~8~ Mehr als Kollegen

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Da ich nicht wirklich schlafen konnte und jetzt schon um halb sechs Uhr morgens aufstehen muss, bin ich unglaublich müde. Dennoch bin ich irgend wie froh, denn ich bin mir sicher, dass ich Jed vertrauen kann. Und das ist ein riesen Fortschritt für mich.

Im Make-Up-Trailer angekommen wünscht mir Steffi einen guten Morgen. Schnell sind alle Dinge rausgeholt und ordentlich auf die Arbeitsplatte gereiht.
Und schon höre ich, wie die Tür aufgeht. Jed, Graham und Richard, ich meine Ric, kommen gut gelaunt rein und setzten sich in ihre Stühle.
Als ich sie bemerke, wende ich mich dem Kiwi zu. ,,Guten Morgen, Leonora." lachte er mich an. Ich nicke bloß und beginne mit der Arbeit.

,,Wollen wir gleich gemeinsam frühstücken?" fragt mich Jed hoffnungsvoll. Zu meinem eigenen Überraschen nicke ich augenblicklich. Das Grinsen des Kiwis wird unglaublich breit und er strahlt freudig. ,,Jed, wie hast du es bloß geschafft, dass sie dir vertraut?" will Graham beeindruckt wissen. ,,Ich habe nicht die leiseste Ahnung." gibt Jed zu und zuckt mit den Schultern.

Gemeinsam mit dem Neuseeländer setzte ich mich an den Tisch und löffel mein Müsli. ,,Hey Jed. Meinst du, ich darf mich auch hier her setze?" Höre ich auf einmal Rics Stimme. ,,Das musst du Leonora fragen." erwidert sein Freund. Und schon werde ich abgetippt. Ich schaue auf und blicke wieder direkt in Rics stahlblaue Augen. ,,Darf ich mich zu euch setzten?" fragt er erneut, dieses mal mich. Hm... Er hat mir gestern vertraut, als er sich mir anvertraut hat. Und er hat meine ehrliche Antwort geschätzt. Warum also sollte ich ihm nicht vertrauen? Also gut.
So nicke ich und schon sitzt der Brite bei uns am Tisch. ,,Danke." lächelt er mich an.

,,Ich glaube, ich habe dir noch nie gesagt, dass ich echt beeindruckt von deiner Arbeit bin. Du lässt mich wie ein echter Zwerg aussehen." grinst Jed.
'Nein, hast du noch nicht. Danke dafür'
Den Zettel klebe ich an Jeds Schüssel.
,,Ach übrigens. Heute soll doch Sylvester kommen, oder?" geht Ric plötzlich ein Licht auf. Jed lacht laut auf. ,,Du verwechselst auch immer alles, oder Ric? Der soll morgen kommen." ,,Oops." Och nö, oder?! Jetzt hab ich mich schon mit den fünfzehn Männern abgefunden und jetzt soll noch einer kommen?
'Wer soll das sein?' will ich direkt wissen. ,,Er wird Radagast den Braunen spielen. Ein netter, alter Mann." erklärt Jed lachend.
Ach so. Der ist alt. Das dürfte dann ja irgend wie klappen.

Der Tag verläuft gut. Und ich meine gut, denn zum ersten mal fühle ich mich toll! Ich habe zwei Männern, denen ich vertraue, dreizehn weitere, die ich auch nett finde und... Okay, dass hört sich in meinen Gedanken echt befremdlich an.
Leonora, die Männer nicht mag, schlechte Erfahrungen mit ihnen hat und eigentlich auch nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte, hat was mit Männern zu schaffen. Freiwillig!!
Aber es tut auf eine gewisse Art und Weise echt gut.

Beim Mittag- und Abendessen sitzen Jed und Ric wieder bei mir. Die beiden unterhalten sich köstlich und was ich am meisten schätze, ist, dass sie dabei die ganze Zeit in meine Richtung gucken. Sie lassen mich an ihrem Gespräch Teil haben und das freut mich. Denn das zeigt mir, dass ich ihnen nicht egal bin. Aber irgend wie habe ich ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen, weil die beiden nicht mehr bei ihren Freunden sitzen und sich mir ihnen unterhalten können, da sie ja bei mir sitzen. Einem Mädchen, dass nicht sprechen kann, bzw. nicht will.
'Ist es auch wirklich okay für euch, bei mir zu sitzen? Ich meine, dann könnt ihr euch ja gar nicht mehr mit euren Freunden unterhalten.'
Schreibe ich mein Bedenken auf und pappe die Haftnotiz an Rics Tellerrand.

,,Natürlich ist das okay! Immerhin haben wir uns das so ausgesucht. Außerdem haben wir genug Zeit mit ihnen zu quatschen, wenn wir drehen." lacht der Brite mich aufmunternd an. ,,Und zudem unterhalten wir uns ja gerade mit einem Freund. Oder was meinst du, Ric?" wirft der Kiwi ein. Ich kanns nicht glauben! Hat er gerade wirklich gesagt, dass ich ein Freund bin?!
,,Klar bist du unsere Freundin, Leonora. Was hast du denn gedacht." stimmt Richard Jed breit grinsend zu.

Ich habe mich also nicht verhört! Diese beiden Männer sehen mich als ihre Freundin an! Ich kannst nicht fassen! Das ist... Das ist toll!
'Und ihr seid meine Freunde.'
Nach endlosen zwölf Jahren habe ich wieder Freunde! Und dann auch noch Männer! Es war definitiv eine gute Entscheidung, mich hier zu bewerben. Endlich geht mein.leben wieder bergauf!!

Stilles LebenWhere stories live. Discover now