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POV Hunter

Harper war nach Stunden schweigen, in meinen Armen eingeschlafen. Sie war so verzweifelt wegen Taylor, dass sie nicht aufstehen wollte. Auch wenn ich sonst so emotionslos und kalt war, verletzte mich ihr Anblick. Sie wirkte so verletzlich und angreifbar, wie meine kleine Schwester, die vor drei Jahren gestalkt, belästigt und sogar vergewaltigt wurde. Es belastete sie so sehr, dass sie sich umgebracht hatte, was mir einfach nur das Herz gebrochen hatte und damit keiner bemerkte wie verletzlich ich eigentlich war, wurde ich zu dem Menschen, der ich heute war. Ich hatte mich vor allen verschlossen und wurde zu einem emotionslosen Arsch. Ja, ich wusste selbst, dass ich ein Arsch war und auch dass ich Mädchen, nachdem was mit meiner Schwester war, nicht so behandeln sollte. Aber irgendwie hatte ich mich so entwickelt, ich war definitiv nicht stolz drauf. Aber wieder zurück zu Harper und Taylor. Taylor hatte mich gebeten auf sie aufzupassen und mich um sie zu kümmern, bis er wieder da war. Ich würde einfach alles für Taylor machen, ich kannte ihn schon mein Leben lang und er war der Einzige, der mir nach dem Selbstmord meiner Schwester geholfen hatte mich wieder aufzubauen, mein Vater hatte uns schon verlassen, als sie noch ein Baby war und meine Mutter bekam Depressionen und hat sich komplett in sich gekehrt. Ohne ihn wäre ich jetzt wahrscheinlich in irgendeiner Entzugsklinik, im Knast oder selbst tot. Aber weshalb ich Harper natürlich auch half, war, dass ich nicht wollte, dass noch einem Mädchen sowas passierte, wie meiner Schwester. Denn so wie sie es mir erzählt hatte, war Taylor im Moment ihr einziger Anhaltspunkt, klar hatte sie noch Felix, aber zwischen Freundschaft und Liebe lagen Welten. Ihr Leben war echt nicht schön, die Sache mit ihren Brüdern, ihre tote Mutter und dass ihr Vater nicht wirklich oft zuhause war, belastete sie sehr. Verständlich irgendwie. Hoffentlich passierte Taylor einfach nichts, sodass ihr Leben wieder ein bisschen besser werden würde.

Nachdem wir noch etwas länger auf dem Boden saßen, hob ich sie hoch und trug sie im Brautstyle nach oben in Taylors und, auch ab sofort, ihr Zimmer. Ich legte sie ins Bett, verließ leise das Zimmer und ging die Treppe wieder nach unten ins Wohnzimmer.
"Was habt ihr so lange gemacht? Man hat nichts von euch gehört.", fragte Carter ruhig.
"Sie wollte nicht aufstehen, weil sie warten wollte, bis Taylor kommt. Also hab ich mich neben sie gesetzt und mit ihr schweigend gewartet." Carter schaute auf seine Handyuhr und schaute mich dann wieder an.
"Du willst mir gerade erklären, dass ihr fünf Stunden schweigend vor der Haustür gesessen habt."
"Ja, genau." Er schaute mich ungläubig an, akzeptierte es aber einfach.
"Carter, wie sieht es eigentlich mit Taylor aus? Denkst du wirklich, dass er es schafft?"
"Ganz ehrlich? Keine Ahnung. Er wollte sich eigentlich relativ schnell melden und hat sich bis jetzt immer noch nicht gemeldet.", seufzte er und fuhr sich unsicher durch die Haare.
"Wurde er schlimm angeschossen?"
"Als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, hatte er nur eine Schusswunde am Bein. Aber ob noch was dazu gekommen ist, weiß ich nicht.", antwortete er und machte Anführungszeichen in die Luft, als er 'nur' sagte. Etwa eine halbe Minute später, wollte ich etwas sagen, aber genau in dem Moment klingelte Carters Handy und er zeigte mit seinem Finger, dass ich kurz warten solle.
"Ja?"

"..."

"Ja, ich bin Carter King. Um was geht es?"

"..."

"Taylor ist im Krankenhaus?"

"..."

"Ich komme umgehend, ich bin in etwa einer halben Stunde da."

"..."

"Tschüß."
Taylor war also nicht tot, noch nicht. Aber die Hoffnung wurde auf jeden Fall größer.
"Taylor ist im Krankenhaus?", fragte ich um mich nochmal zu vergewissern.
"Ja, in einem Krankenhaus etwa 100 km entfernt von hier. Ich fahre jetzt los. Fährst du mit oder wartest du, dass Harper aufwacht und dann kommt ihr beide nach?", fragte er und stand auf.
"100 km? Wie willst du das in einer halben Stunde schaffen?"
"Mit dem richtigen Auto, geht das. Also was machst du jetzt?"
"Ich gehe mit, aber wir können es Harper nicht antun, sie jetzt hier zu lassen. Sie saß fünf Stunden auf dem Fußboden, nur um auf ihn zu warten, wenn wir sie jetzt hier lassen, fühlt sie sich von uns hintergangen.", erklärte ich Carter und stand ebenfalls auf.
"Okay. Dann geh hoch und hol sie.", seufzte er und forderte mich mit einer Handbewegung auf nach oben zu gehen. Ich nickte und verließ schnellen Schrittes das Wohnzimmer. Bei Harper angekommen hob ich sie vorsichtig wieder aus dem Bett raus und lief, sie im Brautstyle tragend, nach unten.
"Willst du sie nicht wecken?", fragte Carter verwirrt.
"Nein, wir wecken sie, wenn wir da sind." Carter nickte und drehte sich zur Haustür um. Ich folgte ihm, draußen am Auto angekommen, setzte ich die schlafende Harper auf die Rückbank, schnallte sie an und setzte mich anschließend neben Carter auf den Beifahrersitz. Augenblicklich fuhr er los, dann hofften wir mal, dass es Taylor gut ging.

Life against Brothers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt