Kapitel 1

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-Chloes Sicht-

Ich guckte gelangweilt auf die tickenden Zeiger und wartete darauf endlich aus der Klasse zu stürmen. Mit dem Geräusch der Klingel, legte sich automatisch ein Lächeln auf meine Lippen, bevor ich als erste den Klassenraum verließ.

Meine Freunde wussten, warum ich so aufgeregt war. Heute war ein ganz besonderer Tag. Heute würde die Theater AG die Rollen vergeben in dem Stück, das wir aufführen wollten. Diesmal wollte ich die Hauptdarstellerin spielen, da mir ihre Rolle unfassbar gut gefiel.

Ich betrat den Raum, in dem wir uns immer trafen und sah, dass kaum einer hier saß. Zufrieden setzte ich mich auf einen Platz und unterhielt mich ein bisschen mit den anderen über die Sommerferien, da wir erst seit einigen Tagen wieder Schule hatten.

Die Sommerferien waren gut verlaufen, die heißen Tage hatten mich jeden Tag eingehüllt, sodass ich ständig am strahlen war und gute Laune gehabt hatte. Und auch die langen Abende waren immer wieder schöne Erlebnisse gewesen. Es waren also die perfekten Ferien zum Ausruhen, bevor ich mich nun auf eine Hauptrolle einließ.

Unsere Lehrerin betrat den Raum und lächelte uns alle an. Meine Stimmung wurde noch besser und ich hatte große Hoffnungen darin gesetzt, dass ich die Rolle kriegen würde. Wir hatten gestern bereits die Probe gehabt und ich musste zugeben, dass ich wirklich starke Konkurrentinnen hatte.

Frau Mainer holte die Liste aus ihrer Tasche und nervös rutschte ich auf meinem Stuhl herum. Bevor sie jedoch die Rollenverteilung vorlesen konnte, ging die Tür erneut auf.

Ich hätte jeden erwartet, jeden außer ihn. Verwirrt sah ich zu Kilian und vermutete, dass er gleich wieder gehen würde, weil er sich verlaufen hatte.

„Ach Kilian! Setz dich bitte." Frau Mainer deutete auf einen Stuhl in der Reihe vor mir und ich bemerkte, wie die Mädchen anfingen zu tuscheln.

Kilian sah sich kurz um, bis sein Blick auf mir landete und ich ihn wie gelähmt ansah. Doch Sekunden später richtete er seinen Blick wieder auf die Lehrerin und ich atmete erleichtert aus.

Ich löste meinen Blick von ihm und sah zu Frau Mainer, die mich lächelnd ansah, bevor sie verkündete, dass ich die Rolle bekommen hatte.

Der andere Hauptdarsteller war zu meinem Verwundern Kilian. Ich hatte ihn gestern gar nicht bei den Proben gesehen, aber ich war auch schon ziemlich früh wieder gegangen.

Anschließend bekam jeder noch seinen ganzen Text und wir gingen die letzten Fragen durch.

Zum Schluss mussten Kilian und ich nach vorne, um die erste Szene zu üben. Natürlich las jeder von seinem Text ab, aber anscheinend wollte Frau Mainer wissen, wie wir zwei zusammen harmonieren würden.

Ganz ehrlich, das konnte doch nur schief gehen. Wir waren das komplette Gegenteil. Da ich aber nicht direkt am ersten Tag schlechte Laune verbreiten wollte, stellte ich mich gegenüber von Kilian, der mich kurz musterte. Er sah so aus, als wenn er gar nicht hier sein wollen würde.

„Wo ist dein Buch?", flüsterte ich ihm zu und erntete einen seiner kalten Blicke.

„Ich kann den Text auswendig. Können wir dann anfangen, oder willst du mir noch mehr Fragen stellen?"

Ich schlug die Seite seufzend auf und ging einen Schritt auf Kilian zu, bevor ich anfing meinen Text aufzusagen.

„Manchmal denke ich, du bist genau das, was ich brauche. Aber dann wärst du sicher nicht in so einer schlechten Zeit in mein Leben getreten, oder? Es geht gar nicht unpassender. Und trotzdem tauchst du auf und verlangst von mir, dass wir alles riskieren sollen. Dass ich meine Liebe für dich riskieren soll. Und ich weiß bereits jetzt, dass es mit uns beiden niemals klappen wird."

