Weird Love

2| Man trifft sich immer zweimal im Leben

»Und du kennst ihn wirklich nicht?«, fragt mich Novalie, meine beste Freundin, zum hundertsten Mal an diesem Tag. »Nein.« Sie nickt und schaut sich ihre Blätter nochmal an. »Ich glaube Mr. Whittemore wird mich heute abfragen«, sagt sie genervt. Schmunzelnd greife ich nach dem Englisch Buch in meinem Spind. »Gelernt hast du sowieso nicht«, stelle ich fest. Sie nickt nur abwesend und spricht leise mit sich selbst.

»Oh mein Gott, da ist Parker«, flüstere ich gespielt hektisch, weswegen ich ihre volle Aufmerksamkeit bekommen habe. »Wo?«, haucht sie und leckt sich gierig über die Lippen. »Nirgendswo.« Sie starrt mich für eine Sekunde an, ehe sie mir ihre Blätter gegen den Kopf wirft. »Das ist nicht witzig, du Arschlocke«, schimpft sie. Ich lache leise, da ich niemanden erschrecken wollte.

»Arschlocke?«, hacke ich nach, da sie mich zum ersten Mal so nennt. »Ja, Arschlocke. Du hast Locken, weswegen deine Arschhaare bestimmt auch lockig sind. Deswegen Arschlocke.« Ich pruste los und halte mich an ihr fest, da ich mein Gleichgewicht verloren habe. »Was haben wir jetzt?«, frage ich, nachdem ich mich wieder beruhigen konnte. »Englisch«, murrt sie und lehnt ihren Kopf gegen mein Spind.

»Sommersprosse!«, schreit jemand laut durch den Schulflur. Plötzlich wurde es ganz still. Langsam drehe ich mich um und erkenne den Kerl von gestern. Innerlich schlage ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. Was macht der denn hier?

»Wen meint er?«, fragt mich Nova ganz aufgeregt. »Kennst du ihn?« Die Frage ist mir spontan eingefallen, da ihn jeder mit einem gewissen Blick anstarrt. »Du machst Witze, oder? Das ist Livian Manchester!« Sie rüttelt an meinem Arm und blickt ihn gierig an. Livian Manchester also. Sein Name ist genauso heiß wie er. Verdammt.

»Da ist sie ja!«, trällert er. Grinsend läuft er auf mich zu und leckt sich über die Lippen, was ziemlich gut aussieht. Das ist nicht mehr normal. Ich schloss meine Augen um mich zu beruhigen, erschrecke jedoch als er direkt vor mir steht.

Einige fangen an zu tuscheln, die anderen schauen einfach nur interessiert zu ihm. »Aviola, du kennst ihn?« Fassungslos schlage ich auf ihren Arm. Na toll, jetzt weiß er meinen Namen. »Man sieht sich also immer zweimal im Leben«, gluckst er und grinst schelmisch. »Wir sind uns nur zufällig begegnet.« Gespielt verletzt hält er sich die Hand vor dem Herz. »Du schuldest mir einen Gefallen.« Verwirrt sah ich in seine faszinierenden Augen. »Was willst du von mir?« Sein Grinsen wurde breiter, was mich verwirrt die Augenbrauen runzeln lässt.

Mein Blick fällt auf Nova, die mit offenem Mund zu uns starrt. Und plötzlich machte es klick. »Du bist ekelhaft!«, zische ich und schlage ihm auf seine Brust, was ihn auflachen lässt. Abwehrend hebt er seine Hände in die Luft. »Hör auf zweideutige Fragen zu stellen«, lacht er und fuhr sich durch sein weich aussehendes Haar. Ich verdrehe die Augen und schultere meine Tasche. »Was für ein Gefallen?«, frage ich nebenbei und sehe mich im Flur um. Ich kann jetzt wirklich keine neuen Gerüchte gebrauchen.

»Das überlege ich mir noch, Aviola«, grinst er und betont meinen Namen extra. »Viel Spaß beim Überlegen, Livian.« Ich nehme Novas Hand in meine und zerre sie in unseren nächsten Kurs. Baff folgt sie mir einfach. Ich weiß jetzt schon, dass sie mich mit Fragen bombadieren wird. Wir setzen uns auf unsere Plätze und holen unsere Sachen raus. »Na los«, seufze ich und spiele mit meinen Fingern. Sofort dreht sie ihren Körper zu mir. »Woher kennst du ihn?«

»Das ist der Typ von gestern gewesen«, sage ich und lege meinen Kopf auf meine Hand. »Oh Gott«, flüstert sie und sieht auf ihre Stifte. »Was ist los?« Ihr Verhalten macht mich stutzig. »Nun ja..«, sagt sie zögernd, »er ist nicht gerade der Kerl, der eine weiße Weste trägt.« Ich nicke und sehe sie neugierig an. »Geht er hier auch auf die Schule?«

Tatsächlich bin ich schon seit vier Jahren auf dieser Schule, aber kennen tu ich trotzdem niemanden. Sie sieht sich prüfend um, ehe sie anfängt zu flüstern. »Ja und er soll angeblich drei Schüler krankenhausreif geprügelt haben.«

»Kann das irgendwer bezeugen?«, frage ich. Sie verneint es. »Ich glaube nichts, was ich nicht mit eigenen Augen gesehen habe.« Sie nickt und holt ihre Englisch Hefte raus. Wie aufs Stichwort kommt unser Lehrer Mr. Whittemore angelatscht. »Ms. Jackson an die Tafel«, murrt er und stellt seine Tasche auf dem Pult. Novalie seufzt genervt und steht von ihrem Stuhl auf. »Verdammte Scheiße, ich wusste es.« Schmunzelnd schlage ich ihr auf den Oberarm. »Ich hoffe du verkackst«, gluckse ich.

Sie verdreht die Augen und zieht an einer Locke von mir. »Ich werde dich mit deinen Haaren umbringen, Arschlocke.« Ich lache leise und schubse sie nach vorne. »Ms. Jackson, ich habe nicht ewig Zeit. Sind Sie etwa schon so alt wie ich, dass sie so langsam laufen?«, fragt er sichtlich genervt von ihr. »Oh, keine Sorge Opa. Bei Ihrem Alter bin ich noch lange nicht angelangt«, murrt sie leise und schlendert nach vorne.

Ich lache laut auf und halte mir sofort die Hand vor den Mund, als er mich warnend ansieht. »Sorry«, murmel ich und grinse vor mich hin. Während ihrer Abfrage sieht sie mich öfters flehend an, da sie die Antworten auf seine Fragen nicht weiß. Kopfschüttelnd grinse ich sie an, weswegen sie mit ihrem Daumen ihren Hals entlang fährt, nach dem Motto ich-bringe-dich-um-du-Bitch-warte-ab.

• • •

»Das war ziemlich scheiße von dir«, sagt Nova und schlägt mir auf den Kopf. »Aua!«, fauche ich und reibe an der betroffenen Stelle. Sie grinst nur vor sich hin und sieht zu Aaron, der auf uns zuläuft. »Ladys«, begrüßt er uns und wuschelt mir durch die Haare. »Du Wichser«, zische ich grinsend und richte meine Haare. »Wenn ich ein Wichser bin, dann bist du eine Bitch«, sagt er eingebildet und wirft seine imanginären Haare nach hinten. »Deine armen Eltern.« Bedauernd streichelt Nova seinen Arm. Er verdreht die Augen und schlägt ihr auf den Kopf.

»Was haben heute alle nur mit den Köpfen?«, bemerke ich verwirrt und zeige auf ihre Köpfe. Sie zucken beide mit den Schultern und zusammen laufen wir aus der Schule raus. Natürlich konnte es sich Aaron nicht verkneifen, mich gegen die Tür zu schubsen. »Ich bringe dich um!«, schreie ich und renne ihm hinterher. »Hör auf zu rennen, du Feigling«, rufe ich und bleibe keuchend stehen. Das waren eindeutig zu viele Meter. Nova überholt mich einfach und dreht sich lächelnd zu mir um. »Das waren nicht mal zehn Meter«. Belustigt hebt sie ihre Augenbrauen und hakt ihren Arm bei mir ein.

Warscheinlich denkt Aaron immer noch, dass ich ihm hinterher renne, denn er sprintet durch den Schulhof und spricht mit sich selber. Was für ein Idiot.