Kapitel 9 _ Zaubertränke und ein Gespräch

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- Als kleines Osterspecial gibt es heute noch ein zweites Kapitel, genießt die Feiertage
LG Sira -


Auch Professor Snape begann die Stunde mit der Verlesung der Namensliste und Lyssa versuchte die ganze Zeit, Blickkontakt mit ihrem Bruder herzustellen. Die Namen der anderen Gryffindors kannte sie inzwischen und die meisten der Slytherins waren vor Hogwarts ihre Spielgefährten gewesen. Doch Draco ignorierte sie noch immer, also richtete Lyssa ihre Aufmerksamkeit wieder auf Snape. Gerade sprach er davon, dass Zaubertränke ohne Zauberstabgefuchtel auskamen, aber diesen Vortrag kannte sie bereits. Zwar war es durchaus möglich, einige der Zutaten mithilfe eines Zauberstabes zu zerkleinern, doch gelangen die besseren Resultate immer, wenn jeder Arbeitsschritt ohne Magie vorgenommen worden war.
"...Ich kann euch lehren, wie man Ruhm in Flaschen füllt, Ansehen zusammenbraut, sogar den Tod verkorkt - sofern ihr kein großer Haufen Dummköpfe seid, wie ich sie sonst immer in der Klasse habe."
Die Klasse blieb still, während Lyssa bemüht war, nicht all zu ungeduldig zu wirken. All dies hatte Snape ihr schon mehrmals versprochen, wenn er zu Besuch gekommen war, und ihr dann doch immer nur die einfachsten Zaubertränke gezeigt.
"Potter! Was bekomme ich, wenn ich einem Wermutaufguss geriebene Affodillwurzel hinzufüge?" Lyssas Gedanken rasten, das hatte sie schonmal gelesen. 'Lebende Tote!' Sie meldete sich, nur eine halbe Sekunde später als Hermine. Harry dagegen sagte: "Ich weiß es nicht, Sir." Lyssa verdrehte die Augen. Klar, dieser Trank wurde in 'Zaubertränke und Zauberbräue' nur als Beispiel für schwerere Tränke erwähnt und das zu ihrem Bedauern nichtmal mit vollständigem Rezept, aber er war auch der einzige mit Affodillwurzel, die schon immer mit dem Tod assoziiert wurde.
"Tjaja - Ruhm ist eben nicht alles", meinte Snape mit einem hämischen Lächeln, rief aber keines der beiden Mädchen auf. "Versuchen wir's noch mal, Potter. Wo würdest du suchen, wenn du mir einen Bezoar beschaffen müsstest?" Diesmal war Lyssa schneller als Hermine, sie selbst hatte einen dieser kleinen Steine bei ihren Zaubertrankzutaten, falls mal etwas schief gehen sollte. Sie bemerkte, dass Draco, Crabbe und Goyle sich vor Lachen kaum noch halten konnten, während Harry erneut "Ich weiß nicht, Sir" sagte.
"Dachtest sicher, es wäre nicht nötig, ein Buch aufzuschlagen, bevor du herkommst, nicht wahr, Potter?" Wieder sprach Snape gleich weiter, ohne eines der Mädchen aufzurufen. Lyssa war doch etwas verletzt. "Was ist der Unterschied zwischen Eisenhut und Wolfswurz, Potter?" Das stand in 'Tausend Zauberkräuter und - pilze', genau genommen stand da, dass es keinen Unterschied gab. Und dass es eine wichtige Zutat für den Wolfsbanntrank war. Während Lyssa sich erneut meldete, stand Hermine neben ihr sogar auf. Zaghaft zog Lyssa an ihrem Umhang, aber Hermine rührte sich nicht.
"Ich weiß nicht", antwortete Harry. "Aber ich glaube, Hermine und Lyssa wissen es, warum nehmen Sie nicht mal eine von ihnen dran?" Ein paar Schüler lachten, aber Lyssa nahm ihre Hand sofort runter. Sie wusste, es war unklug, Snape zu provozieren. "Setz dich", fuhr dieser auch sofort Hermine an. "Zu deiner Information, Potter, Affodill und Wermut ergeben einen Schlaftrunk..." Lyssa fing an, mitzuschreiben, zwar wusste sie das alles schon, aber die Informationen alle an einem Ort zu haben, würde bestimmt nicht schaden. "Und Gryffindor wird ein Punkt abgezogen, wegen dir, Potter." 'Irgendwie war das ungerecht', überlegte Lyssa, während nur noch das Kratzen von Federkielen zu hören war. 'Andererseits hätte er das alles wissen können, ich wusste es ja auch.' Sorgfältig rollte sie das Pergament wieder zusammen und stellte ihren Kessel auf. Das Rezept für den Trank zur Heilung von Furunkeln hatte sie ja schon im Zug genau gelesen und sonderlich schwer war es wirklich nicht, auch da sie gemeinsam mit Hermine arbeiten durfte, die ebenfalls sehr auf Sorgfältigkeit bedacht war. Lyssa schmorte gerade die Wellhornschnecken, als Snape vor ihrem Tisch stehen blieb. Zaghaft blickte sie zu ihm auf und erntete ein kurzes Nicken, was, wie sie wusste, fast einem Lob gleichkam. Ein lautes Zischen lenkte sie ab. Giftgrüne Rauchwolken stiegen von Nevilles Kessel auf und sofort kniete Lyssa sich auf ihren Stuhl. Sie wusste genau, dass das Gebräu, das sich jetzt am Boden verteilte, stark ätzend war. Dennoch ließ sie sich nicht weiter stören und arbeitete weiter. Dass Snape erneut mit Harry schimpfte, bekam sie nur mit halbem Ohr mit, sie wollte jetzt lieber fertig werden. Ein Trank, der zwischen zwei Arbeitsschritten länger als benötigt stand, konnte auch niemals so gut gelingen, wie einer, dem ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt worden war. So waren Lyssa und Hermine auch die ersten, die mit ihrem Trank fertig waren. Stolz füllte Lyssa etwas davon in eine kleine Phiole, verkorkte diese und brachte sie mit einem Namensschild versehen nach vorne zu Snape. "Gut, wie nicht anders erwartet. Nur schade, das mit deinem Haus", sagte er leise und nahm das Fläschchen entgegen. "Danke", flüsterte Lyssa und brachte sogar ein Lächeln zustande. "Wenn ihr aufgeräumt habt, dürft ihr gehen", sagte er jetzt lauter in Richtung Hermine, die schon angefangen hatte, den Platz zu säubern.

Vor dem Klassenzimmer blieb Lyssa stehen. "Geh schon mal vor. Ich muss dringend mit Draco reden", erklärte sie Hermine. "Bist du dir sicher, dass ich nicht bleiben soll?" Lyssa nickte. "Das ist ein Familiending, wir sehen uns dann in der Bibliothek." Snape hatte es sich nicht nehmen lassen, ihnen auch noch Hausaufgabe zu geben. Die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten für den zubereiteten Trank und die Gefahren bei falscher Zubereitung. Mindestens drei Ellen lang. Hermine nickte, legte Lyssa kurz eine Hand auf die Schulter und lief dann die Treppe nach oben. Lyssa dagegen lehnte sich an die Wand und wartete.
Draco kam, nicht weiter überraschend, gemeinsam mit den anderen Slytherins als letztes nach draußen. Pansy gackerte sofort los: "Da ist ja das Löwenbaby. Hast du gar keine Angst ohne deine Schlammblutfreundin?"
Lyssa zeigte ihr ein herablassendes Grinsen. "Eifersüchtig, weil sie klüger ist als du?"
Zu ihrer Freude stockte Pansy der Atem, aber Draco griff ein, bevor sie eine passende Antwort fand: "Was willst du?"
"Mit dir reden. Alleine, wenn es recht ist."
Draco zögerte einen Augenblick, aber er wusste ebenso gut wie Lyssa, dass sie notfalls mehr peinliche Geschichten über ihn ausgraben konnte als er über sie, also nickte er. "Wir sehen uns dann beim Essen", verabschiedete er seinen Hofstaat. Schweigend warteten die beiden, bis auch die nervtötend neugierige Pansy endlich nicht mehr zu sehen war, dann sahen sie sich an. "Was gibt es?", wollte Draco nach einer Weile wissen, da Lyssa jetzt plötzlich nicht mehr ganz so von der Idee eines Gespräches überzeugt war.
"Ich..." Sie nahm all ihren Mut zusammen. "Hast du was von Mutter oder Vater gehört?"
