Kapitel 7

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Kylan


"Die Kleine die gestern da war, war ja mal mega heiß." Grinsend schlug mir Alex auf den Rücken und sah mich augenbrauenwackelnd an. "Wie hast du es bitte geschafft die abzuschleppen, wenn du wie ein totaler Nerd aussiehst? Ich hätte gerne Tipps." "Tja, Alter. Ich hab eben etwas was du nicht hast." Grinsend erhob ich mich von dem Bürostuhl und sah auf ihn hinab. "Und das wäre?" "Keinen Mundgeruch." Ich klopfte ihm auf die Schulter und machte mich auf den Weg in die Aufnahmekabine während er mir alle möglichen Beleidigungen hinterher rief.

Gleich nach der Schule hatte Tony mich eingesammelt und war mit den restlichen Jungs und mir nach Seattle ins Studio gefahren. Nicht einmal umziehen hatte ich mich können. Wenigstens hatte Jordan etwas mitgedacht und mir ein paar meiner normalen Sachen mitgebracht. So konnte ich mich immerhin im Studio umziehen und musste nicht den ganzen restlichen Tag in diesen furchtbaren Klamotten rumrennen.

Ich musste herzhaft gähnen während ich mir die Kopfhörer aufsetzte. Dieses Doppelleben machte mich wirklich fertig.
"Du kannst, Kylan." Andrew, ein Kerl des Tonstudios der uns schon seit Anfang an begleitete, nickte mir zu und startete die Musik. Schon zum gefühlt hundertsten Mal nahm ich immer und immer wieder den gleichen Part auf. Keine Ahnung warum ich heute so unkonzentriert war. Vielleicht lag es einfach daran, dass ich komplett übermüdet war. Mir hatte es noch nie etwas ausgemacht lange wach zu bleiben, besonders seit dem wir immer bekannter wurden. Allerdings konnte ich sonst meistens am nächsten morgen dann ausschlafen oder mich irgendwann Mittags eine Runde aufs Ohr hauen. Und jetzt war es so, dass wir Abends entweder irgendwelche Interviews hatten oder aber wie jetzt stundenlang im Studio standen und an neuen Songs arbeiteten. Wir kamen immer erst weit nach Mitternacht wieder ins Bett und während die anderen Jungs am nächsten Morgen noch friedlich schliefen, musste ich zur Schule gehen.

Ungerechte Welt.

Tatsächlich hatte ich es nach drei weiteren Anläufen geschafft diesen einen verdammten Part einigermaßen auf die Reihe zu bekommen. Wahrscheinlich hatte Andrew einfach selbst keinen Bock mehr immer wieder das Gleiche zu hören und würde nachher den Schrott den ich fabriziert hatte irgendwie mit Autotune retten.

Kaum war ich aus der Kabine gekommen hatte Chris mir einen Energydrink in die Hand gedrückt und verkrümelte sich dann wieder zu Andrew an das Mischpult. Chris war der Älteste von uns, wenn auch nur mit kleinem Abstand, und warf immer ein Auge auf den Rest von uns. Er wusste genau wie fertig ich war und ich war ihm unglaublich dankbar, dass er mir die Dose mit dem süßen Gesöff abgetreten hatte.
Ich sah mich etwas in dem kleinen Raum um. Alex hatte sich auf einem mickrigen Sofa zusammengekauert und schlummerte friedlich vor sich hin. Unser Bodyguard Tony hatte nur Augen für sein Handy und Jordan saß mittlerweile mit seiner Gitarre in der Aufnahmekabine und übte vermutlich gerade sein Solo, das auch noch nicht so perfekt saß, wie es sollte.

Seufzend setzte ich mich auf den freien Drehstuhl neben Chris und blickte auf mein Handy. Es war kurz nach 23.00 Uhr und von hier bis nach Ellensburg würden wir locker noch knappe zwei Stunden fahren.
Frustriert nahm ich einen großen Schluck aus der Dose und setzte mir dann ein Paar Kopfhörer auf um zu sehen, was Andrew und Chris bis jetzt auf die Reihe bekommen hatten.

Gott im Himmel, ich will in mein Bett.

_ _ _ _

"Wie bist du noch an die Karten gekommen? Das Konzert war innerhalb von ein paar Minuten ausverkauft." Ich hatte meinen Kopf in meinem Spind vergraben und hörte nur gedämpft das Gespräch von Cassidy und ihrer kleinen Anhängerin, die total begeistert zu sein schien. "Mein Vater hat seine Kontakte in Seattle spielen lassen." "Ich kann nicht glauben, dass wir zu einem Konzert von ATA gehen!" Ich verdrehte die Augen. Na ganz tolle scheiße, die hatten mir gerade noch gefehlt. "Glaub es ruhig, Emilia. Und wenn ich es erst geschafft habe Kylan auf mich aufmerksam zu machen, wird er mir zu Füßen liegen." Träum weiter, Püppchen. Nie im Leben. Besonders demonstrativ knallte ich meine Spindtür zu und lief an den beiden vorbei.
"Na Nerd? Neidisch, dass niemals ein Mädchen auf dich stehen wird?" "An jemanden wie unseren Kylan wirst du nie ran kommen." Innerlich lachte ich auf. Ihr Kylan. Spätestens am Ende vom Schuljahr werde ich allen zeigen wer Liam tatsächlich ist. Mal schauen, wer sich dann über wen lustig macht.
Aber eigentlich ist es wirklich unfassbar, dass mich tatsächlich noch keiner erkannt hat. Klar, ich trug meine Haare anders, ich trug Kontaktlinsen und von meinen Klamotten wollten wir erst gar nicht anfangen. Keines meiner Tattoos war zu sehen und meinen Piercing hatte ich in der Schule auch nicht drin, aber trotzdem hatte ich noch immer die gleiche Haarfarbe und meine Gesichtszüge hatten sich auch nicht verändert. Schon traurig wie das Aussehen eines Menschen einen Einfluss auf andere hat. Wäre ich als Kylan in die Schule gekommen, wäre ich innerhalb von Minuten der beliebteste Junge der Schule. Als Liam bin ich mehr oder weniger das Gespött der Leute. Mein Charakter war ein und der selbe, nur machte sich niemand die Mühe das herauszufinden.
Niemand außer Alana.

Ich musste unwillkürlich lächeln als ich an das blonde Mädchen dachte. Sie war wirklich die Einzige die nicht auf mein Äußeres achtete und sich auch nicht von anderen beeinflussen ließ. Ich dachte immer wieder an ihre Worte. Dass sie vor kurzem auch nicht anders war. Dass sie erfahren musste, dass niemand perfekt war. Und dass sie nicht wollte, dass man sie für ihr Äußeres verurteilte.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie hat etwas erlebt, dass sie wirklich von Grund auf geändert hatte. Klar kannte ich sie früher nicht und hatte keine Ahnung wie sie mal war, aber wenn ich ihr Glauben schenken konnte, war sie nicht sonderlich anders als Cassidy.

"Liam!" Wenn man vom Teufel sprach. Ich konnte Alana blonde Mähne in der Menge ausmachen und wartete bis sie bei mir ankam. "Bitte sag mir, dass du heute Zeit hast und wir an dem Projekt weiter machen können." Fragend und zugleich irritiert lag mein Blick auf ihr. "Leslie und Molly wollen nachher nach Seattle shoppen gehen um für dieses bescheuerte Konzert nächste Woche was zum anziehen zu haben. Und sie wollen mich mitschleppen." Ich grinste. Bescheuert also. Sollte ich das persönlich nehmen? "Ich dachte Mädchen gehen gerne shoppen?" "Tu ich eigentlich auch. Aber wenn du mit zwei verrückten Fangirls unterwegs bist, die sich die ganze Zeit fragen was wohl ihre super tolle Band von dem Outfit hält, dann bekommst du irgendwann echt die Krise." Amüsiert blickte ich auf mein Handy und sah, dass ich nachher schon wieder ins Studio musste. "Tut mir leid, ich hab schon was vor. Aber ich bin auch in Seattle. Also wenn du es gar nicht mehr aushältst mit den beiden, dann melde dich bei mir und ich rette dich." Schmollend blickte sie mich an. "Versprochen?" Ich lachte.

"Hoch und heilig."

07

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07.12.2017
Tag 7 des Adventskalenders

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