3| Hausverbot

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»Bist du Livian begegnet?«, fragt Nova und beißt von ihrem Burger ab. »Nein, außer die paar Blicke, die wir gewechselt haben«, sage ich schulterzuckend. Sie nickt mit vollem Mund und greift nach einer Pommes aus meinem Tablett. Reflexartig schlage ich ihre Hand weg, worauf sie die Pommes fallen lässt und führe sie mir dann in den Mund. »Mach das nie wieder.« Sie lacht nur und schüttelt belustigt den Kopf. »Wann kommt Aaron?« Ich zucke mit den Schultern und sehe mich im Burger King um. »Keine Ahnung«, murmle ich mit vollem Mund, da er nirgends zu sehen ist.

Wie aufs Stichwort geht die Tür des Eingangs auf und ein breit grinsender Aaron lässt den Blick auf die verschiedenen Tische gleiten, bis er auf uns fällt und in unsere Richtung zuläuft. »Ihr habt ohne mich angefangen zu essen?« Ungläubig starrt er auf unsere angebissenen Burger. »Jup«, sagen wir gleichzeitig und stecken uns provokant eine Pommes in den Mund. »Mach Platz, du Kürbiskopf«, murrt er und schubst Nova mit seiner Hüfte zur Seite, die dann von ihrem Stuhl fällt. Ich lasse meine Pommes sinken, ehe ich wie verrückt anfange zu lachen. Natürlich konnte ich mir dabei auch kein Grunzen verkneifen.

Aaron stimmt mit ein und zeigt lachend auf Nova, die übrigens immer noch auf dem Boden liegt und mit zusammengezogenen Augenbrauen abwechselnd zu uns sieht, ehe er auf den Tisch haut und sowas wie »ich piss mir gleich in die Hose« oder »die ist einfach wie ein Kartoffelsack gefallen« sagt. Nova schnaubt genervt auf, pustet sich die Strähnen von der Stirn und rafft sich auf, bevor sie Aaron noch einen kräftigen Klatscher auf den Kopf verpasst, was ihn sofort verstummen lässt. Weil ich aber so nett bin, lache ich trotzdem einfach weiter. »Ist ja gut, wir haben's verstanden.« Sie verdreht die Augen und greift nach einer Pommes aus ihrem Tablett und ehe ich reagieren kann, wirft sie mich schon damit ab. Ich höre auf zu lachen und sehe betrübt auf die Pommes, die jetzt auf dem eiskalten, dreckigen Boden liegt. 

»Das ist nicht witzig«, murre ich und hebe die arme Pommes vom Boden auf, nur um sie dann traurig zu betrachten und wieder aufs Tablett vor mir zu legen. »Mach das nochmal und du wirst es bereuen.« Sie nickt schmunzelnd und bewirft mich diesmal mit einer anderen Pommes. Ich habe dich gewarnt, du Gesichtsgrätsche. »Hey! Hier randaliert jemand mit Essen«, schreie ich und zeige auf Nova. Aaron rutscht von ihr weg und zeigt auch auf sie. »Ja, sie hat sich einfach zu uns an den Tisch gestellt und wirft unser Essen auf den Boden hin.« Eine Kassiererin huscht sofort zu uns rüber und nimmt Novas Arm in die Hand, die sie dann in Richtung Ausgang zieht. »Die meinen das nicht so, ich kenn die Leute«, kommt es nervös von Nova, die vergänglich versucht, ihren Arm aus dem Griff der Kassiererin zu befreien.

»Sie haben hier Hausverbot, junge Dame«, verdreht die Frau tadelnd ihre Augen und schließt die Tür hinter Nova zu, bevor sie wieder hinter die Kasse geht. Aaron und ich fangen an zu gackern, weil Nova vor der Tür steht und irgendwas vor sich hin flucht. Unbekümmert esse ich meinen Burger weiter, wobei Aaron einfach Novas Essen isst und mich dabei schelmisch angrinst. Tja, ich habe sie gewarnt. 

• • •

»Für die Aktion müsste man euch wirklich hängen lassen.« Aaron verdreht die Augen und legt seinen Arm um ihre Schulter. »Hör auf zu heulen, du Bratze«, grinst er und kneift ihr leicht in die Seite. Sie quietscht auf und schubst ihn von sich weg, weshalb er laut loslacht und sich die imaginären Tränen von den Augenwinkeln wischt. Nova, die das Ganze nicht so lustig findet, schreit kriegerisch auf und stürzt sich dabei auf ihn.

Ich stehe nur daneben und schüttle den Kopf. Kindergarten. Mein Blick fällt auf einen Stand, der kleine Stofftiere verkauft. »Oh mein Gott, Leute«, sage ich und sehe mit leuchtenden Augen auf den kleinen weiß glitzernden Delfin. »Die sind alle hässlich«, zuckt Aaron mit den Schultern. Sofort schnellt mein Kopf zu ihm. »Du bist hässlich.« Er schnappt empört nach Luft und sieht Nova an. Sie reibt sich das Kinn, als würde sie angestrengt nachdenken und zuckt anschließend ebenfalls mit den Schultern. »Tatsache, du bist hässlich.« Gespielt verletzt hält er sich die Hand vor die Brust, als hätten ihn gerade dutzend Kugeln getroffen.

»Der ging Mitten durchs Herz . .« Die Augen verdrehend wende ich mich wieder mit ernsten Blick auf die beiden Dummbeutel vor mir. »Wer von euch kauft mir den weißen Delfin?« Aaron entfernt sich hustend von mir, woraufhin Nova ebenfalls ein paar Schritte nach hinten geht und pfeifend in die Luft sieht. »Ihr seid minderwertig, fürchterlich und wertlos«, schmolle ich und verschränke traurig die Arme vor die Brust. 

»Sie hat Recht. Du siehst schon grauenhaft aus, zerstör deinen Charakter nicht«, grinst Aaron und piekst Novalie mit dem Zeigefinger auf den Oberarm. »Jetzt pass mal auf, du Gehirnakrobat«, murrt sie schmunzelnd und zieht ihn an seinem Ohr nach oben. »Wenn du nochmal sagst, dass ich grauenhaft aussehe, werde ich deinen Aufenthalt auf dieser Welt zu etwas grauenhaftem machen, kapische?« Er streckt belustigt seine Hand nach ihrer aus, die immer noch auf seinem Ohr verweilt, bevor er sie in seine nimmt und sie Händchen haltend weiterlaufen. Also wenn die mal kein gutes Paar abgeben würden. Wie wohl ihre Kinder aussehen? Sofort verdränge ich kopfschüttelnd den Gedanken. Bei den Pissbirnen will ich das lieber nicht wissen.

»Meine Mom hat mir geschrieben, ich muss gehen.« Novas Stimme reißt mich aus meinen gruseligen Gedanken. »Gott sei Dank«,  murmelt Aaron erleichtert. Sie schnaubt genervt, löst ihre Hand aus seiner und läuft auf mich zu. »Ich hasse ihn«, murrt sie und kneift ihre Augen zu, als er ihr Luftküsse zuwirft. Kichernd klopfe ich ihr zur Beruhigung auf die Schulter. 

»Hopp, Nora hält so viele Schritte gar nicht aus. Dafür hat sie ihren Inhalator Zuhause gelassen«, ärgert er sie weiter, die einen verzweifelten Schrei rauslässt. »Halt die Fresse, Aaron«, sage ich mahnend und hob zur Verstärkung den Zeigefinger. Er verdreht die Augen und läuft vor uns weiter. »Hey, wollt ihr einen Witz hören?«, fragt er und dreht sich weiterlaufend um. Sofort schütteln wir den Kopf. Er nickt langsam mit dem Kopf, sieht uns abwechselnd ins Gesicht und dreht sich dann wieder um. »Was haben Frauen und Tornados gemeinsam? Erst feucht, dann stürmisch und hinterher ist das Haus weg.« Er lacht laut auf und hält sich unterstützend an einer Straßenlaterne fest.

»Scheiße, bin ich gut«, sagt er und wischt sich seine Tränen von den Wangen. Ich kenne keinen Menschen, der bei den eigenen Witzen so sehr lacht, wie Aaron. Außer mir, natürlich. Aber ich bin auch lustig. Meine Mundwinkel zucken leicht nach oben. »Der war so schlecht«, lache ich und halte mich an Novas Schulter fest, die das alles andere als witzig findet.

»Von Idioten umzingelt«, flüstert sie und schubst mich zur Seite. »Hey!«, rufe ich und kann mich gerade noch auf den Beinen halten, da ich beinahe über die kleine Kante auf der Straße gestolpert wäre. »Ich geh jetzt nach Hause.« Nova nimmt mich in den Arm und lässt ihren Kopf kurz auf meiner Schulter ruhen, bevor sie sich aus der Umarmung entfernt und dann zu Aaron sieht, dem sie schroff ihren Mittelfinger zeigt. 

»Wir sehen uns morgen, Arschlocke.« Ich nicke schmunzelnd und sehe dann zu Aaron, der Nova stirnrunzelnd mustert. »Soll ich dich begleiten? Es ist dunkel und dir könnte ja was passieren«, kratzt er sich am Nacken. Ein empörter Laut entweicht meinem Mund. »Und was ist mit mir?«, frage ich ungläubig und verschränke die Arme. Er hofft wahrscheinlich drauf, dass eines Tages die Nachrichten von mir berichten und mitteilen, dass ich entführt wurde. Er sieht mich an, als hätte ich den geringsten Intelligenzquotienten auf der Welt. »Bei dir würden sie alle wegrennen, bevor du auch nur den Mund geöffnet hast.« Ich zucke bloß mit den Schultern. Wo er Recht hat. . .

»Danke, ich komme allein zurecht.« Er nickt und winkt ihr zum Abschied, bevor sie aus unserem Sichtfeld verschwindet. »Also dann, Arschlocke. Sieht aus als wäre heute dein Glückstag.« Ich schreie gespielt glücklich auf und führe einen kleinen Freudestanz auf. »Ich glückliche Gewinnerin«, schnaufe ich angestrengt. Man, das Tanzen war eindeutig zu viel Bewegung. »Ich kann sie noch sehen«, sagt Aaron und starrt auf die Straße gerade aus. »Wo?« Ich stelle mich auf Zehenspitzen, hüpfe wie eine Bekloppte auf und ab, doch sehen kann ich sie nicht. Er lacht leise und tätschelt meinen Kopf. »Du bist echt blöd.« Gespielt verärgert ziehe ich an seinen Haaren, da er mich verarscht hat. Dieser Idiot.

»Lass uns gehen.« Er legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich einfach mit sich. Zusammen laufen wir durch die Straßen von New Jersey und lachen wie die größten Idioten auf der Welt, wenn er seine Witze reißt. 

Weird LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt