Kapitel 14 ❀ involontaire

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LOUIS - ANTOINE

„Es klingt schon so, als hättest du ein anderes Mädchen kennengelernt und würdest dieses am liebsten zur Frau nehmen, oder irre ich mich?", führte sie ihre Antwort fort.

An ihrer Stimmlage konnte ich ganz klar erkennen, dass sie so gar nicht da mit einverstanden war. Schließlich war Marie Brienne in ihren Augen perfekt, um den Platz neben mir einzunehmen, und wenn ich tatsächlich Aliénor vorschlagen würde, würde sie sicherlich fragen, warum ich gerade die ausgewählt hatte. Wir hatten uns den ganzen Abend noch kein einziges Mal unterhalten, geschweige denn gesehen.

„Natürlich nicht, Mutter", log ich und schüttelte mit dem Kopf. „Ich hatte bloß überlegt."

„Du sollst nicht überlegen, mein Sohn, du sollst handeln!", erwiderte sie ungeduldig. „Marie Brienne ist hübsch, intelligent, gebildet, verantwortungsbewusst und höflich. Zudem versteht ihr euch blendend. Wo liegt dann das Problem?"
Ich erwiderte nichts und seufzte schließlich. „Sie haben Recht."

„Na, siehst du, Louis-Antoine", meinte sie lächelnd und nahm meine Hand. Doch es war keine liebevolle Geste; ich wusste, dass sie es aus rein manipulativen Natur tat. „Glaub' mir. Deine Cousine ist das beste für dich und dein Land." Zufrieden erhob sie sich und begab sich zur Tür, ehe sie sich nochmal zu mir umdrehte: „Ich werde den Eltern Marie Briennes nun darüber berichten."

„Ich bitte darum", murmelte ich eher zu mir als zu ihr und wartete bis sie die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
Erschöpft stieß ich Luft aus und schaute an die spärliche geschmückte Decke des Zimmers. Ich hatte keine Lust, mich jetzt in den Saal zu begeben.

Die Verlobung würde so oder so erst am Ende des Balles bekannt gegeben werden. Somit erhob ich mich ächzend, streckte meine Arme, ehe ich mich aufrichtete und die Tür auf der anderen Seite des Raumes als Ausweg auswählte. Dieser führte auf den Gang, durch den ich eben noch in den Saal getreten war.

Hier war es leer, die Musik war nur leise zu vernehmen und ich entschloss mich, etwas in Richtung Osten zu gehen. Wie alt mochte dieses Schloss wohl sein? Ob Aliénor hier viele glückliche Stunden verbracht hatte? Ihr Leben erschien mir wie im Märchen. Unbeschwert, zusammen mit der engsten Familie, ruhig.

„Comte Lorenzo seid Ihr es?"

Ich verharrte augenblicklich in meiner Position, kaum das die wunderschön ausgesprochenen Worte an mein Ohr gelangt waren.

Betend, dass ich nicht allzu sehr zitterte, drehte ich mich zu ihr um. Als ich sie schließlich erblickte, rutschte mir mein Herz in die Hose. Ihre Schönheit ließ meine Knie weich, und mein Mund wurde augenblicklich trocken werden, als mein Blick über das weiße, kunstvoll bestickte Kleid, welche sich sanft an Aliénors Körper schmiegte, streifte. Auf ihren Lippen prangte dazu ein überglückliches Lächeln und ihre blonden Haare fielen wie Engelslocken über ihre Schultern.

Ich kam mir schrecklich vor, ausgerechnet sie mit so einer kindischen Sache, die mir so einige Probleme ersparen würde, wenn ich sie von Anfang an unterlassen hätte, angelogen zu haben und immer noch anzulügen. 

„Endlich treffe ich Euch, Comte Lorenzo", erwiderte sie lächelnd und ihre Augen strahlten vor Freude. Nach wie vor bekam ich keinen Ton heraus und starrte ihre Erscheinung an. Wohl etwas verunsichert, verschränkte sie die Hände ineinander.

„Ich dachte schon, ich treffe Euch gar nicht mehr. Wollen wir vielleicht zusammen tanzen? Ich würde Euch danach auch so gern meinen Eltern vorstellen." Als ich immer noch nichts sagte, bemerkte sie, dass etwas nicht zu stimmen schien und ihr Lächeln verschwand.

„Stimmt etwas nicht?", fragte sie darauf besorgt nach und trat einen Schritt auf mich zu. „Wieso wart Ihr nicht auf dem Ball? Ich habe Euch gesucht."

„Unannehmlichkeiten", gab ich knapp von mir, doch ich trat keinen Schritt zurück. Diese Ausrede hatte ich heute schon zu oft benutzt. Verwundert blickte sie mich an, ehe ich ohne nachzudenken entgegnete: „A-Aber wenn Ihr wünscht, tanze ich mit E-Euch... sehr gern' sogar..."
Am liebsten hätte ich mich selbst geschlagen für diese dumme Idee. Wenn sie mitten auf der Tanzfläche bemerken würde, wer ich war, würde das ihr sicherlich noch weniger nützen. Doch wie hätte ich ihr einen Tanz abschlagen können?

„Das freut mich." Ihr eben verblasster Gesichtsausdruck kehrte wieder in ihr Gesicht und ich hielt ihr meine Hand hin, sodass sie sie nehmen konnte.



MARIE BRIENNE

„Ist das nicht wundervoll, Brienne? Deine Schwester und dein Verlobter tanzen miteinander. Sie scheinen sich sogar zu verstehen!"

Augenblicklich riss mich meine Mutter mit dieser Bemerkung aus meinen Tagträumen von meinem zukünftigen Leben in Versailles. Meine Augen suchten blitzschnell die Tanzfläche ab, bevor ich sie recht genau in der Mitte einen Wiener Walzer tanzen sah.

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass unser Kaiser eine Braut gefunden hat", hörte ich zwei schnatternde Mädchen sagen, die an uns vorbeigingen und zog irritiert die Stirn kraus.

Wann war sie denn mit ihm bekannt geworden? Nun gut, die beiden kannten sich wahrscheinlich noch aus Kindertagen und Louis-Antoine hatte sie mitleidshalber aufgefordert – doch Aliénor schien sich schon wieder prächtig zu amüsieren, indem sie redete. Gott, war das schon wieder peinlich. Sie würde wahrscheinlich niemals verstehen, dass es sich nicht gehörte während eines Tanzes zu sprechen.

„Na, wenn selbst unsere Aliénor ihn anscheinend so nett findet, dass sie ihm einen Tanz schenkt, wird er schon eine passende Partie sein", überlegte Papa weiter laut, worauf Maman gleich mit einen bösen Blick quittierte: „Er ist die beste, die eine Prinzessin überhaupt erhalten kann. Außerdem ist es doch so oder so eine beschlossene Sache, Louis."

Mein Blick wanderte weiterhin im Saal umher. An einer anderen Stelle entdeckte ich Charles mit meiner Schwägerin und einige Meter weiter diesen Soldaten Rafael. Aha – er sah seiner Geliebten sogar lächelnd zu.

Wieso tat er das? Müsste er nicht eifersüchtig sein, dieser feurige Spanier? Oder gaukelte er Aliénor vor, dem Kaiser voll und ganz unterlegen zu sein? Er war ein Ausländer, wieso erkannte sie die Gefahr nicht?



ALIÉNOR

„Ich muss mit Euch sprechen..." war der erste Satz, den Lorenzo mit mir sprach. Sonst hatte er nur mit „Ja" oder „Nein" oder „Wie recht Ihr habt" geantwortet, und ein Mal hatte er sogar ganz kurz geschmunzelt. „Natürlich, was liegt Euch auf dem Herzen?", erwiderte ich heiter und lächelte sanft, da er etwas verklemmt wirkte.

Der Tanz war wirklich schön. Abgesehen davon, dass ich diesen neuen Wiener Walzer vergötterte, konnte Lorenzo sehr guten führen und sich ebenso gut bewegen. Seine Führungsqualitäten waren dabei sogar besser als Rafaels, da dieser etwas stärker zugriff und der italienische Comte mir mehr Freiraum ließ.

„Nicht hier. Allein", erklärte er etwas außer Atem, da wir uns sehr schnell durch den Raum bewegt hatten und uns erst jetzt einige Sekunden Ruhe gönnten.
„Aber natürlich", entgegnete ich verständnisvoll und biss mir, als wir wieder an Tempo zulegten, geschmeichelt auf die Unterlippe.

Tatsächlich sollte ich mich eigentlich nicht so freuen, da ich gerade erst Rafael wieder in die Arme geschlossen hatte, aber ich konnte nicht verhindern, mich auf die alleinige Unterredung zu freuen.






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Übersetzungen

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( TITEL ) Unbeabsichtigt

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PRINCESS OF ROSES  ᵗᵉⁱˡ ᵉⁱⁿˢजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें