32. Magengrummeln

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Die Gesichter in der Runde wurden steif, ausdruckslos, als hätte ich einen Nerv getroffen.

"Alles okay?"

"Naja...", Percy war etwas verlegen.

Anscheinend fehlten ihm die Worte, anscheinend fehlten ihnen allen die Worte.

"Leute, ihr könnt es mir ruhig sagen! Was ist bitte los?"

Annabeth und Percy tauschten mitleidige Blicke aus, nur Tyson schien völlig unbeteiligt an dem Ganzen. Na gut, Tyson war unbeteiligt.

"Nachdem du aus dem Camp verschwunden bist, haben Chiron und Mr D auf Zeus eingeredet und alles, aber es hat nicht viel gebracht... Er hat nicht mit sich reden lassen und war anscheinend stinksauer... Da hat er dich ebenfalls aus Camp Half-Blood verbannt."

Nun saß ich mit offenem Mund da. Ich war sprachlos. Mein eigener Vater hat mich aus dem einzigen Platz verbannt, an dem mir Sicherheit garantiert werden konnte?! Wieso sollte Zeus das tun?

"Zu seiner Verteidigung...", versuchte Annabeth es irgendwie zu rechtfertigen.
"Es sah aus... Als hätten Luke und du..."

Percy ergänzte sie.
"Als hättet ihr zusammen gearbeitet."

"Du bist gerade während des Auftauchens des bronzenen Bullen verschwunden, genau wie all deine Sachen. Einige haben daran geglaubt... Vorallem nachdem die Barriere fast komplett zerstört wurde... Luke hat die Fichte vergiftet und da du Zeus hasst, haben viele geglaubt..."

"Dass ich meinem Vater eins auswischen will..."

Beide nickten nur. Immer wieder tauschten sie Blicke aus, die von Sorge zu Mitleid. Schließlich forschten beide in meinem Gesicht nach einer Antwort auf die Frage ob es denn so war, doch ich behielt den Blick auf den Boden gerichtet.

Ich konnte es einfach nicht fassen. Mein eigener Vater stellte mich dem Olymp als Verräterin vor?! Er war mein Vater! Es war seine Aufgabe, nicht nur als oberster Gott, sondern auch als mein Vater, sicherzustellen, dass ich nicht einfach so verurteilt werde. Zeus war derjenige, der zumindest an meine Unschuld hätte glauben müssen!
Wie konnte ein Vater das seinem eigenen Kind nur antun?

"Tessa... Es sind auch noch einige Gerüchte aufgekommen... Einige Leute im Camp glauben, dass du den Herrscherblitz gestohlen hast... Und mittlerweile sind die Götter auch davon überzeugt. Es heißt hätte es lediglich verschleiert, weil du seine Tochter bist..."

Die Athenetochter wählte jedes Wort mit bedacht und sprach es mindestens doppelt so behutsam aus.
Annabeth wollte mich nicht noch mehr verletzen, doch das war zu spät.
In diesem Moment wäre ich eigentlich am liebsten von Bord gesprungen.

In mir tobte eine Art Sturm. Alle Gedanken und Gefühle wirbelten wie verrückt umher.
Ich liebte Luke, dass konnte und wollte ich nicht leugnen, allerdings entpuppte er sich mehr und mehr als Bösewicht meiner Geschichte. Seine sanfte, freundliche und offene Natur war immer noch da, nur wurde sie eben von dem Hass auf seinen Vater oder die Götter im allgemeinen und dieser absolut wahnsinnigen Idee Kronos wiederzuerwecken überschattet.
Dann durfte ich nicht mehr zurück ins Camp, was mittlerweile mein Zuhause war. Wie sollte ich ohne Chiron und die anderen klar kommen? Was würde passieren, wenn ich allein da draußen wäre, mit all den Monstern?
Wenn Zeus allerdings wirklich so drauf war, wie Percy und Annabeth es mir beschrieben haben, dann müsste ich mir vermutlich überhaupt keine Gedanken mehr über die Zukunft machen.

Ich wusste, dass mein Vater mich verleugnet, das hatte ich schon immer gewusst und schon immer gespürt, nur in den letzten Wochen noch extremer als sonst. Was konnte ich gerade anderes für ihn empfinden als Unverständnis?
Hass, bitteren, blanken, reinen Hass, das war es was ich neben dem Schmerz in meinem Herzen, der Verwirrtheit und Sorge spürte.
Hass - das war es was ich schon immer für Zeus gefühlt hatte.

Halbgötter?! - Percy Jackson (Luke x OC) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt