RAUM 12

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╝ RAUM 12 ╔
❝Zum Verarbeiten❞

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ROE FÜHLTE SICH gut. Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit waren ihre Muskeln entspannt. Keine Stresshormone durchfluteten ihren Körper. Kein Adrenalin putschte sie auf. Gemächlich kehrte ihr Bewusstsein aus dem ruhigen, dunklen Loch zurück. Während sie sich noch in einem dämmrigen Zustand befand, begannen ihre Augenlider zu flackern. Wärme floss durch ihre Glieder, als sie mit ihren Händen den Untergrund verschlafen abtastete.

"Roe?", erklang Seans Stimme fern. Sanft schlug sie ihre Augen auf und betrachtete die weiße Decke über ihr. Sie gähnte ausgiebig und richtete sich gelassen auf. "Roe! Mein Gott, geht es dir gut?"

Ihr Blick fiel auf Sean, der auf sie zulief und sich zu ihr hinhockte. Er war vollkommen außer sich. Panisch ergriff er ihre Hände. Seine Finger fühlten sich ungewöhnlich kalt an. Verwirrt zog sie ihre Augenbrauen zusammen. Diese Hektik stand ihm überhaupt nicht gut.

"Ja", antwortete Roe wage und zog das Wort unsicher in die Länge. Langsam versuchte sie sich zu erinnern, was vorgefallen war. Die Geschehnisse fühlten sich fern und fremd an. Alles schien so unreal wie ein Traum zu sein. Trotzdem wurde ihr schlecht, als sie an das Blut zurückdachte. "Was ist passiert?"

"Gott, so viel. So viel ist passiert, Roe", er ließ ihre Hände los und rieb sich das Gesicht. "Ich bin einfach nur froh, dass du aufgewacht bist. Ich habe dich hier bewusstlos aufgefunden. Das war vor zwei Stunden. Ich dachte inzwischen, du würdest nicht mehr zu dir kommen." Roe stutzte. Das war unmöglich.

"Was? Zwei Stunden?", fragte sie ungläubig. Ihr fiel auf, dass sie sich gar nicht daran erinnern konnte, wie sie hierhergekommen war. Sie fühlte sich ungeheuerlich verwirrt.

"Ganz genau. Wir alle sitzen seit zwei Stunden in diesem Raum." Er schüttelte den Kopf und ein dunkler Schatten legte sich über sein Gesicht. "Du hast einiges verpasst, Roe." Neugierig begann sie sich umzusehen. Einige Leute saßen in sich zusammengesunken auf dem Boden und starrten ins Nichts. Andere lagen regungslos herum und hatten weit aufgerissene Augen. Sogar Caesar und Wolvie wirkten alles andere als fit. Mit leeren Blicken lehnten sie an der Wand und flüsterten heiser miteinander. Ihre Münder bewegten sich kaum und Roe konnte kein Wort verstehen. Nicht weit von ihnen lag Molly, die ihr Gesicht gegen das Glas lehnte. Thalia neben ihr hatte ihren Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete emotionslos die Decke. Sogar Pluto blickte bitterernst drein.

"Sind wir in der 11 oder schon in der 12?", wollte Roe wissen und kratzte sich ratlos am Kopf.

"Raum 12. Deine Verwirrung erstaunt mich nicht", gab er berechnend zu. "Im vorherigen hat jeder etwas anderes gesehen. Niemand hat dasselbe wie man selbst erlebt. Aber eines haben die verschiedenen Versionen der Geschehnisse alle gemeinsam: Sie sind absolut grausam und traumatisierend. Wie speziell auf die eigene Person zugeschnittene Albträume. Wolvie bezeichnet es als Feuerprobe. Jeder hat etwas Prägendes gesehen. Ein schicksalhaftes Erlebnis, womit man nur schwer umgehen kann. Die größten und persönlichsten Ängste. All das, was einen tief im Inneren verletzlich macht."

Entropie | ✓Where stories live. Discover now