„Aber woher willst du das wissen, meine Liebe?" Kilian nahm meine Hand in seine. „Wir sind noch so jung. Wir haben ein ganzes Leben vor uns. Warum sollte ich die Zeit damit verschwenden mir Sorgen zu machen? Sollte man sein Leben nicht genießen? Sollten wir unsere gemeinsame Zeit nicht genießen? Du weißt genau, dass du nie wieder so jemanden, wie mich finden wirst. Und ich werde nie wieder, so ein Mädchen, wie dich finden. Warum also sollten wir all das wegwerfen?" Ich blickte ihn sprachlos an und blinzelte ein paar Mal, bevor ich realisierte, dass ich wieder an der Reihe war.

„Ganz genau, wir sind doch noch so jung. Was ist, wenn das mit uns nicht für immer ist? Was ist, wenn ich mir all den Ärger umsonst mache und du dann am Ende nicht bleibst?" Ich sah hoch zu Kilian, in seine braunen Augen. Unfassbar, wie gut er seine Emotionen kontrollieren konnte.

„Selbst wenn das mit uns nicht für immer sein sollte, dann gehen wir beide zwar auseinander und doch werde ich sagen können, dass es die schönste Zeit meines Lebens war. Genau das möchte ich nicht verlieren. Warum also sollte wir es nicht riskieren? Denn das, was zählt, ist die Gegenwart. Es ist genau dieser Moment zwischen uns beiden. Genau jetzt. Merkst du das denn nicht? Sowas kann man nicht aufgeben. Sowas ist viel zu wertvoll." Kilians Augen glitzerten mich an. Er strahlte förmlich unter den Lichtern der Bühne und machte mich damit kurz sprachlos.

„Aber, was ist, wenn ich meine jetzige Beziehung nicht dafür aufgeben möchte? Vielleicht ist sie auch zu wertvoll, um sie einfach wegzuwerfen."

„Bist du überhaupt glücklich? Lächelst du, wenn du an ihn denkst? Freust du dich, wenn er da ist? Denn all das tue ich bei dir. Also sag mir, tust du es auch bei deinem Freund?"

„Nein", erwidere ich. „Aber sollte ich es deswegen aufgeben?"

Kilian kam einen Schritt auf mich zu, seine Nähe haute mich für ein paar Sekunden aus der Bahn. „Das kannst nur du entscheiden."

„Das stimmt nicht. Meine Eltern wollen es doch unbedingt. Ich werde sie enttäuschen, wenn ich die Beziehung beende. Das weißt du ganz genau."

„Du lebst aber nicht für deine Eltern", antwortete Kilian und schaute mich mit einem Lächeln im Gesicht an. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. „Und wenn du nicht endlich das tust, was du möchtest, dann wird sich das nie ändern. Dann wirst du immer nur für deine Eltern leben. Möchtest du das?"

Ich schaute bedrückt auf meine Hände und schüttelte den Kopf. „Nein", erwiderte ich, als ich wieder zu Kilian sah.

Ein Klatschen riss mich aus meinen Gedanken und ich drehte den Kopf zu meiner Lehrerin. „Fantastisch! Das war wirklich unglaublich."

Ich lächelte leicht, da ich noch immer etwas verwundert wegen Kilian war. Kurz sah ich zu ihm rüber und konnte erkennen, dass sein Gesicht so monoton, wie vor ein paar Minuten war. Als wenn nichts passiert wäre.

Als wir beide uns dann wieder auf unsere Plätze setzten, atmete ich erneut die Luft aus. Mein Blick ging wieder einmal zu Kilian und ich musterte ihn neugierig. Er fuhr sich durch seine braunen Haare und schaute herunter auf sein Handy.

Wie konnte jemand, der so ein Arsch war, doch trotzdem so unfassbare Emotionen zeigen?

Wieso tauchte er hier so plötzlich auf?

Und wieso konnte er schon den ganzen Text auswendig?

Was war das bloß für ein verrückter Kerl?

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Hey Leute! Willkommen zu meiner zweiten Geschichte :)

Ich hoffe sehr, dass euch die Geschichte gefallen wird

Bei Rechtschreibfehlern, könnt ihr mich gerne darüber informieren. Danke ☺️

KilianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt