Alle Augen auf Marinette

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Die untergehende Sonne tauchte die Dächer der Stadt in einem tiefen Orange und mit jeder Minute wurde es leiser in der Umgebung. Viel zu selten gab es diese leisen Augenblicke, viel zu wenig konnte sie sich diese Momente nehmen, einfach nur da zu sitzen und die Stille zu genießen. Die Erinnerung der letzten Tage ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen, denn ihr Gegner war so aktiv wie noch nie und hat der Heldin alles abverlangt. Irgendetwas war anders. Es hat sich etwas verändert und sie wusste, dass es nichts Gutes verheißen konnte. Die körperliche Erschöpfung machte sich immer mehr bemerkbar und egal wie sehr sie dagegen ankämpfte, ein frischer Energieschwung blieb aus. Der Wind wehte ihr durch das schwarze Haar. Sie schloss die Augen und horchte der Nacht, versuchte jeden Tropfen Glücksgefühl aufzusaugen der in ihr aufflackerte um nicht noch den seidenen Faden letzter Hoffnung zu verlieren. Ihr Körper kribbelte und pochte von den harten Schlägen die sie dieses Wochenende einstecken musste. Blaue Flecke ziehrten ihren ganzen Körper und jede hektische Bewegung erinnerte er sie daran, es endlich ruhiger angehen zu lassen.  
Einen akumatisierten Judolehrer mussten sie bekämpfen und der hatte wirklich etwas drauf. Während einer unendlichen Prügelattacke die er auf sie gerichtet hatte, konnte sie nicht einmal mehr nach Luft schnappen, konnte weder ihr Jo-Jo zücken , geschweigedenn ihre schützenden Hände vor ihrem Gesicht senken. Sie hatte Glück. 
Chat, ihr Retter in der Not hat sie daraus buxiert. Er hatte sich auf ihn gestürzt und von ihr gerissen. Und dann…. 
Wie er sie angesehen hat… 
Wenn sie dachte er sei immer besorgt , dann war dieser Blick der Vater aller Sorgen. 
Er hätte sie am liebsten bis nach Hause begleitet, aber ihr blieb nichts als dankend abzulehnen. Nur keine Schwäche zeigen. 
Sie saß nun einige Stunden hier in ihrem Liegestuhl, auf ihrer Dachterasse. Viel zu erschöpft um einen klaren Gedanken zu fassen, herrschte absolute leere in ihrem Kopf. Sie bräuchte dringend Ablenkung.
"Marinette...", hört sie die zarte Stimme ihrer Freundin. Tikki schwebte neben ihr und betrachtete sie mit einem besorgen Blick. 
Marinette drehte sich zu ihr und setze ein sanftes Lächeln auf. 
"Mach dir keine Sorgen Tikki. Ich bin so froh, diese Ruhe genießen zu können. Es wäre auch besser jetzt ins Bett zu gehen, damit ich morgen nicht verschlafe". 
Im selben Moment stand sie auf und ging zur Dachlucke, um sich im selben Moment auf ihr Bett fallen zu lassen. Sicher konnte ihr Tikki diese Worte nicht glauben. Seit einigen Tagen nun bemerkte sie schon die Veränderung an ihrerem Schützling. Tikki flog zu ihrem hergerichteten Bettchen und ließ sich hinein sinken. 
"Gute Nacht Marinette", flüsterte sie ihr noch zu, aber eine Antwort blieb aus. 
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Am Morgen unterbrach der schallende Wecker ihren tiefen Schlaf. Im Halbschlaf streckte sie ihren Arm aus und tastete umher, um das nervtötende Geräusch einen Ende zu setzen. Gerade hatte sie ihn zum verstummen gebracht, fiel er mit einem lauten scheppern zu Boden. Großartig. 
Völlig benebelt schielte sie zum Boden und entdeckte ihren Feind stumm auf dem Boden liegend. Seufzend sackte sie zurück in ihr Kopfkissen, wurde sich aber sehr schnell darüber bewusst, dass es Zeit wurde.
Die nächste Pflicht ruft. Momentan waren es viele Verpflichtungen, die dazu immer schwerer zu werden schienen. 
Der Schulabschluss rückte näher und in 2 Wochen würde sie schon 17 Jahre werden. 
Mit schmerzenden Körper schälte sie sich aus ihrem Bett und verschwand direkt im Badezimmer, wo sie einen prüfenden Blick über ihren Körper warf. Gab es denn überhaupt noch einen Teil ihres Körpers, der nichts abbekommen hatte? Am meisten Sorgen bereiteten ihr die tief blau/lilanen Flecken am Handgelenk und auf ihrem Schlüsselbein. Wenn das jemand sehen würde, dachte sie. Jede Überlegung sich für den Notfall eine plausible Ausrede einfallen zu lassen, verlief ins leere. Nun gut, darüber könnte sie sich später noch Gedanken machen. 
Schnell zog sie sich an, und richtete sich für den heutigen Tag her. 
In ihrem Zimmer schnappte sie sich ihre Umhängetasche und öffnete sie.
"Heute habe ich mal genug Zeit für den Schulweg und muss mich nicht so beeilen. Komm Tikki".
Mit einem Satz huschte Tikki in ihre geöffnete Tasche, wo bereits ein paar Kekse auf sie warteten. Marinette schulterte ihre Schultasche und lief die Treppen hinunter, wo sie sich von ihren Eltern verabschiedete und das Haus verließ. 
Langsamen Schrittes kam sie nach kurzer Zeit auf das Schulgebäude zu. Auf der Treppe standen bereits ihre Freunde und unterhielten sich angeregt. Gedankenversunken trat sie die Treppe empor und machte vor ihnen halt. 
„Guten Morgen.. oh wow, Marinette. Gute Entscheidung, deine Haare offen zu tragen. Es steht dir", kam es von Alya. Überrascht Griff sie nach ihren Zöpfe, spürte aber im selben Moment ihr offenes Haar. Ach Mist, das hatte sie gar nicht bemerkt. Um ihre Haare hatte sie sich nach dem bürsten gar nicht mehr gekümmert. Genervt ließ sie ihren Kopf hängen und atmete tief durch. 
„Geht es dir gut, Marinette?“.
Die Stimme ihres Schwarms ließ sie sich schnell wieder gerade aufrichten und ihr Blick traf auf Adriens grünen Augen. Oh bitte keine Fragen stellen, dachte sie und lächelte in die Runde. „Ja, alles bestens“, log sie grinsend. „Ich habe meine Haare vergessen zu machen und dabei war ich so glücklich so früh heute los zu kommen"
Glückliche Gesichter schauten sie an  und nervös zog sie sich noch einmal die Ärmel ihres Sweatshirts lang, um ihre geschändete Haut zu verbergen. „Wir sollten dann mal", gab Nino zu und griff nach Alyas Hand um sie mit sich in die Klasse zu ziehen. Marinette und Adrien tauschten einen letzten fragenden Blick und schlenderten ihren Freunden hinterher, ins Klassenzimmer. 
Es waren bereits alle anwesend und so eilten alle zu ihrem Platz. „Wollen wir nicht nach der Schule noch ein Eis essen gehen?“, fragte Alya begeistert und schaute ihre Freunde abwechselnd an. Ja, es war verführerisch, aber im Hinterkopf hatte Marinette die Angst, es könne jederzeit wieder einen Angriff geben. Angst vor Konsequenzen. Es war verdammt schwer ihre Identität zu bewahren, bei allem was in letzter Zeit passiert. 
„Ja, sehr gerne", lächelte sie. Auch die Jungs stimmten freudig zu und plötzlich hörten sie ein Gezeter aus der Reihe neben sich. Marinette versuchte so oft und so gut es ging, dieses Biest zu ignorieren aber ihre Lautstärke machte es natürlich schwer. 
„Adriecherie, warum gibst du dir sowas?", schimpfte Chloe und richtete sich noch mehr auf. Die aufsteigende Wut ließ die schwarzhaarige schwer schlucken. Dieses Biest! Marinette öffnete ihren Mund um ihr Konter zu geben, wurde jedoch unterbrochen von ihrer Lehrerin, welche die Tür aufschwang und den Raum betrat. So sagte keiner mehr etwas und mit stillschweigenden Jugendlichen, begann der Unterricht.

Halte mich - Miraculous Where stories live. Discover now