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*Vivi*
„Kommst du noch mit was trinken?", fragte Theresa und legte mir freundschaftlich den Arm um die Schulter, als wir nach Dienstschluss durch das fast menschenleere Foyer liefen. Es war bereits halb neun und ich war einfach nur froh, dass dieser Tag vorbei war. Ich gähnte und wollte Theresa eigentlich schon absagen. „Na klar kommt Vivi mit!", hörte ich Elias sofort von der Seite. Dann hatte ich wohl keine andere Wahl! „Aber nur kurz! Ich bin echt total k.o.", gab ich zu. Die kalte Abendluft, die durch meine Lungen strömte, tat so gut und wusch mir die Müdigkeit ein wenig aus den Knochen, als wir Richtung Innenstadt liefen. Julia tippte neben mir kurz auf ihrem Handy herum, steckte es dann aber wieder mit ernster Miene in ihre Tasche. „Hat Dr. Ahrend sich bei dir gemeldet?", fragte ich sie vorsichtig, während wir auf die Krämerbrücke einbogen. Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. „Nein... er antwortet einfach nicht auf meine Nachrichten! Dabei will ich doch einfach nur wissen, wie es ihm geht, was er macht und ob die Kollegen ihn gut in San Francisco aufgenommen haben.", erklärte sie mir und vergrub ihre Hände in den Jackentaschen. Ich hakte mich in ihren Arm unter und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. „Das tut mir so leid, Julia! Männer sind manchmal einfach nicht zu verstehen...", plapperte ich los. „Aber ich denke einfach, dass ihn die Trennung genau so runterzieht, wie dich auch. Vielleicht braucht er noch einen Moment, bis er wieder mit dir sprechen kann oder will.", mutmaßte ich. „Ja, vielleicht...", sagte Julia leise. „Ich muss dir dann noch was erzählen...vorhin habe ich einen Anruf aus Hamburg bekommen", flüsterte ich Julia zu und grinste, die mich verdutzt anschaute...

*Leyla*
Mitten in der Nacht wurde ich wach. Bauchkrämpfe - nicht schon wieder! Vielleicht waren die Penne von gestern Abend doch zu scharf gewesen. Es fühlte sich an wie ein Messer, das meine Eingeweide durchfuhr. Ich drehte mich zu Ben, der friedlich neben mir schlummerte. Er hatte es doch so gut gemeint... langsam setzte ich mich auf die Bettkante und stand so leise wie möglich auf. Ich war total verschwitzt und meine Beine zitterten bei jedem Schritt. Im Bad kramte ich nach der Packung Paracetamol im Schrank und erschrak ein wenig, als ich bemerkte, dass nur noch drei Tabletten im Blister übrig waren. Hatte ich sie alle in den letzten Tagen aufgebraucht!? Zugegebenermaßen hatte mir mein Unterbewusstsein schon gesagt, dass ich zur Zeit zu viele Schmerzmittel schluckte, aber ich musste doch fit für die Klinik sein! Ich hätte nicht noch länger ausfallen können und Paracetamol war ja auch nicht schädlich für das Kind...
Als mich ein weiterer Krampf durchfuhr, musste ich mich kurz am Rand des Waschbeckens festhalten und stöhnte. Ich konnte kaum noch atmen. Es ist nicht das Baby! Julia hatte mir versichert, dass alles in Ordnung war. Ich schob mir mit zittrigen Händen eine der weißen Pillen in den Mund und nahm einen Schluck eiskaltes Wasser aus dem Hahn um sie hinunterspülen. Ich musste mich sehr konzentrieren, dass nicht alles wieder in der Kloschüssel landete. Dann wusch ich mir noch kurz das Gesicht, das sich auch heiß anfühlte. Gleich wird es besser... ich setzte mich benommen auf die kühlen Fliesen, zog die Knie ganz nah an meinen Körper und umschlang sie mit den Armen. „Gleich wird es besser!", wiederholte ich immer wieder das Mantra in meinem Kopf...

*Julia*
Ich nahm den letzten Schluck aus meinem Glas. Vivi würde uns also auch bald verlassen... natürlich freute ich mich sehr für meine Freundin, dass sie eine Stelle in Hamburg angeboten bekommen hatte. Ich wusste, wie sehr sie Dr. Ruhland verehrte und dass sie ihr wirklich nachgetrauert hatte. Trotzdem war es für mich gerade ein ziemlich harter Schlag. Erst Niklas und bald auch noch eine meiner besten Freundinnen. „Naja, jedenfalls muss ich natürlich noch darüber nachdenken.", plapperte Vivienne neben mir weiter. „Aber es ist schon eine riesige Chance!". Lächelnd sah ich sie an. „Ja definitiv! Ich bin auch echt stolz auf dich, Vivi!", sagte ich und drückte sie an mich. „Aber ich werde dich so sehr vermissen!", gab ich dann zu. „Ich dich doch auch! Aber es dauert ja noch ein bisschen.. Du besuchst mich einfach ganz oft in Hamburg und dann machen wir St.Pauli unsicher.", witzelte meine Kollegin und bezahlte unsere Drinks. Die anderen waren schon vor einiger Zeit nach Hause gegangen, aber Vivi wollte mir die Sache mit Dr. Ruhland noch unbedingt erzählen. Wir nahmen unsere Jacken und liefen aus der Bar. „Julia, ich möchte aber erstmal nicht, dass das jemand erfährt ok? Ich glaube, Matteo würde durchdrehen, wenn er wüsste, dass ich Erfurt verlassen möchte!", bat sie mich mit wispernder Stimme. „Versprochen!", antwortete ich und wir spazierten Arm in Arm durch die Nacht.

*Leyla*
„Hey Schatz! Leyla, aufwachen!", hörte ich Bens Stimme wie durch einen Nebel. Ich blinzelte und das Sonnenlicht brannte in meinen Augen. „Wir sind spät dran, wir haben gestern vergessen den Wecker zu stellen!", durchdrangen seine Worte meine Benommenheit. Als ich verstand, was er gesagt hatte, war ich plötzlich hellwach. „Shit!!", platzte es aus mir heraus und ich setzte mich auf. Das abrupte Hochschrecken bereute ich sofort. Mir war so schlecht , dass ich aufsprang, zur Toilette rennen musste und mich übergab. Da war sie wieder: die typische Morgenübelkeit, die ich schon von meiner Schwangerschaft mit Zoe kannte. Ben war sofort bei mir. „Oh nein... kann ich was für dich tun?", fragte er etwas unsicher, als ich mir den Mund abwischte und erschöpft neben der Kloschüssel sitzen blieb. Ich schüttelte den Kopf. „Es geht gleich wieder... Mach du dich einfach fertig, dass wenigstens einer von uns nicht zu spät kommt.", schlug ich ihm dann vor ehe ich langsam aufstand und nach meiner Zahnbürste suchte. Ben strich mir mit besorgtem Blick über den Rücken. „Ok, aber du sagst bitte sofort Bescheid, wenn ich dir irgendwie helfen kann!", bat mich mein Freund, bevor er wieder ins Schlafzimmer lief, um sich anzuziehen. Ich konnte mich noch dumpf daran erinnern, es heute Nacht noch irgendwie ins Bett geschafft zu haben, nachdem die Krämpfe endlich nachgelassen hatten. Ich betrachtete mich im Spiegel. Blasse Haut, glasige Augen und Schweißperlen auf der Stirn. Es drehte sich alles. Auch wenn eigentlich keine Zeit dafür war, beschloss ich noch schnell unter die Dusche zu steigen...

In aller Freundschaft die jungen Ärzte - Nichts bleibt, wie es istWhere stories live. Discover now