Ava

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15:42

„Ryan! Man, ich warte schon zwölf Minuten. Wo bist du?", fauche ich ihn an, als er endlich an sein Handy geht.
Ungeduldig laufe ich auf und ab. Ich fühle mich verarscht! „Ava, sorry, ich hab völlig verpeilt dich anzurufen." „Das höre ich in letzter Zeit öfter von dir Ryan!" Wütend kneife ich die Augen zusammen und starre den blauen Metallpfosten, der Bushaltestelle, an. Ich weiß, eigentlich kann der Pfosten da auch nichts für, aber irgendwas muss ich ja anschauen. Also muss der halt herhalten.
„Ja-ja, ich weiß. Es tut mir auch-" „Spar's dir, Ryan!",unterbreche ich ihn wütend, „kommst du jetzt noch oder nicht mehr!?" „Ava, es tut-" „Ryan! Ja oder nein?!" „Nein...",erwidert er kleinlaut. „Aber Ava, du musst mir glauben, es tut mir wirklich leid..." Ohne ihm zu antworten lege ich auf. Ich weiß das es nicht richtig ist, ihn so anzuschnauzen. Besonders nicht jetzt in der schweren Zeit für ihn. Aber ich kann einfach nicht anders. Es macht mich unglaublich wütend, dass er mir immer wieder zusagt und dann nicht auftaucht. Wegen ihm habe ich den Bus verpasst und darf heimlaufen. Und das ist eine Strecke für die man 40 Minuten braucht! Mit geballten Händen stampfe ich los.
Während ich so laufe denke ich darüber nach, weshalb mich Ryan in den Wind geschossen hat. Hat er vielleicht mit seinem Vater Kontakt gehabt? Oh hoffentlich nicht! Macht Tilo oder Elias wieder mal Stress? Ist seine Mutter wieder mal in eine ihrer Down-Phasen? Das würde seine Laune heute morgen erklären, oder? Was auch immer es ist, ich verstehe nicht, warum er nicht mit uns redet. Wieso er sich von uns abwendet. Wir haben immer zu ihm gehalten, wieso glaubt er, tun wir es jetzt nicht mehr?
Ich hasse es, wenn er das tut. Wenn er uns ausschließt.
Mein Handy klingelt. Aber ich ignoriere es. Dafür bin ich noch zu sauer. Soll Ryan doch mit seinen Problemen alleine zurecht kommen, ich hab ihm meine Hilfe schon oft genug angeboten. Irgendwann reicht's mir auch mal.
Es klingelt erneut. Genervt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. Dann beginnt es erneut zu klingeln. Stöhnend werfe ich ein Blick auf den Display.

Eingehender Anruf von May Sawyer

May? Was will Anton's Schwester? Verwundert starre ich meinen Display an. So lange, dass auch der dritte Anruf von ihr in die Liste Verpasste Anrufe eingeht. Es dauert einen Moment ehe ich wieder zu mir komme und sie anrufe.
„Ava?" Nein, der Nikolaus, weißt du?! Natürlich bin ich es, schließlich hat sie mich angerufen. „Ja?"
„Ava, sag mal ist Anton heute bei dir?" „Ich laufe gerade von der Schule Heim. Aber ich bin alleine. Wieso?" „Ich mach mir etwas Sorgen um ihn. Er hat heute Nacht schon wieder nicht geschlafen. Und er ist in letzter Zeit so abweisend zu mir." „Anton? Er ist ja auch niemand, der gerne im Mittelpunkt steht. Reden hat noch nie zu seinen Stärken gehört." Wieso erzähle ich ihr das eigentlich? Sie ist seine Schwester, sie sollte das ebenso wissen, wie ich. „Ja, ich weiß. Aber früher hat er wenigstens noch mit mir gesprochen, wenn ihn etwas bedrückte und ich ihn darauf angesprochen habe." Ich muss mir ein Lachen verkneifen. Wenn Anton mal etwas sagt, dann gerne mal über seine Nachbarn. Aber auch seine Familie, die ihm irgendwie ständig auf die Nerven zu gehen scheint. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er mit May überhaupt gesprochen hat. Das passt einfach nicht. Und so leid es mir tut, ich mag May wirklich, aber sie wäre auch nicht die erste Person mit der ich über meine Probleme reden würde.
„Hm",ist deshalb alles was ich dazu sagen kann.
„Weißt du was mit ihm los ist? Ich mach mir langsam echt sorgen."
„Nein, leider nicht. Aber ich werde mal schauen, was ich aus ihm rausbekomme. Vielleicht redet er ja heute Abend im Kino etwas." „Oh wie schön, in welchen Film geht ihr?" „Vielleicht gestern." Ich muss grinsen. May lässt sich unglaublich leicht vom Thema ablenken. Genauso wie sie, ebenso wie ihre Mutter, einfach das Thema wechseln kann. Anton hat verdammt vieles von seinem Vater. Ich glaube es fällt ihm deshalb häufig nicht so leicht mit den beiden alleine klar zukommen.
„Ist das nicht der mit Liam Hemsworth?" „Ja genau." „Ohja in den Film muss ich auch noch gehen. Gott ich liebe den Typen. Allein diese Rückenmuskulatur!" „Und die Haare!",steige ich in die Schwärmerei mit ein. Wenn man zwei Jungs als Freunde hat, fängt man sich gerne mal einen Kopfschütteln oder Augendrehen ein. Besonders beim Thema Jungs, wenn ich anfange für beispielsweise Hemsworth zu schwärmen. Das können die beiden natürlich nicht nachvollziehen.
„Hach die Haare...jaja, na da wünsch ich euch viel Spaß. Und du sagst mir Bescheid, wenn du was aus ihm rausbekommst, ja?" „Sicher!" Nicht! Anton vertraut mir, zumindest hoffe ich das, das werde ich nicht aufs Spiel setzen nur weil May plötzlich mal an ihren Bruder denkt.
„Okay gut, dann Dankeschön. Tschüss." „Tschüss."

Weil wir Freunde sindWhere stories live. Discover now