Kapitel 7 - Tränenloser Abschied

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Kapitel 7 - Tränenloser Abschied

Als ich aufwachte lag ich in einem Auto. Wie zum Teufel war ich hier hergekommen?! Panisch blickte ich mich um. Dieses Auto war mir komplett Fremd, auch die Gerüche, bis auf einen: Johnsons.
Ich musste, nachdem der Kampf zu Ende war, eingeschlafen sein und dann hatten sie mich angezogen auf die Rückbank des Autos gelegt. Zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern was nach meiner Rückverwandlung passiert war. Ein Merkwürdiges Gefühl. Oder bin ich von der vielen Anstrengung auch Ohnmächtig geworden? Halt Stop! Sie haben mich angezogen?! Die röte stieg mir wieder ins Gesicht, teils aus Charme, teils aus Wut. Ich trug ein zu langes T-Shirt in Blau und schwarze zumindest für Männer eine kurze Hose. Na toll... beim laufen würde ich wohl die Hose verlieren. Hatten sie keine Frauen im Rudel? Am besten gewöhnte ich mich jetzt gleich schon daran, öfters mich vor wildfremden Männern zu entblößen, wenn ihr ganzes Rudel wohl aus ihnen bestand. Ein Haufen Werwolf-Typen. Hoffentlich konnten sie sich mit ihren dummen Sprüchen zurückhalten. 

Ich rappelte mich auf, meine Gelenke schmerzten. Nein alles schmerzte mich. Jede noch so kleine Bewegung, doch die Wunden von dem Kampf waren fast vollständig verheilt.

