer Dummheit beschützen“, piepste sie einfühlsam. 
Die untergehende Sonne tränkte meine rosafarbene Wände in ein tiefes orange. Ich musste zugeben, beide Varianten waren reizend, aber es fühlte sich falsch an. 
„Wenn es irgendetwas davon wäre, würde es doch bedeuten, dass ich ihm wichtig bin?“ 
Verständnislos schüttelte Tikki den Kopf. 
„Du bedeutest ihm mehr, als du vermutest“, flüsterte sie kaum hörbar, aber ich verstand jedes Wort. Überrascht weiteten sich meine Augen. „Wie meinst du das?“, wollte ich wissen und entsperrte erneut mein Handy.
„Nur so ein Gefühl“, kicherte sie und hielt sich die Hände vor dem Mund. Den Gedanken beiseiteschiebend öffnete ich Adriens Nachrichten.
Adrien 15.24 Uhr: „Marinette?“ 
Sofort spürte ich meinen ansteigenden Puls.
Adrien 16.51 Uhr: „Mari, es tut mir leid, bitte melde dich!“
Ich schlug meine Hand an die Brust, um meinen unregelmäßigen Atem wieder in den Griff zu bekommen.
Adrien 17.37 Uhr: „Ich kann dir kaum erklären, was heute passiert ist. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Bitte, lass uns persönlich darüber reden.“
Noch bevor ich selbst meine Gefühle ordnen konnte, summte das Handy erneut in einer Dauerschleife. Als ich Alyas Namen las war mir klar, dass sie sicher über mein Verschwinden nähere Infos wollte. Zögernd nahm ich ihren Anruf entgegen. 
„Hey.“ Ich wollte sie als erstes zu Wort kommen lassen, um den Grund ihres Anrufes zu erfahren. 
„Hey Süße, endlich erreiche ich dich. Woher wusstest du, dass die Sportstunde auf morgen früh verschoben wurde? Du warst plötzlich einfach weg.“ 
Kurz fügte ich die Zusammenhänge gedanklich zusammen. Was hatte ich nur für ein Glück? 
„Sonst bist du doch immer die Bestinformierte von uns beiden“, schmunzelte ich, um auf ihre Frage nicht antworten zu müssen. Und ich hatte Glück. 
„Das wird so legendär morgen.“
„Jaaa.. to-tal!“, zog ich es extra in die Länge. „Lass das lieber, Sarkasmus steht dir nicht.“ Wieder kicherte meine beste Freundin herzlich. „Aber sag mal, wie sieht es mit deinem Kleid aus?“ 
„Sehr gut, ich habe mich doch für etwas anderes Design entschieden“, und so erzählte ich ihr von meinem neuen Design und Plänen. Nicht nur das. Natürlich kam sie darauf zu sprechen, dass ich Adrien endlich fragen solle, ob er mit mir zum Abschlussball gehen würde. Und als das Thema und etliche weitere vom Tisch waren, verabschiedeten wir uns als wir feststellten, dass es eigentlich Zeit fürs Bett wurde. Erleichterte darüber, dass Alya nichts von dem Vorfall in der Schule mitbekommen hatte, lief ich ins Badezimmer und zog mir ein Top und eine kurze Hose zum schlafen über. So gut es ging, achtete ich nicht auf meine geschundene Haut, in der Hoffnung von dieser würde man in ein paar Tagen nichts mehr sehen. Schnell legte ich Tikki noch zwei Kekse zu ihrem Bettchen, in dem sie schon friedlich schlummerte, um selbst den Weg ins Bett anzutreten. 
Bis ich ein leises klopfen vernahm. Erschrocken schaute ich mich um. Gerade als ich dachte ich hätte es mir eingebildet, öffnete sich meine Dachluke der Terrasse. 
Panisch riss ich eine Decke zu mir und warf sie mir um meinen Körper. Auf jede Gefahr gefasst, die auf mich zukommen könnte, setzte ich einen Schritt vor und spähte nach oben. Als ich sah um wenn es sich handelte, verlor ich jede Anspannung und Angst. Leuchtend grüne Augen fixierten mich. 
„C-Chat Noir?“, stammelte ich überrascht.
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Halte mich - Miraculous Where stories live. Discover now