Kapitel 23 _ Wiedersehen im Krankenflügel

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Als sie die Augen wieder öffnete, kniete Hermine neben ihr und rüttelte gerade Ron wach. "Uhh", stöhnte dieser, als er sich aufrichtete. "Das nächste Mal spiel ich den König. Der wird wenigstens nicht geschlagen", grummelte er und brachte Lyssa so, trotz ihrer heftigen Kopfschmerzen, zum Lachen. "Vermutlich hat McGonagall sich das auch so gedacht", flachste sie, dann sah sie sich suchend um. "Wo ist Harry?"

Hermine half ihr, aufzustehen, während sie antwortete: "Harry ist alleine weiter gegangen. Wir sollen zur Eulerei und Hedwig zu Dumbledore schicken. Harry will versuchen, Snape alleine aufzuhalten." Irgendwie schafften es diese Worte, neue Kraft in Lyssa zu schicken. Zu dritt rannten sie zu den Besen im Nachbarraum, die zum Glück eine ordentliche Geschwindigkeit erreichten, so dass es kein Problem war, an Fluffys schnappenden Kiefern vorbei zu kommen. "Am besten wir fliegen durch's Haupttor raus und dann von außen zur Eulerei hoch", übernahm Lyssa die Führung. Einige der Porträts wachten auf und fingen an zu schimpfen, als die drei an ihnen vorbei rasten, aber Lyssa störte es nicht. Jetzt gerade war ihr völlig egal, ob ein Lehrer sie erwischte und ihnen Punkte abzog. 'Vielleicht wäre ein wenig Hilfe eines Erwachsenen gar nicht so übel', überlegte sie gerade, als sich die großen Türen öffneten. Mit einer scharfen Kurve brachte Lyssa ihren Besen zum Stehen, nur einen halben Meter vor Dumbledores Brust. "Harry ist hinter ihm her, nicht wahr?", war das einzige, was der Schulleiter sagte. Lyssa nickte, wollte zu einer Antwort ansetzen, aber da rannte er schon los, mit einer Geschwindigkeit, die Lyssa einem Mann seines Alters nicht zugetraut hätte.
Am liebsten wäre sie ihm hinterher, aber ihr Kopf tat weh, Hermine war leicht grün im Gesicht und zitterte und aus einer Platzwunde an Rons Stirn lief Blut. "Am besten, wir gehen in den Krankenflügel", schlug Lyssa vor.
Madam Pomfrey war zwar gar nicht begeistert über die späte Störung und Lyssas Erklärung, sie hätten sich mit riesigen Schachfiguren geprügelt machte es nicht wirklich besser, aber sie half ihnen. Nach nicht einmal zehn Minuten hatte sie alle drei versorgt und ihnen den Honigtrank gegeben.

Als Lyssa dieses Mal die Augen aufschlug, lag Harry im Bett neben ihrem. Er schien bewusstlos zu sein, aber Lyssa war wirklich erleichtert, dass er noch lebte. Langsam setzte sie sich auf und griff nach dem Glas, das jemand auf ihren Nachttisch gestellt hatte. Nach ein paar Schlucken Wasser fühlte sie sich schon um einiges besser.
"Oh, du bist schon wach!" Madam Pomfrey wuselte zu ihr, befühlte ihre Stirn und strich über Lyssas Arme, die aus irgendeinem Grund voller Kratzer waren. Vermutlich hatte diese Dame sie über den Boden geschleift, überlegte das Mädchen, ziemlich froh, dass sie keine Schmerzen hatte. Im Bett gegenüber regte sich etwas und mit fürchterlich zerzausten Haaren setzte Hermine sich auf. Sie hatte wieder ihre normale Farbe, vermutlich war ihr nur wegen dem schnellen Flug schlecht geworden. Madam Pomfrey wechselte zu ihrem Bett, legte auch ihr kurz die Hand auf die Stirn, bevor sie in dem Nebenzimmer verschwand. Lyssa hörte etwas klappern, dann kam die Schwester mit einem Tablett zurück und reichte den beiden Mädchen je eine Schüssel.
Hungrig nahm Lyssa die Suppe entgegen, zögerte dann aber kurz. "Wie geht es Harry und Ron?", wollte sie wissen. Madam Pomfrey schien mit sich zu ringen, antwortete dann aber tatsächlich. "Mister Potter ist noch bewusstlos. Der Schulleiter hat mir nicht genau gesagt, was vorgefallen ist, aber offenbar hat er sich überanstrengt. Mister Weasley hatte eine leichte Gehirnerschütterung, ebenso wie Sie, Miss Malfoy, aber das habe ich schon behandelt. Und jetzt essen Sie, keine Widerrede!" Sie wuselte wieder davon und erleichtert genoss Lyssa die Suppe. Hermine tat es ihr gleich. Die beiden waren fast fertig, als Ron sich regte. "Rieche ich hier Essen?", war das erste, was er sagte und die beiden Mädchen fingen an zu lachen. Es tat so gut, dass Lyssa sich gar nicht mehr einkriegte und immer, wenn sie kurz davor war, sah sie zu Hermine und ein neuer Lachanfall schüttelte sie. Erst als Madam Pomfrey mit sehr besorgtem Gesichtsausdruck zurückkam, schafften sie es, sich zu beruhigen. Nachdem auch Ron seine Suppe gegessen und Madam Pomfrey die drei nochmal gründlich durchgecheckt hatte, wurden sie entlassen, mit der Auflage, sich noch etwas zu schonen.

Im Gemeinschaftsraum wurden sie stürmisch begrüßt und die Schonung fiel ins Wasser. Irgendwie waren Gerüchte in Umlauf geraten, eines verrückter als das nächste und jetzt wollten alle wissen, ob die Geschichten wahr waren. Viel Wahres war tatsächlich nicht bekannt. Vor allem die Porträts schienen geplaudert zu haben, was wohl auch kein Wunder war. Sie bekamen vermutlich nicht allzu oft Schüler zu sehen, die mitten in der Nacht auf Besen durch die Gänge rasten.
Die drei setzten sich in die gemütlichsten Sessel und fingen an zu erzählen. Natürlich nicht alles, Hagrid ließen sie selbstverständlich aus, dafür entschuldigten sie sich ausgiebig bei Neville, der erst am Morgen von Percy gefunden und befreit worden war. Lyssa war Madam Pomfrey wirklich dankbar, dass sie den wütenden Vertrauensschüler nicht zu ihren Patienten gelassen hatte. Auch die Verdächtigungen gegen Snape ließ Lyssa weg, sie glaubte immer noch nicht wirklich an seine Schuld – außerdem wäre Harry dann jetzt vermutlich nicht nur bewusstlos – aber von Fluffy, der Teufelsschlinge und den Schlüsseln erzählte sie ganz genau. Ron bewies, dass er doch ein gutes Gedächtnis haben konnte, wenn es nicht gerade um Schulsachen ging, und spielte nochmal die ganze Schachpartie nach. Und Hermine erzählte von einem bewusstlosen Troll und rezitierte ein Rätsel, das sie hatten lösen müssen. Als sie bei ihrem Flug durch das Schulhaus ankamen, hatten sich wirklich ausnahmslos alle Gryffindors um sie geschart und Lyssa fühlte sich endlich als eine von ihnen akzeptiert.
Es war schon Zeit für's Abendessen, als sie fertig waren, weshalb die Große Halle an diesem Tag einen ganz besonderen Auftritt erlebte. Das gesamte Haus Gryffindor kam gemeinsam nach unten, die drei "Helden" vorne weg. Lyssa musste grinsen, als sie Dracos verwirrten Blick bemerkte, sie würde ihm die Geschichte dann zu Hause erzählen.

Der nächste Tag verlief zum Glück etwas ruhiger. Zwar stand das letzte Quidditch-Spiel der Saison an, Gryffindor gegen Ravenclaw, aber ohne Harry und dadurch ohne Sucher war das Ergebnis nicht weiter überraschend.
Stündlich gingen Ron, Hermine und Lyssa zum Krankenflügel und fragten nach Harry, bis es Madam Pomfrey zu bunt wurde und sie versprach, eine Eule zu schicken, wenn er aufwachte.

Sie mussten aber noch fast zwei Tage abwarten, bis endlich die lang ersehnte Nachricht kam und sofort rannten die drei zum Krankenflügel. Zuerst wollte Madam Pomfrey sie zwar nicht hereinlassen, aber dann gestattete sie ihnen zumindest fünf Minuten.
Harrys Erzählung toppte noch alles, was sich die Schülerschaft ausgedacht hatte. Zwar zuckte Lyssa immer noch zusammen, wenn Harry den Namen des Dunklen Lords aussprach, aber die Geschichte war so spannend und unglaublich, dass sie es so gut wie möglich verdrängte. Aber als Harry sagte, dass unter Quirells Turban das Gesicht von Voldemort aufgetaucht war, entfuhr ihr trotzdem ein kleiner Schrei. Harrys Gespräch mit Dumbledore hörte sich aber selbst nach dieser Wendung ziemlich verrückt an. Vor allem, dass der Schulleiter scheinbar gewusst hatte, was da vor sich ging und nichts dagegen unternommen hatte, konnte Lyssa kaum glauben. Vielleicht hatte ihr Vater doch Recht und Dumbledore war der schlechteste Schulleiter, den Hogwarts je gesehen hatte. Aber zumindest hatte sie jetzt eine Art Erklärung, warum die Erstklässler zum Nachsitzen in den Wald geschickt worden waren. Vermutlich hatte der alte Zauberer gewollt, dass Harry herausfand, was da vor sich ging. Den anderen konnte sie diese Vermutung aber nicht mehr mitteilen, Madam Pomfrey schmiss sie hochkant raus. 

Lyssa - Eine Malfoy in Gryffindor - Band 1Where stories live. Discover now