Diese bekloppten Gedanken

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Nach nur wenigen Stunden Schlaf, klingelte Elli's Wecker. Auch einige WhatsApp Nachrichten blinkten auf ihrem Handy, auf. Es waren Nachrichten von Sarah, die wissen wollte, wie die Party war und auch Nachrichten von Steven, der sich erkundigte, ob Elli gut nach Hause gekommen war. Zum dritten ploppte eine Nachricht von Martin auf, die Elli verriet, dass er in spätestens drei Stunden zu Hause wäre.
Elli freute sich, was schnell wieder verflog, als sie die Wäsche waschen wollte. Neben ihren nassen Klamotten vom Vorabend, blitzte auch der Pullover von Lukas in der Dreckwäsche hervor. Unterbewusst schnupperte sie an dem Pulli, der durch die Nässe etwas modrig roch, trotzdem kamen noch einige Nuancen von Lukas' Duft hervor. Er roch wahnsinnig gut. Erschrocken von sich selber, warf sie den Pullover in die Ecke und ging ins Bad. Eine Ladung kaltes Wasser im Gesicht, würde sie bestimmt wieder zur Besinnung bringen. Sie betrachtete sich im Spiegel, während sie ihr Gesicht trocken rubbelte. "Was ist mit mir los?", fragte sie sich laut. Auch das Gespräch mit dem Alleine Sein, ging ihr nicht aus dem Kopf. Hatte Lukas vielleicht Recht und alle Beziehungen standen nur auf dem Pfeiler, des nicht alleine Seins? Elli war restlos irritiert und machte sich immer mehr Gedanken. Tatsächlich war sie wirklich nie alleine. Wenn sie nicht gerade von Martin oder Sarah umgeben war, hatte Elli immer noch Kundenkontakt oder in letzter Zeit den regen Kontakt mit den Jungs. Liebte sie Martin wirklich? Immer mehr Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Schon alleine das war für Elli nicht normal. Eigentlich lebte sie immer gedankenlos in den Tag hinein und seit der Einladung mit dem Klassentreffen, hatte sie sich gewaltig geändert. Oder lag es doch daran, dass Martin nun nur noch unregelmäßig zu Hause war? Elli überforderte die Situation. So versuchte sie sich mit Hausarbeiten abzulenken, was ihr am Anfang auch gelang. Doch spätestens beim Wäsche aufhängen, wanderten die Blicke wieder auf Lukas' Pullover und alles fing wieder an zu arbeiten in ihrem Kopf.
Gut, dass Martin gleich nach Hause kommen würde. Schon nachdem sie einen Gedanken daran verschwedete, nahm sie einen lauten Diesel Motor auf der Straße wahr. Tatsächlich war es Martin, der mit seinem weißen Transporter auf der Straße ein parkte. Elli empfand eine Mischung aus "Juhu" und "Mhhh". Sie wusste einfach nicht, was mit ihr los war. Doch als er die Wohnungstür hinein kam, war die Freude doch größer, als erwartet. Als sie sich innig küssten, waren Elli's beängstigenden Gedanken wie weggeblasen.
Vielleicht lag das ganze Gefühlschaos doch nur daran, dass sich Martin und sie nur unregelmäßig sahen.
"Nach Spanien müssen wir Mal in den Urlaub!", sagte er, als er gebannt von seiner letzten Tour redete. "Was hast du die letzten Tage so angestellt?", fragte er nun Elli und aus irgendeinem Grund, erzählte sie ihm alles, bis auf das Abgrillen. Wahrscheinlich war das eine innere Schutzfunktionen von ihr, um Martin nicht Eifersüchtig zu machen. Natürlich war es nicht in Ordnung, den schönsten Tag, den sie in der Woche hatte zu verheimlichen, doch trotzdem tat sie es. Da Martin weder auf Facebook und auf sonstigen sozialen Netzwerken unterwegs war, konnte er auch keine Bilder, des gestrigen Abends sehen, sodass Elli's Schweigen nicht auffallen würde.
Doch als er auf dem Wäscheständer, nach frischer Wäsche ausschau hielt, da aber enttäuscht wurde, weil alles noch nass war, kam Elli nun doch in Erklärnot. "Was ist das denn für ein Pullover?", fragte Martin, dem eigentlich nie auffiel, wenn irgendetwas neues im Haushalt rumschwirrte. Um Zeit für eine Ausrede zu gewinnen, tat Elli so, als hätte sie ihn nicht verstanden, sodass Martin seine Frage wiederholte: "Woher haste den Pullover?"
"Ähm..., Den hat sie Post gestern gebracht, habe ich mir gegönnt. Finde die Band ganz gut und der Winter kommt ja auch bald.", sagte sie. Wieso log sie ihn an? Wollte Elli dem Eifersuchtsdrama aus dem Weg gehen? Oder war da was anderes? So richtig konnte sich Elli auch nicht erklären, was gerade in ihr vorging. "Den kannst du aber nicht auf Arbeit anziehen!", sagte Martin und völligst abwesend stimmte Elli zu.
Klar da hatte er Recht, denn normalerweise kaufte Elli nur Kleidung passend für Arbeit, also passend für den gefühlt ganzen Tag. Die anderen Sachen, die sie privat trug, waren schon, teilweise, Jahre alt. Doch in ihren Augen waren die Sachen noch vollkommen in Ordnung. Denn über Mode, machte sie sich keine Gedanken.
In den nächsten Stunden wurde Elli schwächer, scheinbar brütete sie eine Erkältung aus, wahrscheinlich war diese dem Vorabend geschuldet. Martin kümmerte sich liebevoll um sie, kochte Suppe und Tee und brachte ihr alles was sie brauchte. Plötzlich waren alle Gedanken und Zweifel, die Elli am Morgen hatte, wie weggeblasen. Elli stempelte diesen Tag als kurios ab und wusste nun wieder genau, dass sie die letzten sechs Jahre Beziehung nichts falsch gemacht hat. Auch hatte sie wieder gelernt, wieso sie Martin so liebte. Er war immer für sie da, auch wenn er tausend Kilometer weit weg war, konnte ihn Elli immer anrufen und über die Arbeit oder andere Dinge, ihr Herz ausschütten.
Am nächsten Tag ging es ihr so schlecht, dass sie sich nicht in der Lage fühlte, arbeiten zu gehen. Zum ersten mal nach drei Jahren meldete sie sich bei ihr auf Arbeit krank. Elli lag im Bett und Martin kümmerte sich immer noch um sie, obwohl er dringend einige Tage frei brauchte. Den ganzen Tag fuhr er stundenlang auf verschiedenen Autobahnen umher, schleppte schwere Pakete in irgendwelche Lager und musste auf einer Matratze im Laderaum des Transporters schlafen. Er hatte sich die vier freien Tage mehr als verdient, doch nun kümmerte er sich in Elli, anstatt sie zusammen irgendetwas unternahmen und das alles nur, weil sich Elli amüsierte, was Martin nicht wusste. Alle Umstände waren dafür verantwortlich, dass es Elli noch schlechter ging.
"Geh doch mal zu deinen Jungs und erlebe etwas anderes, als ständig die Autobahn. Ich komme schon klar hier!", sagte Elli zu Martin, als er ihr den gefühlten zehnten Tee ans Bett brachte. "Nein, dir geht's schlecht, also bin ich für dich da!", sagte er grinsend und Elli fühlte sich sehr geschmeichelt. "Ach mach schon, muss ja nicht lange sein! Ihr habt euch Monate nicht gesehen!", sagte sie. Nach ein wenig hin und her, konnte sie ihn überzeugen. Sie freute sich, dass er auch was schönes in seiner freien Zeit erleben würde.
Die Zeit, die Elli alleine war, nutzte sie erneut um sich Gedanken zu machen. Diese bekloppten Gedanken...
Allerdings war sie sich nun sicher, dass sie Martin liebte und nicht mit ihm zusammen war, aus Angst davor alleine zu sein. Sie schwor sich, ab jetzt nicht mehr so viele Gedanken zu machen und auch Martin oder Sarah nichts davon zu erzählen. Doch die Lüge mit dem Pulli wollte sie aufrecht erhalten. Hoffentlich verplappert sie sich nicht irgendwann und alles fliegt auf. Sollte Sarah jemals davon Wind bekommen, würde sie dicht halten, denn die große Freundschaft zwischen ihr und Martin, herrschte nicht. Außerdem war sie Elli's beste Freundin und da behält man Geheimnisse nun Mal für sich. So sagt es das Gesetz.
Die letzten Tage waren sehr aufreibend, doch würde nicht lange Ruhe in Elli's Leben herrschen. Das konnte sie allerdings nicht ahnen.
Die nächsten Tage, die Martin noch zu Hause verbrachte, waren sehr idyllisch und intensiv, wie schon lange nicht mehr, sodass der nächste Abschied schmerzlicher war, als je zuvor...

Teufelskreis (Alligatoah FF Fanfiction)Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang