34: Wertvoller als gedacht

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Als wir am Hafen ankamen, stiegen wir aus und beeilten uns, um aufs Schiff zu kommen. Ohne Umwege gingen wir zum Zimmer der Jungs. Ich schmiss mich auf eins der Betten und seufzte. Es war heute zwar nicht so viel passiert, wie an manchen anderen Tagen, aber trotzdem hatte mich das alles ziemlich fertig gemacht.

"Nicht schlafen, Alex!", sagte Luca. "Wir müssen das Rätsel lösen!"
"Ich träume von der Lösung", murmelte ich und schloss die Augen.
"Pft, wer's glaubt. Du träumst bestimmt von Leo."
"Und der hat was mit dem Rätsel zu tun." Ich blinzelte hoch und er verschränkte seine Arme.
"Touché." Ich grinste ihn an und auch er begann zu schmunzeln.
"Hat dein Onkel nichts weiter dazu gesagt?", fragte Flavia an Leo gerichtet.
"Nope."
"Aber er muss doch irgendetwas erklärt haben!"
"Nope."
"Ach, komm schon!", sagte sie und warf die Arme in die Luft. "Du hast es bestimmt nur nicht verstanden."
"Na hör mal!", schnaubte er und schüttelte den Kopf. Ich beobachtete ihn dabei, wie er sich mir nährte und sich dann auf der Bettkante neben mir niederließ.

"Also wenn wir davon ausgehen, dass Leos Tattoo etwas damit zu tun hat, dann können wir glaub ich mit Sicherheit sagen, dass wir Orte aus dem Rätsel herausfinden müssen", überlegte Teresa. Ihr schien es wirklich deutlich besser zu gehen, seit sie eben mit Christian den Neustart gewagt hatte. Man spürte einfach, dass es zwischen ihnen nicht mehr so verkrampft und komisch zuging, wie die letzten Tage.
"Na dann, zeig uns das Tattoo, Leo", grinste Flavia. Sofort richtete ich mich auf und hielt eine Hand hoch.
"Wow! Ganz langsam!", sagte ich und sah Flavia ernst an. "Sein Onkel sagte, er wäre das Ende der Lösung, also werden wir das Tattoo noch nicht brauchen."
"Sieh an", grinste sie und hob beide Augenbrauen. "Sie will nicht, dass wir ihren Leo oben ohne sehen."
"Flavia!", zischte Teresa und schlug ihr kräftig gegen den Arm.
"Hey, kein Grund gleich handgreiflich zu werden", verdrehte sie die Augen.
"Ist doch nichts dabei", zuckte Leo mit den Schultern und sah mich an. Dabei studierte er meine Mimik. "Am Pool liege ich doch auch ohne T-Shirt." Ich senkte meinen Blick und seufzte.
"Es ist ja auch nicht das...aber wir wären auf einer falschen Spur. Wir sollten wirklich zunächst das Rätsel auf dem Papier lösen. Ich mein, du hast jahrelang nichts besonderes auf deinem Tattoo entdeckt und wenn es dein Onkel gestochen hat, dann muss er ja wissen, was er im Bezug dazu sagt." Vorsichtig sah ich auf und meine Auge trafen auf Leos. Er sah mich genau an und ich wusste, dass er etwas bemerkt hatte.

"Na ja, wenn man es so sieht, hat Alex natürlich recht", warf Christian ein und Flavia stöhnte nur genervt auf.
"Ja ja ja! Ihr Klugscheißer!"
"Ganz ruhig, Brauner", grinste Teresa sie an.
"Können wir kurz raus?", fragte Leo dann an mich gerichtet. Überrascht sah ich ihn an, nickte aber sofort. Wir erhoben uns vom Bett und gingen zur Tür. "Wir sind gleich zurück", meinte Leo und trat hinaus auf den Flur. Ich wollte schon zum anderen Zimmer gehen, doch er griff nach meiner Hand.
"Wohin willst du dann?", fragte ich verwirrt nach.
"Vertrau mir", sagte er bloß und zog mich mit sich. Wir nahmen den Aufzug und fuhren bis ganz nach oben. Dabei wechselten wir kein einziges Wort. Es war recht still, auch weil kaum Passagiere auf dem Schiff waren, da wir früher zurückgekehrt waren und wir morgen auch noch in LA sein würden, weswegen man nicht pünktlich zur Abfahrt da sein musste.

Oben angekommen, stiegen wir aus dem Aufzug aus und ich folgte Leo. Wir blieben auf der Höhe der Joggingstrecke stehen. Leo hielt sich am Geländer fest und sah auf den Hafen. Über uns kreischten ein paar Möwen und die Sonne schien uns auf den Rücken, was sich wirklich angenehm anfühlte.
"Was ist los?", fragte ich nach einer Weile, da ich diese Stille nicht mehr aushielt. Ich stand neben ihm und berührte leicht seine Hand, die sich fest ums Geländer krampfte. Er schloss für einen Moment die Augen. Ein paar Mal atmete er tief durch, bis er seinen Kopf leicht zu mir drehte und mir direkt in die Augen sah.
"Mein Tattoo", sagte er leise und ich runzelte meine Stirn. Ich verstand nicht ganz, worauf er nun hinauswollte. "Ich dachte immer, es hätte eine ganz einfache Bedeutung." Leicht weiteten sich meine Augen und ich schüttelte den Kopf.
"Leo...du musst nicht-" Doch er redete einfach weiter.
"Nie hat mein Onkel mir etwas anderes erzählt. Immer gab es nur diesen einen Grund." Seine Augen waren zwar immer noch direkt auf meine gerichtet, doch ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass er mich ansah. Es kam mir so vor, als würde er durch mich durchsehen und irgendwelche Bilder von früher vor seinen Augen abspielen.

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