5. Kapitel: Nachholbedarf

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In der Universität angekommen, hörte ich dann auch schon eine Durchsage, die alle Studenten und Professoren dazu aufforderte sich im großen Hörsaal zu versammeln. Ich ging zu dem Saal und musste feststellen, dass kein einziger Sitzplatz mehr frei war und ich nun mit einigen anderen stehen musste. Ich verzog mich in die hinterste Ecke des Raumes und lehnte mich gegen die Wand. Keiner stellte sich zu mir oder beachtete mich überhaupt, was mir nur ganz recht war, ich hatte nämlich keine Lust mit jemanden von ihnen eine Konversation zu führen.

Ich schaute mich gedankenverloren im Raum um und wartete darauf, dass etwas passierte, da traf mein Blick wirklich etwas. Drei Personen traten in den Raum, einer der Männer stach mir besonders ins Auge. Er war größer als seine Kollegen, hatte dunkelbraunes, fast schwarzes, lockiges Haar und einen langen Mantel, ebenfalls in schwarz. Sein Blick huschte einmal quer durch den Raum und blieb an einigen Personen etwas länger haften. Ich versuchte ihn irgendwo einzuordnen, doch ich kannte ihn nicht, aber er hatte definitiv mein Interesse geweckt.

Ich beschloss jedoch die anderen beiden Männer auch noch zu mustern. Der kleinste von den drein, hatte blondes kurzes Haar, trug einen Pullover und befand sich, von mir aus gesehen rechts, neben dem braunhaarigen Mann. Anhand seiner Haltung würde ich darauf schließen, dass er in einem Krieg gedient hatte, vom Alter her würde es zumindest passen. Der dritte und letzte Mann war relativ groß und hatte graues Haar, er trug ebenfalls einen Mantel, jedoch war dieser braun. Weiter konnte ich die drei nicht analysieren, da ich doch zu weit weg war, um nähere Details zu erkennen, aber dennoch konnte man sehen, dass die ersten beiden nicht zum Scotland Yard oder der Polizei gehörten.

„Ich bin Inspector Lestrade vom Scotland Yard und das sind Sherlock Holmes und Dr. Watson", machte der Grauhaarige auf sich und die anderen Aufmerksam und stellte sich auch sogleich vor.

Die Männer kamen mir auch anhand ihrer Namen nicht bekannt vor, aber dieser Sherlock Holmes und dieser Dr. Watson dürften berühmter sein, da sich sofort bei der Erwähnung der Namen Getuschel ausbreitete. Nun ja, das ist ein Verhängnis davon, wenn man keine Zeitung liest, kaum fernsieht oder sich nicht oft im Internet herumtreibt. Ich konnte mich aber nicht weiter meinen Gedanken widmen, da der Inspector wieder anfing zu sprechen.

„Wir ermitteln im Mord von Jacob Hawn und die beiden Herren neben mir werden sie einzeln dazu befragen. Wir gehen nach den Studienfächern und dann alphabetisch nach Ihren Nachnamen vor und bitten Sie sich dann im Raum gegenüber einzufinden wenn sie dran sind, danke"

Sie riefen nur noch einen Namen einer Professorin auf und gingen dann raus aus dem Hörsaal. So, jetzt würde es wohl eine ganze Weile dauern, bis ich dran bin. Aber ich kann somit immerhin einiges nachholen, was Sherlock Holmes betrifft.

Ich nahm mein Handy aus meiner Tasche und suchte im Internet nach Sherlock Holmes. Mir wurden mehrere Seiten vorgeschlagen und ich klickte mal auf eine von ihnen. Es waren mehrere Artikel über Holmes vorhanden. Er bezeichnet sich selbst als Consulting Detective und löst mit seinem Freund Dr. John Watson Fälle. Ich verließ die Seite wieder, um mir von wo anders her Informationen zu holen. Irgendwann stieß ich auf den Block von Dr. Watson, er beschrieb darauf die Fälle, die sie gemeinsam gelöst hatten. Ich las einmal rein und ich bekam einen etwas besseren Eindruck von den beiden.

Sherlock Holmes wird als unglaublich schlaue Person dargestellt, die Gefühle verabscheut und diese wohl auch nach Möglichkeit unterdrückt, aber so etwas geht natürlich nicht. Jeder Mensch fühlt irgendeine Art von Gefühlen. Angst, Freude, Zweifel, Trauer, Wut, um nur ein paar zu nennen. Dass weiß ich sowohl durch mein Psychologiestudium, als auch aus eigener Erfahrung. Gefühle versucht man meist zu verdrängen oder zu verstecken, aus Angst erneut verletzt zu werden und diese Angst könnte von einer nicht gerade einfachen Vergangenheit herrühren und meist hängt das auch noch mit der Familie zusammen.

Aber ja...Dr. Watson stellt sich in seinem Block eher als einfacher Mann da, mit einem normalen Intellekt und ganz normalen und menschlichen Gefühlen. Außerdem fand ich, anhand der ersten Begegnung der beiden, die ebenfalls hier niedergeschrieben wurde, heraus, dass der Doktor eine Verletzung erlitten hatte, die von seiner Zeit im Afghanistankrieg stammte. Also lag ich mit meiner Vermutung richtig. Jedoch schien diese Verletztung schon länger verheilt zu sein, da ich kein Hinken oder ähnliches feststellen konnte.

Komisch, dass man solche Informationen auf einen Block veröffentlicht, wo jeder Mensch es lesen kann, aber was weiß ich schon. Ich las mir noch einige der anderen Fälle durch und blendete meine Umgebung dadurch komplett aus. Es war interessant zu erfahren auf welche Art und Weise Sherlock Holmes seine Fälle löste. Aber nach einiger Zeit entschied ich mich die Seite zu verlassen, um vielleicht noch von wo anders her Informationen zu bekommen.

Ich sah mich jedoch vorher noch einmal im Raum um und stellte fest, dass schon viel weniger Leute hier waren. Da erspähte ich einen freien Sitzplatz und steuerte auch direkt darauf zu. Ich setzte mich und scrollte durch die vielen Seiten an Informationsquellen, bis ich auf die Seite von Sherlock Holmes persönlich traf. Natürlich klickte ich sofort darauf und begann die geschriebenen Wörter praktisch in mich aufzusaugen. Mr. Holmes erklärte hier mehr oder weniger seine Tätigkeit als Consulting Detective, was es mit der Kunst der Deduktion auf sich hat, aber auch einige interessante Fakten über Parfüms oder ähnlichem und was man aus ihnen ablesen konnte.

Alles in allem sehr interessant, zumindest für mich, denn offensichtlich geht es allen anderen da draußen nicht so, der Zahl der Aufrufe zu urteilen. Ich schaltete mein Handy aus und ließ es wieder in meine Tasche gleiten, da ich der Meinung war, nun genug Informationen über die beiden zu haben. Doch ich müsste mich wohl ein wenig mehr anstrengen, da Holmes echt gut zu sein scheint und er es wohl merkt, wenn ihn jemand anlügt.

Ich wollte mir gerade eine Strategie zurechtlegen, als ich auch schon aufgerufen wurde. Gut, dann auf in die Schlacht. Ich packte meine Tasche und meinen Mantel, den ich schon vor einer ganzen Weile ausgezogen hatte, da es doch warm im Gebäude war, und trat aus dem Hörsaal. Ich blieb vor der gegenüberliegenden Tür stehen, atmete noch einmal tief durch, setzte meine undurchdringliche Maske auf und öffnete dann die Tür.

Psychopaths and Sociopaths *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt