Kapitel 13 ❀ valse et pourparlers

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RAFAEL

Vorsichtig löste ich mich von ihren Lippen, bevor ich meine Augen öffnete und in die Hellblauen meiner eben wiedergewonnenen Liebsten schaute.

Wie lange hatte ich gewartet, sie wieder zu küssen und bei mir haben zu können? Ich liebte sie noch genauso sehr wie damals, als wir trotz unseres Altersunterschieds von fünf Jahren eine glückliche, wenn auch verbotene und äußerst kurze Beziehung von zwei Wochen geführt hatten.

Lächelnd verschränkte ich unsere Finger ineinander. „Das hat mir so sehr gefehlt."

„Aliénor? Aliénor? Bist du hier draußen?", hörte ich eine weibliche Stimme und blickte in Richtung Terasse. Auch die eben angesprochene wandte ihren Blick ab. „Ja, das bin ich!", rief sie zurück. „Warte, ich komme!" Und schon nahm sie mich an die Hand und zerrte sich mit sich.

„Warte, wohin gehen wir und wer war das?", fragte ich verdutzt nach, während ich fast über die Stufen stolperte. „Das ist Florentina, die Prinzessin von Neapel, die Gemahlin von Charles, und wir gehen jetzt tanzen", erwiderte sie gutgelaunt.
„Tanzen? Aber ich muss doch–"

„Wieso nicht? Damals war es doch auch immer in Ordnung, wenn wir zusammen Zeit verbracht haben, nicht? Außerdem bist du jetzt sogar der Kommandant der kaiserlichen Leibgarde und kein einfacher Soldat mehr, vergessen?", sagte sie grinsend, als wir die Stufen zur Terrasse hinaufgingen und an den Wachen vorbei den Ballsaal betraten.
Schmunzelnd seufzte ich in Gedanken verloren auf, während ich ihr zusah, wie sie graziös über den Tanzboden ging und mich zu ihrem Bruder und einem dunkelhaarigen Mädchen führte, das ich als Florentina wieder erkannte.

„Guten Tag, Rafael", begrüßte diese mich und ich konnte ihren leichten italienischen Akzent heraushören. Wie ich sprach sie kein perfektes Französisch. Jedoch schätzte ich ihre Fähigkeiten natürlich um einiges höher.

„Den wünsche ich Euch auch, Prinzessin. Schön, Euch wieder zusehen", ich verbeugte mich kurz ohne Aliénors Hand loszulassen. Diese sah uns verwirrt an. „Ihr kennt Euch?"

„Wir trafen uns doch damals hier im Schloss als ich während des Bürgerkrieges in Neapel hier war", erklärte die Italienerin Aliénor, die sich wohl erst nun wieder daran erinnern konnte, und lächelte mir zu.

„Daran kann selbst ich mich noch sehr gut erinnern", meldete sich Aliénors älterer Bruder Charles zu Wort und sah mich misstrauisch an.

Ich wusste ganz genau, dass er mich nicht mochte. Seitdem ich mich damals mit 19 Jahren in seine 14 Jahre alte Schwester verliebt hatte, schien er mich ganz und gar nicht in seiner und schon gar nicht in der Nähe seiner Schwester haben zu wollen. Wahrscheinlich war er ein bisschen eifersüchtig auf mich und fand keinen Gefallen an meinem spanischen Temperament, wie Aliénor es immer ausgedrückt hatte.

Solange er nur nicht uns auseinander brachte, war aber alles gut – schließlich wollte ich keinen Konflikt mit einem Prinzen und zukünftigen Monarchen.

Auch, dass Florentina mich freundlich begrüßt hatte, schien ihm ein Dorn im Auge zu sein. Noch zu gut erinnerte ich mich daran, wie ärgerlich er schon vor ihrer Verlobung ausgesehen hatte, als er mich in der Nähe der Prinzessin gesehen hatte.

„Ach, genau, jetzt erinnere ich mich", erwiderte Aliénor und lachte. „Wir beide haben an dem Abend so viel getanzt, weißt du noch?" Daraufhin wandte sie sich zu mir und setzte ein strahlendes Lächeln auf: „Apropos Tanzen – möchtest du?"


ALIÉNOR

Als Rafael und ich auf der Tanzfläche erschienen, begann gerade ein ruhiger Walzer, und entspannt tanzte ich mit meinem Soldaten über das kompliziert angeordnete Parkett, während ich mich wie auf Wolke-Sieben fühlte. Mit ihm zu tanzen ließ mich die Welt um uns herum vollkommen vergessen – alles erschien mir so leicht.

PRINCESS OF ROSES  ᵗᵉⁱˡ ᵉⁱⁿˢWhere stories live. Discover now