Ihr Bruder wirkte verdutzt. "Weshalb hätte ich von ihnen hören sollen und du nicht?"
Jetzt war es an Lyssa, verwirrt zu sein. "Na ja, ich dachte... Weil ich doch in Gryffindor bin und du in Slytherin, vielleicht..."
"Und woher sollen sie das wissen?", unterbrach er sie. Lyssa schwieg, sah betreten zu Boden. Ja woher, wenn nicht von einem von ihnen? "Denkst du etwa, ich hab's ihnen geschrieben? Das ist doch... " Er unterbrach sich, als er ihren schuldbewussten Blick bemerkte. "Nein, das hast du nicht! Du hast es ihnen doch nicht ernsthaft gesagt?!"
"Was hätte ich denn sonst machen sollen?", begehrte Lyssa auf, "Es ihnen verschweigen? Klar, das hätte dann wie lange funktioniert? Bis Weihnachten? Das wäre natürlich viel besser gewesen, sie monatelang in Unwissenheit zu lassen und das dann in den Ferien aus dem Hut zu zaubern!" Draco ließ den Kopf hängen, offenbar hatte er wirklich das im Sinn gehabt. "Ich hab Powl gleich in der ersten Nacht geschickt", fügte Lyssa leiser hinzu.
Draco sah sie leicht beeindruckt an. "Du hast dich in der ersten Nacht in die Eulerei geschlichen? Vielleicht bist du ja doch eine Gryffindor." Sein Lächeln brachte auch sie zum Lächeln und glücklich umarmte sie ihn. Natürlich erst nach einem prüfenden Blick, ob nicht doch jemand zurück gekommen war, um nach ihnen zu sehen.
Sie blieben eine ganze Weile so stehen, bis Lyssa Dracos Magen knurren hörte. Sie löste sich von ihm. "Hungrig?"
Er nickte grinsend: "Klar. Du hast mich ja schließlich gemeinerweise hier unten festgehalten."
Lyssa musste lachen und spürte, wie gut ihr das tat. Die Woche war ganz schön lang gewesen, so ganz ohne ihren Bruder, der sonst immer für sie da war.
"Wie wäre es, ich schreib auch einen Brief nach Hause. Vielleicht hat Powl sich ja einfach verflogen, ich hab Adlereulen noch nie getraut", schlug Draco gut gelaunt vor.
"Gib ihm noch bis Montag. Dann ist eine Woche um. Und bis nach Hause ist es doch ganz schön weit von hier aus."
"Na schön, bis Montag. Falls er kommt, schick ihn mit ner Nachricht an mich."
"Ich könnte es dir auch einfach sagen."
"Lieber nicht. Ich meine, ich bin ein Slytherin. Ich kann mich doch nicht mit einer Gryffindor abgeben, selbst wenn es meine Schwester ist." Er sagte es mit einem Lächeln, dennoch konnte Lyssa sehen, wie ernst es ihm damit war.
"Hast recht, ich bin eine Gryffindor. Ein freundliches Gespräch mit einem Slytherin ist mir nicht möglich." Auch sie lächelte, aber ihr Innerstes verkrampfte sich. Dracos nächste Worte bestätigten ihre Befürchtung.
"Dann ist das also geklärt. In der Schule und im Zug tun wir so, als kennen wir uns nicht. Und zu Hause ist alles gut zwischen uns. Aber bitte, finde andere Freunde als ausgerechnet dieses Schlammblut."
Lyssa verzog das Gesicht. "Ich meinte ernst, was ich zu Pansy gesagt habe. Sie ist die einzige von den Gryffindors, die zumindest ein bisschen Verstand hat. Mit den anderen lässt sich nicht mal ein vernünftiges Gespräch führen." Das war zwar etwas übertrieben, aber genau das, was Draco sowieso über die Gryffindors glaubte.
"Na schön, von mir aus. Das sollten wir Mutter und Vater aber nicht sagen. Wie auch immer, ich bin am Verhungern. Wir sehen uns dann nächste Woche bei Zaubertränken. Pass auf dich auf, Lys."
"Du auch Dray." Lyssa sah ihm nach, während er die Treppe nach oben lief und zählte langsam bis hundert. Der Appetit war ihr vergangen, also machte sie sich gleich auf Richtung Bibliothek.

Lyssa - Eine Malfoy in Gryffindor - Band 1Where stories live. Discover now