Kapitel 25

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Ich hatte mich in die Decke eingemummelt, zeigte nur noch meinen Kopf. Die Beine waren an meinen Körper gezogen. Mir war nicht kalt, eigentlich sogar zu warm aber ich wollte diesen sicheren Platz nicht verlassen. Darunter fühlte ich mich wohl, hatte seinen Geruch in meiner Nase, den ich wirklich sehr mochte. Mein Körper hatte diesen Jungen nicht vergessen. Seine Stimme, seinen Duft, sein Lächeln, seine Blicke. Nichts hatte mein Körper vergessen und reagierte dementsprechend auf meinen Nebenmann, der gerade an seinem Handy beschäftigt war.

Elias war mein Freund. Das musste ich erst einmal begreifen. Dieser hübsche Einundzwanzigjährige war nicht nur irgendein Freund von mir gewesen, sondern hatte eine Beziehung mit mir geführt. Eine Beziehung, die ihm noch immer sehr wichtig zu sein schien. Zumindest machte er den Eindruck auf mich. Er hatte so viele Andeutungen gemacht aber die letzten Sätze hatten mir die Augen geöffnet. Ich hatte die letzten Tage meine Zeit mit meinem festen Freund verbracht, ohne das überhaupt zu wissen.

Jetzt verstand ich auch, warum er keine Berührungsängste hatte und es ihm nichts ausgemacht hatte, als unsere Gesichter so nah beieinander waren. Wir waren uns in der Vergangenheit schon sehr nah gewesen, hatten uns geküsst und womöglich schon nackt gesehen. Er kannte mich nicht so gut, weil wir richtig gute Freunde waren. Elias konnte mich verstehen und nach meinen Reaktionen handeln, weil er mein Geliebter gewesen war.

Eine Beziehung, die vor fast zwei Jahren auseinander gerissen worden war. Er musste furchtbar verletzt und enttäuscht gewesen sein. Wahrscheinlich war er sogar sauer auf mich gewesen, bevor er den Hintergrund meines Verschwindens kannte.

Jetzt war ich neugierig. Ich wollte wissen, warum er sich so viel Mühe gab. Mich interessierte unsere Beziehung und wie wir unsere Tage außerhalb der Schule verbracht hatten. Hatte er nach unserem abrupten Ende eine andere Freundin gehabt? Ob er sich neu verliebt hatte?

Ich zog seine Aufmerksamkeit auf mich, als ich mich noch kleiner unter Decke machte. Elias sah, wie ich die Lippen aufeinander presste. Hätte ich einen Spiegel vor mir stehen gehabt, hätte ich die roten Wangen sehen können, die glasigen Augen. Mein Körper reagierte erneut auf meine Gedanken, brachte Verlegenheit hervor.

„Was ist los, Caro?"

„Ich drehe nur ein bisschen durch", gab ich flüsternd zu. In meinem Kopf formten sich neue Fragen und ich hatte dieses Bild vor mir, wie Elias mich küsste. Aber ich sah nicht unser jüngeres Ich, sondern unser jetziges Ich. Das machte mich verrückt. Ich fühlte mich in diesem Gefühlschaos verloren, vollkommen hilflos.

„Wieso? Habe ich etwas falsches gesagt?"

„Nein, du hast..." Meine Wangen erhitzten sich noch mehr. „Du hast mir nur verraten, was uns beide miteinander verbindet." Ich sah schüchtern in sein Gesicht. Er begriff es sofort und kämpfte jetzt selbst mit seiner eigenen Röte. Es stand ihm. Das Rot machte ihn noch attraktiver.

„Entschuldige, das... Ich... Oh scheiße..." Elias fuhr sich mit den Fingern durch sein schwarzes Haar und sah verlegen unter sich. „Tut mir leid, ich wusste nicht... Ich war mir unsicher, ob ich es dir erzählen soll und wenn ja, wie. Du siehst nur den Fremden in mir, keinen Freund." Er knetete unruhig seine Hände, wagte verunsichert einen Blick zu mir. In seinen Augen war ein Wirrwarr aus Gefühlen zu erkennen, wenn man nur genau hinschaute.

„Ich wünschte, ich könnte mich erinnern", hauchte ich traurig.

Für eine Weile blieb es ruhig. Ich versuchte meine Fragen in die hinterste Ecke meines Gehirns zu verbannen und dort wegzusperren. Elias und ich waren kein Paar mehr. Wir waren nicht einmal mehr Freunde, weil er, wie er selbst sagte, für mich nur ein Fremder war. Er würde in ein paar Tagen genug von mir haben und den Kontakt zu mir abbrechen. Warum sollte er sich auch die Mühe machen und Zeit mit mir verbringen, wenn ich mich ohnehin nicht erinnern konnte?

„Weißt du was?", hob er schließlich seine Stimme. „Wir gehen morgen aus."

„Was?"

„Ich liebe dieses was von dir", schmunzelte Elias, dann schaute er mich entschlossen an. „Du. Ich. Ein Date. Morgen." Er zeigte nacheinander auf uns, grinste mich nach seinen Worten offen an. Das war eine beschlossene Sache, sah ich ihm an. Da gab es nichts dran zu ändern.

Daran wollte ich nichts ändern.

Verlust #catalyst500Where stories live. Discover now