Kapitel 2

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„Meine Wohnung ist nicht besonders groß, das war mal mein Arbeitsraum. Ist natürlich nicht das, was du sonst gewohnt bist, aber..."

„Ich danke ihnen herzlich", gestand Adrien und war erleichtert wie schon lange nicht mehr.

„Danke, dass ich bei Ihnen unterkommen durfte, das Zimmer ist mehr als genug."

Das Zimmer war schon ziemlich klein. Es hatte nur ein kleines Fenster, mit einem altmodischen Vorhang und ein kleiner Schreibtisch und eine winzige Kommode. Auf dem Boden lag ein kreisrunder orientalischer Teppich und am Rand noch eine Matratze. Mehr Möbel würden da auch nicht mehr hineinpassen, aber Adrien war mehr als glücklich.

Das machte ihn noch sympathischer, als er sowieso schon war. Er war nicht oberflächlich, wie so manch andere, die von ihrem Daddy so viel Geld bekommen...

Die nächsten paar Tage besuchte ich ihn bei Meister Fu. Wobei ich so hin- und hergerissen war. Bei Meister Fu fühlte ich mich sicher, und nachhause wollte ich eigentlich gar nicht mehr, aber wenn ich weg bin, wer passt auf Maman und Papa auf? Was ist, wenn ihnen was zu stößt, wenn man nach mir sucht?

Das war mit einer der Gründe wieso ich seit paar Tagen kein Auge zu machen konnte. Adrien ging es nicht sonderlich besser. Doch es passierte nichts. Nach Adrien wird gar nicht gesucht. Weder von Nathalie, seinen Bodyguards, noch von seinem Vater...

Selbst wenn Hawk Moth weg wäre, würde es doch groß in den Medien eine Fahndung nach Adrien geben. Nathalie war doch dafür zuständig, dass es Adrien „gut" geht, warum ist also noch nichts passiert? Oder wollte das sein Vater nicht? Darüber zerbrach ich mir sehr oft den Kopf. Auch einer der Gründe, wieso ich nicht schlafen konnte. Da das auf Dauer nicht gutgehen konnte, trafen Adrien und ich uns als Ladybug und Cat Noir bei Nacht auf den Dächern von Paris und einer hielt Wache, sodass der andere in Ruhe schlafen konnte. Er drei Stunden, ich drei. Mehr schlafen ging eh nicht pro Tag.

Meister Fu warnte uns immer davor, wir sollten immer auf der Hut bleiben, und ja kein Gefühlschaos, sonst kommen die Akumas. Jetzt, wo wir wissen, dass auch wir davon angegriffen werden konnten.

Aber wir haben doch alle zerstört? Er hatte doch keine mehr? Oder hüpfte er neuerdings auf einer Blumenwiese umher, und sammelt neue? Obwohl die Vorstellung lustig war, konnte ich nicht lachen. Was fest stand, war, es war noch nicht vorbei. Er wird zuschlagen. Es war nur eine Frage der Zeit.

„Marinette?"

Ich schreckte schon wieder auf. Hab ich etwa so lange nachgedacht? In der Zeit hätte etwas passieren können, ich war so unaufmerksam.

Ich hörte meine Mutter wieder die Treppe hochkommen.

„Marinette? Essen ist fertig", sagte sie zaghaft. Offenbar merkte sie, dass in letzter Zeit etwas nicht mit mir stimmte.

„Alles gut? Du wirkst in letzter Zeit so nervös. Du kannst immer zu mir kommen, ja?"

Ich musste schlucken. Ich konnte es nicht ertragen, dass sich Maman auch noch Sorgen machte. Wegen mir. Aber wenn sie wüsste. Ich konnte es ihr nicht einmal sagen. Es wäre zu gefährlich...

„Nur ein bisschen Stress in der Schule, sonst nichts", log ich und versuchte es möglichst echt rüberzubringen.

Nach dem späten Abendessen gingen meine Eltern zu Bett. Ich tat auch so, als ob ich zu Bett ging, doch ging zu meinem Balkon und sah in die sternenklare Nacht. Die Sterne funkelten wie hunderte Diamanten. Tikki lag in meinem Bett und erholte sich. Mehr als dreimal sollte mich Tikki am Tag nicht verwandeln. Musste heute Nacht also ohne sie auskommen.

„Warum so einsam, Milady? Der Kapitän ist bereit zum Flug auf die Dächer."

Ich drehte mich um, und zum ersten Mal heute lächelte ich. Adrien in seinem schwarzen, hautengen Katzenanzug. Ich ging auf ihn zu.

Plötzlich wurde er etwas ernster.

„Heute nicht verwandeln?", fragte er mich.

„Nein, Tikki musste sich erholen."

„Na dann", sagte er gedehnt, und grinste mich immer breiter an.

„Marinette und Chat. Gibt es eine bessere Kombi?", flüsterte er mir leise ins Ohr, worauf ich Gänsehaut bekam. Dieser leichte Hauch ließ mich tausend Stromstöße durch meine Körper fließen.

„Nein, die gibt es nicht", antwortete ich genauso leise und näherte mich seinem Gesicht, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten.

Auch wenn wir wussten, wer wir waren, merkte ich, dass sich Adrien in seinem Katzenanzug etwas wohler und auch selbstbewusster fühlte. Nicht jeder sah darin so gut aus wie Adrien.

„Gut, dann halt dich fest", sagte er schnell und bevor ich reagieren konnte, holte er seinen Stab aus und schwang sich mit mir aufs Dach. Ich krallte mich an ihn, doch ich musste mich nicht einmal festhalten, denn auch wenn er mich nur mit seiner linken Hand hielt, war das genug Halt. Er schwang sich leichtfertig und lässig von einem zum nächsten Dach, mich hielt er immer noch fest. Zum ersten Mal seit Tagen lachten wir wieder und hatten „Freude" am Leben.

Ich klammerte mich mittlerweile an seinem Rücken, damit er die Hände frei hatte. Er rannte schnell über die Dächer, holte noch mehr Anlauf, und wir schwangen uns zur Spitze des Eiffelturms.

Ich setzte mich ab und wir beide blickten auf ganz Paris hinunter.

Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und wir sahen schweigend weiter auf die Stadt.

„Es passiert nichts. Ich glaube, in der Nacht ist es unwahrscheinlicher, dass ein Akuma vorbeikommt", sagte ich.

„Sieht auch so aus", sagte Chat, ohne den Blick von der Stadt zu wenden.

Ganz langsam legte er seinen Kopf auch über meinen. Ich ließ meine Hand baumeln, um nur zufällig auch seine zu berühren. Ich streifte seine Krallen, und ja es funktionierte, er nahm meine Hand!

„Dein Plan ist aufgegangen, Marinette", sagte er amüsiert. 







Der Druck steigt... - Teil 2Where stories live. Discover now