Ernste Worte

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Nach nur zwei Stunden Schlaf, wurde Elli unsanft geweckt. Die Klingel läutete im Dauerton, als hätte sie jemand verkantet. Was für ein toller Start in den Tag. Elli hob den Hörer von der Gegensprechanlage und brüllte im groben, aber dennoch verschlafenen Ton: "Sag Mal geht's noch?", hinein.
"Elli, Elli, bitte mach auf!", Hörte die die Stimme sagen. Es war Sarah, die ziemlich aufgeregt wirkte. Sie drückte den Türöffner und wartete, in ihrem Schlafanzug, bis Sarah in der dritten Etage ankam. "Sag Mal geht's noch? So ein Sturmklingeln... Was ist denn passiert?", fragte Elli genervt, als Sarah den letzten Absatz zu der Wohnung erklomm. Nach einigen Verschnaufern konnte sie nun ihr Problem mitteilen: "Guck Mal bitte, wie ich aussehe! Ich kriege dieses beschissene Kunstblut nicht ab!" Eigentlich wollte Elli gerade los pöbeln, wieso Sarah wegen so ner Kleinigkeit, so einen Terror machte, doch dann schaute sie in Sarah's Gesicht und brach in lauten Lachen aus. Ihr Mund war völligst rot, als hätte ein Kind Nudeln mit Tomatensoße gegessen. "Das ist garnicht witzig!", sagte Sarah verzweifelt, als sie sich vor dem großen Spiegel in Elli's Flur anschaute und wild versuchte die Farbe aus ihrem Gesicht zu wischen.
Nachdem sich Elli beruhigt hatte, holte sie eine Packung Baby Feuchttücher und hoffte, dass Sarah damit Erfolg hat. Es ging tatsächlich einiges weg, doch immer noch lag ein roter Schleier auf Sarah's Haut.
Plötzlich schaute Sarah, Elli und Gesicht und fing nun auch an zu lachen: "Du hast ja genau die selben Probleme, wie ich!" "Häh? Was hab ich? Ich war doch grün geschminkt!", klärte sie Sarah auf und beide schauten sich wortlos an, bis Sarah fragte: "Wie kommt dann die rote Farbe auf deine Stirn?" Elli überprüfte am Badspiegel, welcher wesentlich besser beleuchtet war, als der Flurspiegel, ihr Gesicht und tatsächlich waren zwei rote Flecke auf ihrer Stirn. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, dass es nur von Lukas Schmatzer kommen kann. Er hatte, wie auch Sarah, Kunstblut in den Mundwinkeln. "Ich weiß auch nicht, wie es dahin kommt...", sagte Elli stotternt. Sarah erkannte sofort, dass es eine Lüge war, die ihr, ihre Freundin auftischte. "Verarsch mich doch nicht! Du weißt genau, wo du das her hast. Nun sag schon!", forderte Sarah sie aufdringlich auf. Elli reagierte im ersten Moment nicht darauf und versuchte sich grob die blutige Stelle abzuwischen. Sarah drehte Elli, mit einem beherzten Griff an ihre Schulter, zu sich um und sagte: "Nun sag schon... Was ist passiert, als du mich zu Hause raus gelassen hast? Du musst das doch irgendwo her haben... Ich dachte wir sind beste Freundinnen und erzählen uns alles... Wen du mir das nicht erzählst, bin ich ganz schön enttäuscht."
"Willst nen Kaffee? Dann erzähle ich dir alles.", fragte Elli und Sarah stimmte zu, während sie flott in das Wohnzimmer lief und ihren Lieblingsplatz auf Elli's Sofa blockierte. Die Tasse Kaffee fand ihren Platz auf dem Wohnzimmertisch und Sarah setzte sich im Schneidersitz hin, um den Worten Elli's zu lauschen.
"Nachdem ich dich gestern nach Hause gefahren habe, habe ich Tim und Basti in Köpenick abgesetzt und dann hat Lukas vorgeschlagen, sich den Sonnenaufgang anzugucken. Gesagt, getan. Dann haben wir geredet und er hat mir seine Probleme erzählt und naja am Ende hat er mir ein Knutscher auf die Stirn gegeben... Das war's eigentlich schon.", erklärte Elli. Sarah schüttelte den Kopf und konnte nicht glauben, was sie hörte: "Seit wann versteht ihr euch so gut? Kannst du dich an das Konzert erinnern? Ihr seit euch fast an die Gurgel gesprungen!" Elli verteidigte Lukas sofort: "Ja wir hatten halt nen doofen Start. Er ist eigentlich ganz anders, als er da war. Seitdem er mit im Krankenhaus bei den Kindern war, ist zwischen uns alles gut." Sarah nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und versuchte Elli die Augen zu öffnen: "Merkst du eigentlich, was hier gerade passiert?" Da Elli verneinte, redete Sarah weiter: "Du bist gerade dabei, dich an einem anderen Mann anzunähern." Elli war sprachlos, riss ihre großen braunen Augen auf und wurde laut: "Sag Mal spinnst du? Ich hab Lukas vielleicht sechs Mal gesehen. Er hat lediglich sein Herz ausgeschüttet und wir haben eine einzige Gemeinsamkeit gefunden und zwar die Liebe zu den kranken Kindern. Du willst mir doch nicht wirklich sagen, dass ich mich neu verliebe?" Sarah war geschockt von dieser Reaktion. So laut hatte sie Elli noch nie erlebt. Klar war sie schon öfter schlecht gelaunt oder fluchte über andere Leute, aber Sarah hatte sie noch nie so angefaucht.
"Elli, Mensch, so war das doch nicht gemeint. Aber ein wenig komisch finde ich das schon alles. Du hast dich so verändert, seitdem Martin den neuen Job hat und kaum noch zu Hause ist. Du lässt keine Einladung von den Jungs aus. Normalerweise magst du es nicht, mit neuen Leuten abzuhängen und nun gehst du auf Feiern mit ihnen." Elli realisierte, dass Sarah in gewisser Art und Weise Recht hatte, versuchte sich aber wieder raus zu reden: "Was heißt fremd? Ich kenne Steven ewig, dass ich da auch Mal zu einer Feier gehe, ist nicht verwerflich." Ein weiterer großer Schluck Kaffee floss in Sarah's Rachen und wieder fand sie Worte, die Elli zum Nachdenken brachten. Eigentlich war sie gedankenlos eingeschlafen, doch wegen irgendwelchen billigen Kunstblut, was sich nicht abwaschen ließ, kamen nun doch die blöden Gedanken zurück.
"Ach bitte, du kennst Steven zwar lange, aber es gibt immer Gründe, wieso man sich aus den Augen verliert. Plötzlich ist er wieder da und dein Leben steht auf den Kopf. Wieso habt ihr euch nicht vorher wieder gesucht, wen ihr euch so wichtig wart? Mensch Elli, mach die Augen auf! Du nimmst Urlaub, wegen einer Halloween Party, das wäre vor einem Jahr nicht denkbar gewesen. Du fährst quer durch die Stadt um Taxi zu spielen und dabei meidest du das Autofahren so weit es geht. Und das schlimmste ist, du belügst Martin, wegen dem Pullover und verschweigst ihm jede Party, auf die du gehst... Was meinst du wie lange das noch gut gehen soll? Du fährst gerade deine langjährige, eigentlich dachte ich glückliche, Beziehung an die Wand. Wenn ihr euch trennt, dann hast du nix mehr. Keine Wohnung, keine Möbel, kein Auto."
Diese Worte trafen Elli hart, sodass sie im Bad verschwand. Flucht war immer ihre Spezialität. Anders konnte sie sich selten aus Situationen befreien. Sie hockte sich auf den Fußboden, angelehnt an die Badewanne und begann zu weinen. Hatte Sarah Recht? Elli wollte das nicht wahr haben. Sie würde sich nie in Lukas verlieben, denn dazu war es nicht ihr Typ. Das in letzter Zeit, nicht alles normal lief, war Elli bewusst, auch, dass sie Martin anlog, war mehr als falsch. Warum sagte Sarah sowas? Elli wollte nur einmal das Leben so leben, wie es andere in ihrem Alter verbringen. Mit 22 Jahren feierten andere die Nacht durch, doch seitdem Elli in Berlin war, hatte sie noch nie etwas von dem Nachtleben mitbekommen. Wieso verstand Sarah das nicht? Elli hörte Fußstapfen, die in Richtung Bad kamen. Es klopfte leise an und Sarah sagte: "Sei doch nicht böse! Wenn du reden willst, Ruf mich an." Elli sagte kein Wort und Sarah zog die Wohnungstür hinter sich zu, trotzdem blieb Elli noch eine Weile im Bad hocken, um die letzten Minuten zu verdauen. Sie wusste, dass Sarah auch teilweise Recht hatte und dadurch, dass die letzten Partys immer in eine falsche Richtung gingen, zog sie für sich einen Entschluss...

Teufelskreis (Alligatoah FF Fanfiction)Where stories live. Discover now