Kapitel 18

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Die Würstchen schmeckten sehr gut und auch der selbstgemachte Kartoffelsalat schmeckte ausgezeichnet. Wir aßen so viel, bis wir das Gefühl hatten zu platzen. Zusammen machten wir den Abwasch am Brunnen und setzten uns dann in die Hollywoodschaukel. Es war schon Abend geworden, dementsprechend kühl, aber eine angenehme Kühle. Mit geschlossenen Augen saßen wir für Minuten einfach nur da und hörten den Geräuschen des Waldes bei Nacht zu. 'Dean, ich habe dir mein Bett neu bezogen, ich werde es mir auf der Couch gemütlich machen. Ich sehe deinen Blick, aber versuch es nicht. Du wirst es nicht schaffen mich zu überreden, dass Du auf der Couch schläfst. Geh ruhig, dusch in Ruhe. Wenn Du Hilfe brauchst ruf mich, in Ordnung?' Ich gab ihm zu verstehen, dass ich mich immer noch nicht wohl dabei fühle, dass er nicht in seinem eigenen Bett schläft aber steuerte mit meinen Krücken in den Händen langsam das Bad an. Nick hatte alles vorbereitet. Da lag auf dem geschlossenen Klodeckel ein großes, weißes Handtuch, eine neue Seife am Stück, ein Shampoo und einer dieser Badeschwämme. Ich zog meine Klamotten aus und drehte den Hahn auf, wartete bis das Wasser warm war und stieg dann unter die Dusche. Im Sommer bevorzuge ich eine eiskalte Dusche aber im Herbst, Winter oder bei Regenwetter muss das Wasser so warm sein, dass sich Dampf auf meiner Haut bildet und man sich selbst nicht mehr im Spiegel sehen kann, weil dieser so beschlagen ist. Ich verbrachte ungefähr 10 Minuten hinter dem Duschvorhang, auf dem Seesterne und Muscheln gedruckt waren. Nachdem ich mich gut abgetrocknet habe und meine Haare geföhnt waren, mein Körper in frischer Kleidung steckte, ging ich zu Nick ins Wohnzimmer. Er saß am Tisch, rauchte wieder eine Zigarette und hatte für uns beide Karten ausgeteilt. 'Hast Du Lust auf ein paar Runden Blackjack?' fragte er mich und ich bejahte. So spielten wir etwas und vertrieben uns die Zeit. Ich muss auf den richtigen Moment warten, um Nick zu fragen, was dann passierte, nachdem er diese verbrecherischen Ärzte getötet hatte. Was mich außerdem beschäftigte ist, dass ich in der ganzen Zeit die ich jetzt schon mit Nick verbrachte nicht eine seiner anderen Persönlichkeiten begegnet bin. Ich bin nicht dem Ripper oder dem Soldaten gegenüber getreten. Kann er es mit Medikamenten kontrollieren? Das scheint sehr kompliziert zu sein und leider ist mein Wissen auf dem Gebiet der Psychologie nur sehr begrenzt. Mein Bruder sagte, er müsse jetzt eben die Hunde füttern, ich solle aber im Haus bleiben um mein Knie zu schonen. Nach ungefähr einer halben Stunde kam er wieder und dann stellte ich ihm die Fragen die mir auf der Seele brannten. Nick atmete tief durch und fing dann an zu erzählen: 'Dean, Du hast Recht mit der Vermutung, dass ich Medikamente habe, womit ich immer Nick bleiben kann. Eines Tages, als ich die Persönlichkeit des Serienkillers angenommen habe, schrieb ich auf was ich getan habe, in eine Art Tagebuch, denn jedes Mal als ich wieder ich selbst war, wusste ich nichts von dem was ich getan habe. es war bloß wie ein Blackout. Du kannst Dir sicherlich vorstellen, wie geschockt ich war, als ich meine eigenen Aufzeichnungen fand und las, was ich im Stande war zu tun. Aber es war wichtig, so konnte ich es kontrollieren.' Ich nickte und wollte dann wissen, wieso er nicht dann einfach ständig die Medikamente nahm und es nie wieder dazu kommen lassen würde, dass er jemanden tötet. Darauf hatte Nick eine einfache Antwort. Er wollte es. Er hat angefangen einen Sinn darin zu sehen, Schwerverbrechern, die unschuldigen Menschen ihr Leben kaputt gemacht, gar genommen haben, zu töten und Vergeltung zu üben. Er erzählte mir außerdem, dass er die Medikamente von einem Arzt bekam, den er mal in einem Forum kennenlernte. Ein Forum für Diejenigen, die ebenfalls die Überzeugung haben, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. 'Dean, wenn Du irgendwas brauchst, an Medikamenten. Etwas zur Beruhigung, oder zum Schlafen, dann schreib es mir auf und ich besorge es, das ist kein Problem. Du sollst nicht unter deinen Panikattacken leiden müssen, wenn die Medizin dazu in der Lage ist diese zu lindern und Dein Leben erträglicher machen. Das gleiche gilt für Deine Schmerzen. 'Danke Nick, ich werde dir auf jeden Fall nachher einen kleinen Zettel fertig machen. Weißt Du, ich kann immer noch nicht glauben, dass das Schicksal es doch einmal im Leben gut mit einem meint. Meine ganze Schullaufbahn, die Monate an der Universität in Richtung Journalismus und der Fokus auf Kriminologie, dass ich genau diesen Auftrag bekam, über dich, einen der meistgesuchten Serienkiller der Staaten zu schreiben und dass.. dass ich dann auf Dich treffe, meinen Bruder von dem ich geglaubt habe, dass er nicht mehr am Leben ist, von dem ich nie wieder etwas hören würde. Ich kann das einfach nicht begreifen.' Nick hörte mir aufmerksam zu ohne einmal den Blick von meinen Augen zu lassen. Er sagte: 'Ich wusste bei der ersten Begegnung in der Lagerhalle, als die zwei als Polizist getarnten Männer dich zu mir brachten, dass Du es bist. Du hast dich verändert, natürlich hast Du das. Es waren endlose Jahre in denen wir uns nicht sahen, aber ich habe in deine eisblauen Augen gesehen, deine hohen Wangenknochen und Du musstest kein Wort sagen. Ich wusste, dass da mein Bruder vor mir steht. Als Du schließlich doch deinen Mund öffnetest, gab es keinen Zweifel mehr und Du kannst dir nicht vorstellen was ich fühlte, oder vielleicht kannst Du es doch, als Du mich auf meine unspezifischen Atemgeräuschen erkannt hast, wie dem auch sei. Ich habe damit nicht gerechnet, ich konnte meine Gedanken nicht sortieren, dafür war nicht genug Zeit, also sah ich als einzigen Ausweg, dich fortzuschicken. Dir eine Drohung auszusprechen, die dich diesen Fall niemals wieder anrühren lassen würde. Und dann bist Du fort gelaufen in den Wald. Ich nahm meine Maske ab und warf sie auf den Boden. Es war mein Bruder, der hier gerade vor mir stand und jetzt willst Du ihn wieder gehen lassen, für immer verlieren? Das darf nicht sein. Erinnerst Du dich noch an die Nacht, das war die stürmischste und regnerischste Nacht dieses Jahres, es war bitter kalt und ein Gewitter zog auf. Ich hatte Angst um dich. Nach langen Jahren, Dean habe ich wieder das Gefühl von Angst in mir gespürt. Das fühlte sich gut an. Es fühlte sich verdammt noch mal so gut an, wie nichts was ich seit Zeiten gefühlt habe. Die Angst um einen geliebten Menschen, den einzigen Menschen, der mir seit je her etwas bedeutet hat. Also lief ich dir nach, Dean. Ich kenne diesen Wald besser als jeder Jäger, ich war immer einige Meter hinter dir, ein paar Bäume, du hättest dich nur einmal umdrehen müssen und vielleicht hättest du mich gesehen. Aber Du hast dich nicht umgedreht, du liefst mit Angst so schnell wie Du konntest, aber glaub mir, dir wäre nie etwas passiert. Ich bin dir bis zur Straße gefolgt, wo Du zusammengebrochen warst. Ich habe hinter der Leitplanke hockend gewartet bis das Auto was anhielt, dich sicher ins Auto verfrachtet hat, es war ein Glück dass um diese Zeit noch eines vorbeifuhr. Glaub nicht, ich hätte dich daliegen lassen. Ich hätte dich auf meine Schultern genommen und wäre ins Krankenhaus gelaufen, um dich zu retten, aber so warst Du erst mal in Sicherheit und in guten Händen. Der Wagen drehte um, also wusste ich in welches Krankenhaus sie dich bringen würden. Ich lief zurück durch den Regen, zu meinem Versteck im Wald und zog mich um. Ich hatte endlich die Gelegenheit zu verstehen, was da gerade passiert ist. In dieser Nacht kriegte ich auf meinem Feldbett kein Auge zu, ich war so aufgeregt, weil mein Plan war mich schick anzuziehen, damit ich nicht auffalle und dir morgens direkt an deinem Krankenbett einen Besuch abzustatten. Deinen geschockten Blick, als sich die Tür öffnete und Du mich reinkommen sahst, werde ich nie vergessen. Wie ich da stand mit dem Ballon und den Blumen.' Ich begann zu weinen, vor Freude. 'Nick, Gott hat uns eine zweite Chance gegeben, unserer Familie. Verstehst Du das? Er sieht darin einen großen Plan. Wir müssen nur alles gut planen, wir dürfen keinen Fehler machen, sie dürfen dich niemals fassen. Niemand wird mir dich je wieder wegnehmen, Nick.'

Caught in glassWhere stories live. Discover now