Sobald ich mich aufgerappelt hatte schaute ich mir zuerst meine Umgebung durch das Autofenster an, nur um festzustellen, dass wir vor dem Haus meiner Eltern gehalten haben! Woher wussten sie wo ich wohnte? Hatte ich womöglich im Schlaf geredet? Unmöglich sie mussten Tim gefragt haben. Oder kannte Johnson meinen Vater? Niemand sonst war mit mir im Auto und die Türen waren auch nicht verschlossen. Also öffnete ich sie und eine kalte Brise erfrischte meine viel zu erhitzte Haut. Ich stand wacklig auf den Beinen und musste mich sofort an der Autotür festhalten um nicht umzukippen. Ich zitterte am ganzen Körper. Die letzten Tage waren sehr anstrengend gewesen, vielleicht sollte ich etwas langsamer machen. Nachdem ich mir sicher war, dass ich den weg zu meinem womöglich nun alten zu Hause schaffen würde; atmete ich ein letztes mal tief ein. Ich konnte riechen, dass unser Nachbar Thomas Waffeln backte. Früher als ich klein war hatte ich immer mit seiner Tochter Luisa gespielt. Sie war in meinem Alter gewesen und er hatte oft für uns welche gebacken. Sie schmeckten einfach herrlich, aber dann gab es vor 2 Jahren diesen Autounfall und seine Frau verunglückte mit Luisa zusammen. Seitdem hatte ich ihn nie wieder Waffeln backen sehen.
Zurück zum Thema - ich schleppte mich also weiter zu unsrer Haustür und nahm den Ersatzschlüssel hinter dem Blumentopf hervor und schloss auf. Augenblicklich verstummten die Stimmen, die sich zuvor noch angeregt unterhielten. „Wer ist das?" hörte ich Paul sagen.
"Lucy wir sind im Wohnzimmer." sprach mich mein Vater an. Er wusste ich konnte ihn hören selbst wenn er geflüstert hätte, also rief er nicht so laut wie er es früher immer getan hätte. Ich konnte mir wohl nur vorstellen, wie sauer er sein musste, doch wie immer wirkte er wie die Ruhe selbst. Nie zeigte er es wenn er sich zu sehr aufregte. Er zog sich dann immer in sein Arbeitszimmer zurück und verschloss die Tür. Manchmal hörte man dann etwas gegen eine Wand fliegen aber dann wurde es immer toten still. 
Ich machte mich auf alles gefasst und lief mit schweren Schritten ins Wohnzimmer. Sie hatten sich alle auf die Couch gesetzt. Nur mein Vater stand da und blickte Johnson in die Augen. „Wo ist Mama?" fragte ich. Er schaute nur kurz zu mir hoch und sein Blick verursachte mir eine Gänsehaut. Noch nie hatte er so enttäuscht und kühl gewirkt. Schnell senkte ich meinen Blick und schaute zu Johnson, doch er starrte nur in die Luft. „In der Stadt. Ich hab sie weggeschickt." „Ich hätte da auch eine Frage." mischte sich Johnson nun ein und seine Aufmerksamkeit richtete sich auf mich. „Warum bist du nicht im Wagen und wartest auf uns, wenn du schon wach bist? Wir holen nur schnell deine Sachen hier ab. Oder möchtest du wieder davon laufen? Dein Vater hat uns schon von den Schwierigkeiten die du ihm bereitet hast erzählt." Ich lachte abrupt auf, nicht darauf bedacht was es für Auswirkungen haben könnte. „Warum sollte ich Seelenruhig im Auto auf euch warten?" ich schaute ihn herausfordernd an. „Weil wir dich geweckt hätten wenn wir dich gebraucht hätten." „Ich bitte dich! Ich bin ein freier Mensch und das ist mein zu Hause. Ich kann hingehen wohin ich-" „Falsch!" unterbrach er mich sofort und sprang auf. Wie redete er denn bitte mit mir? „Du bist kein Mensch mehr, sondern ein Wolf! Und als Wolf gelten andere Gesetze und Regeln. Das mag neu für dich sein, deswegen gewöhn dich besser gleich daran. Aber allzu lange werde ich nicht mehr Nachsichtig mit dir sein. Das hier - er breitete die Arme aus - ist nicht länger dein zu Hause. Du kommst mit uns mit und wirst teil des Rudels. Und darüber kannst du dich glücklich schätzen Neuling. Das wir dich als Mischling einfach so aufnehmen." „Achja? Müssen tut ihr nichts und ich auch nicht! Ersparen tu ich euch das auch sicherlich gerne. Wenn ich hier nicht erwünscht bin, werde ich meinen eigenen Weg gehen. Auch wenn es bedeutet mir ein neues zu Hause suchen zu müssen!" ich wollte mich schon zum gehen wenden da ertönte leise und bedrohlich seine Stimme erneut. Er betonte jedes Wort ganz langsam und einzeln. „Du wirst nicht gehen. Setz dich auf die Couch." Alles in mir sträubte sich ihm zu gehorchen, aber ich war zu schwach um mein widersetzen umzusetzen, zumindest vorerst. Noch bevor ich die Haustür hätte erreichen können hätte mich Johnson sowieso schon aufgehalten. Also setzte ich mich widerwillig auf die Couch und starrte ihn Finster an. „Da wir nun geklärt haben, dass du nicht gehst und mit zu uns kommst, wo waren wir stehen geblieben?" Er machte eine kleine Dramatische Pause und spielt vor, dass er ernsthaft darüber nachdenken musste. *So böse war es nicht gemeint* ertönte seine Stimme plötzlich erneut in meinem Kopf. Nachdem es ihm offensichtlich wieder eingefallen war fuhr er fort als wäre nichts vorgefallen. Meinte er das ernst? Wieso sagte er das nicht laut? „Genau, wie konnten Sie Lucy einfach so lange nichts von unsrer Existenz erzählen? Wegen ihnen müssen wir drei Jahre Training und Vorbereitung nachholen! Wie stellen Sie sich das vor? Wir nehmen Lucy einfach mit in ein Rudel voller Wölfe, ohne zu wissen, wie sie sich zu verhalten hat oder Kontrolle über ihr handeln zu haben? Unsere Lehrer werden nicht sehr begeistert sein davon zu hören, auch wenn unser Rudel ihnen noch einen gefallen schuldig ist."
„Ich kann sie aber nicht hierbehalten und ihr selbst alles beibringen. Sie ist eine Gefahr für die Gesellschaft und könnte unsre Existenz auffliegen lassen. Ich will gar nicht wissen was in den letzten paar Stunden passiert ist oder wo sie überhaupt war." "Ja diese landen dann meist als Streuner und werden von den Huntern des Rates früher oder später aufgespürt und..." Johnson verstummte bei seiner Antwort und blickte mich an ohne den Kopf zu mir zudrehen. Er schien auf einmal besorgt, als ob ihm jetzt die Situation erst so richtig bewusst werden würde. 

Wolfsblut (I) | WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt