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*Leyla*
"Das ist ja schön!", sagte ich mit einem Blick auf die Laborwerte von Frau Fischer, deren Entzündungswerte nach einer Lungenentzündung deutlich gesunken waren, seit ich sie das letzte Mal vor meiner Krankschreibung gesehen hatte. "Ich denke, wenn es Ihnen weiterhin besser geht, können wir Sie in spätestens drei Tagen in die Reha entlassen.", verkündete ich lächelnd der alten Dame, die in ihrem Bett saß. "Herr Rantala, Sie kümmern sich bitte um die Blutentnahme und melden für morgen nochmal ein Kontrollröntgen an.", trug ich dann meinem jungen Kollegen auf. Dieser nickte und tippe eine Notiz in sein iPad. Anschließend verabschiedeten wir uns und Elias, Vikko, Tom, Theresa und eine zuständige Krankenschwester verließen auch schon mit mir zusammen das letzte Patientenzimmer. Die Visite wäre also für heute erledigt. "Alles klar, das lief doch reibungslos. Wie sieht es auf der Intensivstation aus? Gibt es noch Neuzugänge?", fragte ich in die Runde, nachdem Theresa die Zimmertür von Frau Fischer hinter sich geschlossen hatte. "Ja, den Patienten, den Dr.Lindner und Ben heute Nacht operiert haben.", informierte mich Elias dann. "Ach richtig! Dann würde ich sagen, Herr Zondek und ich gehen mal nach drüben und sehen ihn uns an. An die anderen: Vielen Dank und einen schönen Tag! Bei Fragen melden Sie sich aber bitte jederzeit telefonisch bei mir.", bat ich die jungen Ärzte, zeigte auf mein Handy, das wie auf Kommando zu piepsen begann. "Notfall auf der Intensivstation!", stellte ich sogleich fest. "Herr Zondek, Sie kommen mit!". Wir drehten uns um und begannen zu laufen.
Auf der ITS angekommen, sahen wir schon von Weitem, wie die Schwester den Rea-Wagen samt Defibrillator in ein Patietenzimmer schob. Es ging um Herrn Schäffler, den Patienten, der in suizidaler Absicht aus dem Fenster gesprungen war und um dessen Leben Ben die ganze Nacht gekämpft hatte. Mit einem Blick auf den Überwachungsmonitor sah ich, dass sein Herz verrückt spielte und er unter Kammerflimmern litt. "Herr Zondek, wir müssen defibrillieren!", rief ich, während ich schon dabei war, den Oberkörper des Patienten frei zu machen. Er war voller Hämatome und Schürfwunden, die große, frische Op-Wunde am Abdomen war mit einem dicken Verband versehen und es führten Drainangen hinaus. Sie waren vollgelaufen und ich vermutete, dass eine Naht aufgegangen sein musste. Das Gesicht des Patienten war außerdem stark angeschwollen und er hatte versorgte Platzwunden an Lippen und Augenbrauen. Der Blutdruck war gefährlich niedrig und er hatte Fieber. Scheinbar hatte er eine Sepsis entwickelt.
Tom versah die Paddels des Defibrillators mit Gel und reichte sie mir dann. "Laden auf 200 Joule!", wies ich ihn an "weg vom Bett!". Sobald der Strom den Körper des Patienten durchdrang, hob sich sein Oberkörper vom Bett. Sogleich starrte ich auf das EKG, das immer noch Kammerflimmern zeigte. "1 mg Adrenalin bitte!", rief ich der Schwester zu, die schon mit der Spritze bereit stand. "Ok, nochmal laden auf 200!", wand ich mich dann an Tom. Wieder schockte ich den Patieten. Diesmal veränderte sich die EKG-Kurve allerdings. Es war eine Nulllinie zu sehen, das Herz hatte also komplett aufgehört sich zu kontrahieren. Mist!
"Herr Zondek, Sie machen die Herzdruckmassage!", forderte ich Tom auf. Wir drehten den Patienten rasch auf die Seite, damit die Schwester das Reanimationsbrett unter seinen Oberkörper schieben konnte. So federte die Matratze nicht so stark und die Druckmassage fiel etwas leichter.
Herr Zondek kniete sich neben den Patienten auf das Bett und begann mit der Kompression des Oberkörpers, während ich diesem weitere Notfallmedikamente injizierte. „Ok, machen Sie kurz Pause, ich übernehme!", sagte ich, als sich nach etwa einer Minute immer noch keine selbstständige Herzaktivität zeigte. „Aber Frau Dr. Sherbaz, Sie sollten vielleicht lieber die Schwester...", wollte Tom mich aufhalten, aber ich hatte meinen Kittel schon zur Seite gelegt und saß bereits auf dem Bett. Ich konnte den Patienten einfach nicht aufgeben, er war erst 37 Jahre alt! Nach kurzer Zeit stand mir schon der Schweiß auf der Stirn. Die Schwangerschaft hatte mir scheinbar meine gesamte Fitness genommen. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. „Frau Dr. Sherbaz, ich mache weiter!", hörte ich Theresas Stimme von der Seite. Auch wenn ich mich eigentlich dagegen sträubte, schon wieder Schwäche zu zeigen, war ich Dr. Koshka gerade wirklich für die Ablösung dankbar. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sie ins Zimmer gekommen war. Mit keuchendem Atem setzte ich mich kurz und beobachtete weiterhin die Reanimation, bei der jetzt Theresa das Kommando übernommen hatte...

In aller Freundschaft die jungen Ärzte - Nichts bleibt, wie es istWhere stories live. Discover now