22 - Weinachtsstress plus Zach..

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Ich wusste, dass es wohl kaum an meine Disney-Vorstellungen heranreichen würde, trotzdem konnte ich mein Lächeln nicht unterdrücken, als ich an den bevorstehenden Weihnachtsball dachte. Voller Vorfreude hastete ich durch die halbe Burg von den Musikräumen zu Sorcha, wo wir uns überlegen wollten, was wir anziehen würden. Als ich in ihr Zimmer platzte, sprang sie vom Schrank und landete leichtfüßig vor mir auf dem Boden, was mich überrascht nach hinten weichen ließ.

„Was hast du bitte auf deinem Schrank gemacht?", wollte ich wissen.

Sie zuckte mit ihren zierlichen Schultern. „Da oben kann ich besser nachdenken und gleichzeitig turnen."

Ich schüttelte nur den Kopf, schon längst hatte ich es aufgegeben, ihre kleinen Eigenarten zu hinterfragen. „Okay, wenn du meinst. Auch egal. Wir müssen uns langsam überlegen, was wir zum Ball anziehen."

Damit hatte ich sofort ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie klatschte geschäftig in ihre Hände.

„Ja, wir werden die schönsten Kleider tragen, die es hier überhaupt gibt."

Zweifelnd sah ich sie an. „Die anderen werden bestimmt nicht in Kartoffelsäcken ankommen."

Diesen Einwand wischte sie energisch beiseite. „Mach dir keine Sorgen, Madame de Fleuviez hat doch diesen Schatz von Kleiderschrank... Raum, wie man ihn auch nennen möchte."

Und so machten wir uns auf den Weg zur Modedesignerin der Burg. Offensichtlich waren wir nicht die einzigen, die auf diese Idee gekommen waren, denn im Vorraum, in dem normalerweise die ganzen Tische und Stoffbahren standen, tummelten sich schon etliche Mädchen, die darauf warteten, hineingelassen zu werden.

Fragend sah ich Sorcha an. „Seit wann leben so viele Leute in der Burg?"

Verächtlich starrte sie die Schar vor uns zu Grund und Boden.

„Die wohnen nicht hier. Zum Glück. Halten sich für was Besseres, nur weil sie naturgeboren sind. Aber für Klamotten sind wir dann wieder gut genug."

Etwas amüsiert über ihren Ausbruch antwortete ich: „Da ist aber jemand ganz aggressiv drauf."

Sie grinste leicht verlegen. „Die regen mich echt auf, stell dir einfach Liz vor und davon zwanzig Stück, ohne die dramatische Vorgeschichte."

Abgesehen von Penelope hatte ich nur ihr von meinen Visionen erzählt. Über meine Gründe dafür war ich mir nicht ganz klar. Vielleicht hatte ein egoistischer Teil von mir Angst, dass sie Mitleid mit ihr haben könnten, vielleicht wusste ich in Wahrheit auch, dass es nicht richtig wäre, so etwas weiter zu sagen. Vielleicht war es eine Mischung aus beidem.

Die Schlange rückte ein Stück nach vorne und ich fragte mich, wie viele Madame de Fleuviez wohl auf einmal hineinließ. Hatte sie sogar feste Zeiten, bis sie die Leute hinausschmiss? Es würde mich nicht wundern, denn andernfalls ständen wir uns noch bis zum nächsten Ball die Beinen in den Bauch. Anfangs hatte ich vorgehabt, mir selber ein Kleid zu designen, doch mit Entsetzen festgestellt, dass die Zeit dafür viel zu knapp war. Doch ich tröstete mich damit, dass kein Kleid von Madame de Fleuviez ein Kleid von der Stange sein würde.

Gisele, ein Mädchen, das auch in der AG für Modedesign war, sah mich und lächelte mir kurz zu, was sehr gezwungen aussah und eher an einer Grimasse grenzte, aber wenigstens giftete sie mich nicht mehr öffentlich an, so wie sie es früher getan hatte. Wie es sich so mit dem Anstellen so auf sich hatte, verging die Zeit viel langsamer als sonst. Viel früher als erwartet befanden wir uns schon auf dem Weg zurück ins Zimmer, doch nicht etwa mit zwei wunderschönen Ballkleidern, nein, der Anlass für unseren überstürzten Aufbruch war nicht ganz so schön. Denn Sorcha stürzte urplötzlich Hals über Kopf aus dem Gedränge und zog mich ohne eine weitere Erklärung hinter sich her.

My(stery) storyWhere stories live. Discover now