Epilog| Die Wahrheit

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Der Mond stand grell am Himmel, als sie in schnellen Schritten auf das kleine Einfamilienhaus zulief. Es war so ganz anders, als alles, was sie gewöhnt war. Ein schmuckloses, einfaches Haus eben, ohne den Luxus den sie gewohnt war.

Sie verschränkte die Arme eng vor ihrem Oberkörper und hinderte ihren Mantel so daran, unkontrolliert in der Gegend herumzuflattern. Es war eine windige, ungemütliche Nacht und sie sehnte sich auf einmal nach dem warmen Haus. In dem sie hoffentlich willkommen war.

Mit einem lauten Klackern ihrer Absatzschuhe überquerte sie die Straße und lief geradewegs in den gepflegten Vorgarten zu. Auf den ersten Blick erkannte man, dass Andromeda selber gärtnerte. Die Blumen sahen wunderschön aus aber es war unverkennbar, dass ein Amateur am Werk gewesen war. Alles war viel zu chaotisch und ungeordnet. Sie selbst, hätte das in ihrem eigenen Garten nicht so gewollt. Aber mittlerweile war das vollkommen irrelevant für sie.

Sie zog ihren Zauberstab aus der Tasche und richtete ihn auf die Eingangstür, ohne ihre Schritte großartig zu verlangsamen.

"Alohomora", sagte sie leise und mit einem kurzen Geräusch, sprang die Tür auf.

Sie trat vorsichtig ein und sah sich suchend nach Andromeda um, die hoffentlich auf sie wartete. Und da stand sie, am Ende des Ganges und musterte sie aus ihren katzenhaften Augen. So sah sie Bella erschreckend ähnlich. Eine Welle der Trauer überkam sie und etwas zog sich
in ihrer Brust unangenehm zusammen.

"Narcissa", sagte Andromeda jetzt und ging langsam auf sie zu. Ihre Schritte waren vorsichtig und überlegt, als wäre die alte Hexe nicht ganz sicher, ob sie sich wirklich nähern wollte.

In diesem Moment zerbrach etwas in Narcissa Malfoy und sie schluchzte leise auf. Mit ein, zwei größeren Schritten war sie bei ihrer Schwester angekommen und drückte sie so fest an sich, wie sie konnte. So etwas tat sie eigentlich nicht aber es war Jahrzehnte her, dass Andromeda und sie offen hatten reden können. Diese erwiderte die Umarmung zaghaft und Narcissa spürte, wie das Herz ihrer Schwester schneller schlug.

"Cissy", wisperte sie,"es ist so schön dich zu sehen."

Narcissa unterdrückte ein weiteres undamenhaftes Schluchzen und entzog sich aus den Armen ihrer Schwester. All die Trauer, die Wut, kam jetzt hervor. Ihre kühle Maske bröckelte endgültig. Und Narcissa war froh, dass nur ihre Schwester es sah.

"Komm in die Küche", sagte Andromeda und packte sie sanft am Arm,"ich habe Tee gemacht."

Sie gingen in die schwach beleuchtete Küche und Narcissa atmete sofort aus, als sie in den gemütlichen Raum eintrat. Der Dielenboden knarzte noch immer genauso stark, wie vor zehn Jahren, als sie zum letzten Mal da gewesen war. Damals war Lucius furchtbar sauer auf sie gewesen. Er hatte Draco daran gehindert, auch nur einen Schritt in Andromedas Haus zu machen und klein, wie ihr Sohn damals gewesen war, hatte er natürlich eingewilligt.

Narcissa ließ sich auf einen der Küchenstühle sinken und starrte auf die Kerze, die schwach flackerte. Sie stand mitten auf dem Küchentisch und spendete ein sanftes Licht.

"Wir müssen sehr leise sein", raunte Andromeda und zwei Tassen flogen aus dem Schrank, geradewegs auf den Holztisch.

"Schläft er?"

"Das hoffe ich doch", murmelte Andromeda und grinste kurz,"Hermine ist heute Nachmittag gekommen. Sie bleibt ein paar Tage hier."

Narcissa nickte langsam und hinderte sich daran, das Gesicht zu verziehen. Es war ein Fortschritt, dass sie und Andromeda wieder regelmäßigen Kontakt hatten und sie wollte Andromedas Eindruck von ihr, nicht noch weiter verschlechtern.

Beyond The Evil| Dramione ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt