Ehrliche Worte

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Beide saßen sich gegenüber und sie wussten nicht wirklich, wie sie das Gespräch angehen sollten. Deswegen sagte Lukas einfach: "So jetzt Tacheles, was geht in deinem Kopf vor?"
Elli suchte kurz die richtigen Worte und klärte Lukas dann auf: "Lukas, das ist schwer, zu erklären. Seitdem ich mit euch abhänge, läuft alles anders. Ich verschweige Sachen und belüge meinen Verlobten, dass muss ein Ende haben. Und da ich das erst mache, seit dem Abgrillen, hab ich mit Sarah gesprochen und kam zu dem Entschluss, Lieber den Kontakt zu euch abzubrechen."
"War ja klar, dass Sarah eine große Rolle bei der Entscheidung spielt. Typisch Frauen... Lieber erst Mal auf die beste Freundin hören, statt auf das eigene Herz.", stellte Lukas enttäuscht fest. "Naja was soll ich denn machen? Ich bin hin und her gerissen. Es macht mich fertig. Steven baggert in einer Tour, deinen Duft habe ich Tage lang nach dem Abgrillen nicht aus der Nase bekommen. Ich bin schwach... Lieber ziehe ich mich hier in mein Schneckenhaus zurück und lebe das langweilige Leben, was ich vorher hatte, statt mich irgendwann jemanden von euch anzunähern.", sagte Elli und als sie sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen ließ, war sie von sich selber schockiert. Hatte sie Lukas wirklich gesagt, dass sie seinen Duft in der Nase hatte? Sie war nun peinlich berührt und hoffte einfach, dass Lukas die Worte gekonnt überhört hatte. Er sagte auch tatsächlich nichts dazu und machte den Anschein, als hätte er wirklich nicht kapiert, was Elli sagte.
"Wenn du aber Angst hast, dass du dich anderweitig verlieben könntest, solltest du Mal überlegen, ob es mit Martin wirklich das ist, was du willst.", sagte Lukas zutraulich im ernsten Ton. Elli erstarrte und zurück waren die blöden Gedanken. Wieder sah sie keinen anderen Ausweg, als sich im Bad zurück zu ziehen. Sie weinte nicht gerne vor anderen Leuten, doch wer tat das schon? Während sie ins Bad lief, hörte sie Lukas nur noch sagen: "Mensch, Elli, renn doch nicht immer weg... Das bringt doch nix!" Doch das wusste Elli auch, konnte sich aber nicht ändern. Er ließ sie eine ganze Weile alleine mit sich, bis er sich aufraffte und vorsichtig an die Badtür klopfte. "Elli, mach doch bitte auf!", sagte er verzweifelt, doch Elli reagierte nicht. Alles was sie wollte, war alleine sein. Was war das nur wieder für ein Tag? Die Freude auf Silvester war ihr vergangen. Warum lud sie Lukas auch zu sich ein... "Wenn du nicht langsam auf machst, knack ich die Tür!", sagte er nun in einem lauteren Ton und es wirkte, denn sie antwortete: "Sowas kannst du doch garnicht!" Ungesehen von Elli grinste er und meinte: "Ich komme vom Dorf, ich kann mehr als du denkst!" Auch Elli grinste nun, auch wenn sie immer noch Tränen verdrückte. "Ich komme auch vom Dorf und kann das nicht!", sagte sie und bekam prompt eine Antwort: "Dann hattest du keine richtige Kindheit!". Wieder musste sie grinsen und entschied sich, Lukas die Tür aufzuschließen, um sich dann wieder an ihren Platz vor der Badewanne auf den Boden zu setzen. Sollte er selber entscheiden, ob er wirklich in die Hölle, der weinenden Elli eintreten wollte. Die Tür öffnete sich einen Spalt und Lukas starrte rein. "Nun wein doch nicht!", sagte er und hockte sich vor sie. Sie schaute ihn mit ihren knallroten Augen an uns sagte: "Vielleicht hast du Recht und ich mache es mit mit der Beziehung einfach zu leicht. Ich wohne gut, habe meine Ruhe, ein Auto und jemand, der für mich da ist. Vielleicht ist es wirklich alles nur eine Blase in der ich lebe und mein wirkliches Ich kommt nicht raus." Nachdem sie das sagte, sackte sie in sich zusammen und brach nun noch mehr in Tränen aus. Wortlos setzte er sich neben Elli und zog sie an sich Ran, um sie zu umarmen und zu trösten. Geschwächt von den ganzen Tränen, ließ sie es zu. So saßen die beiden noch eine ganze Weile auf dem kalten Fliesenboden im Bad. Elli wusste, dass es falsch war, was hier gerade passiert und Martin ausrasten würde, wenn er das sehen würde. Lukas hingegen gab sein bestes, um Elli zu beruhigen: "Das war so nicht gemeint. Ich meine, wenn ihr so lange zusammen seit und bald heiratet, muss ja Liebe im Spiel sein. Keiner verlobt sich, wenn er den anderen nicht liebt."
"Ich habe keine Lust mehr auf das Thema!", sagte Elli und löste sich aus der Umarmung von Lukas. Er wischte ihr mit seinem Daumen die letzten Tränen von ihrer Wange und sagte: "Dann werde ich Mal gehen. Melde dich, wenn du dazu bereit bist."
Als er aufstehen wollte, hielt ihn Elli an seinem Shirt fest und bat ihn: "Bitte geh nicht. Du hast doch nix vor und ich auch nicht, dann können wir doch gemeinsam den Jahreswechsel feiern."
Lukas war überrascht, wusste nicht, wieso Elli das vorschlug, aber sagte zu. Selbst sie wusste nicht genau, warum sie das sagte. Wahrscheinlich hatte sie Angst davor, dass erste Mal in ihrem Leben an einem Silvesterabend alleine zu sein. Elli grinste leicht und rappelte sich vom Boden auf. Auf dem Weg ins Wohnzimmer sagte sie: "Tut mir leid, dass du mich so erleben musstest." Er winkte ab, nach dem Motto, dass es ihm egal ist.
Elli überlegte kurz und konnte sich eine Frage nicht verkneifen: "Wieso feierst du eigentlich alleine? Was ist mit Jill?"
"Also ich merke, du hast das blockieren wirklich ernst gemeint. Nicht Mal eine Nachricht hast du gelesen.", sagte er und nachdem Elli den Kopf schüttelte, redete er weiter: "Ich hab mir deine Worte zu Herzen genommen und mich getrennt. Du hast Recht, ich brauche sowas nicht. Ich kann mich auch anders ablenken. Aber war auch ganz gut so, so kam ich ganz schön weiter mit meinem Album."
"Ich weiß jetzt nicht, ob ich das gut oder schlecht finden soll...", sagte Elli und Lukas grinste. "Na das ist gut! Ich bin frei! Und so viele Lieder habe ich noch nie in einem so kurzen Zeitraum geschrieben!", sagte er und brachte damit auch Elli zum grinsen. "Also bist du mehr auf Karriere, als auf Beziehung aus?", fragte sie und Lukas antwortete: "Naja sollte irgendwann ne neue Beziehung kommen, bin ich nicht abgeneigt, aber dann mit einer normalen Frau!" Elli lachte und sagte: "Ich weiß garnicht, was du hast... Jill war die normalste Frau, die ich je kennen lernen durfte..." Nun lachte auch Lukas. Ein Zeichen, dass ihm die Trennung tatsächlich nicht mitnahm. Es wurde langsam dämmrig draußen und Lukas hatte nur einen Wunsch: "Wollen wir noch einmal spazieren gehen, dieses Jahr? Ich brauche nochmal die frische Luft. Außerdem können wir dann gleich noch zum Dönerladen und uns ein paar Getränke kaufen." Elli verstand nicht ganz, was Lukas unter frischer Luft verstand. Scheinbar hatte er vergessen, dass Silvester war, da entwickeln sich Berlins Straßen, sobald es dunkel wird, zu einer großen Rauchschwarte, aus Böllerqualm. Vielleicht wusste er es auch noch nicht besser, weil es sein erstes Silvester in Berlin war, doch das war egal und Elli stimmte seinen Wunsch zu.
Quer über die Kräuterwiese, vorbei an einer Reihe junger Bäume und parallel zur Wuhle, liefen die beiden quer durch Marzahn. Lukas hatte scheinbar Adleraugen. Jedes noch so kleine Lebewesen, was er in der Dunkelheit auf Meter erkennen konnte, feierte er. Elli hatte auch viel für die Natur übrig, aber was Lukas da machte, überraschte und schockierte sie zu gleichen Teilen.
Es war nicht gerade der kälteste Dezember Tag, sodass der Spaziergang länger dauerte, als geplant. Ganze zwei Stunden irrten sie über Feld- und Wiesenwege. Kurz bevor sie beim Dönerladen ankamen, der nur eine Straße weiter war, kam Lukas auf eine Idee: "Weißt du was? Wir kaufen jetzt Alkohol und ich bezahle! Es kann nicht sein, dass wir immer diejenigen sind, die nie etwas trinken auf Feiern." Elli wusste nicht genau, ob dies der beste Einfall war und fragte nach: "Wie willst du dann nach Hause kommen? Du bist mit Auto hier."
"Lass das Mal meine Sorge sein... Ich bestelle mir ein Taxi und hole in den nächsten Tagen das Auto ab.", sagte er sehr überzeugend. Irgendwie fand sie es niedlich, wie naiv Lukas noch in der Großstadt war. Ein Taxi in der Silvesternacht, kam einem Lottogewinn gleich. Elli war immer noch nicht von der Idee überzeugt, sie wusste ja, dass sie einiges vertragen konnte, trotzdem war es komisch für sie. Schlussendlich stimmte sie doch zu, denn Lukas hatte Recht. Einfach Mal machen und nicht über jede Kleinigkeit nachdenken. So kauften sie ein buntes Potpourri an Alkohol und kamen voll bepackt wieder in Elli's Wohnung an. Der Abend konnte beginnen...

Teufelskreis (Alligatoah FF Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt