HATE ME

14 - Cassie

"Ich hab mein Handy vergessen" sage ich.
"Scheiße" meint Leo, mit dem Telefon am Ohr.
Ich hab es in dem Pullover, der in der Schwimmhalle liegt.
"Herzlichen Glückwunsch, du wurdest soeben für einen weiteren Einbruch angeheuert."
Irgendwie stört mich das alles gar nicht so sehr. Wenn ich mein Handy nicht habe, kann mich auch niemand stören.

"Hi, Leo Johnson hier, ist Carlos da? ... Ah, ja, cool danke ... Carlos, Bruder, wir brauchen Pizza." Er lacht und sieht mich an.
Weil uns jetzt beiden der Magen knurrt, hat er beschlossen, meinen Wetteinsatz doch zu erfüllen.
Ich wette allerdings, dass ich meine Pizza selbst bezahlen darf.
"Was willst du, Prinzessin?" fragt er mich und ich werde rot. Dabei kann mich der Typ durch den Hörer gar nicht sehen und ich kenne nicht mal einen Carlos.
Außerdem nennt Leo vermutlich alle seine Tussis Prinzessin.
"Salami" sage ich leise. Ich bin halt langweilig.

Aber eigentlich ist es kein nett gemeintes Prinzessin. Er sagt das mit so einem Unterton in der Stimme, wie du verwöhnte Göre.
Als ob gerade er sich darüber ein Urteil erlauben dürfte.
Obwohl mir das alles durchaus bewusst ist, bekomme ich jedes Mal Gänsehaut, wenn er mich so nennt.
Okay gut, nicht jedes Mal.
Aber oft.

"Er ist in einer halben Stunde da."
"Ich verhungere" rufe ich.
Schon seit einer halben Ewigkeit liege ich auf einer Luftmatratze, immer noch im Pool, und bin völlig fertig von unserer Flucht und dem, was danach kam.
Bei Leo zu sein ist atemberaubend im wahrsten Sinne.
"Woran denkst du?" fragt er.
"Dass du ein Idiot bist" sage ich. Glatte Lüge.
"Du kannst nicht aufhören, an mich zu denken. Mach dir keinen Vorwurf, ich bin ja da" sagt er großkotzig, während er auf mich zukommt.

"Vergiss es. Noch mal halte ich nicht aus. Ich bin vollkommen im Eimer."
"Na gut." Seine Augen glänzen, während er lächelt. Da sehen sie gar nicht mehr so schwarz aus. "Lass uns drinnen warten."

Ich werfe mich mit der Eleganz eines schwangeren Wals von der Luftmatratze und schwimme bis zur Treppe.
"Hast du mal ein Handtuch?"
"Nop" erwidert Leo schadenfroh und denkt nicht daran, mir eins der Handtücher zu geben, die neben ihm auf einem Tisch liegen. "Da musst du schon rauskommen und sie dir holen, Prinzessin."
Schön, er will es auf die Tour? Das kann ich. Das habe ich heute schon mal geschafft.

Ich klettere langsam aus dem Pool, gar nicht wie ein Walross, und lasse meine Haare nach hinten fallen. Dann, auf dem Weg zum Tisch, werfe ich sie über meine Schulter nach vorne und ringe sie aus. Ich weiß, wie die Wassertropfen an mir abperlen. Mit unnötigen hüftbetonten Schritten gehe ich zum Tisch und nehme mir eins der Handtücher.

Leo sieht mich mit offenem Mund an und in seiner gerade neu angezogenen Unterhose bildet sich schon wieder eine Beule ab. Aber ich muss nur lachen, nachdem ich ihm die Zunge herausgestreckt habe.
"Das hast du jetzt davon" sage ich nur und beeile mich, ins Haus zu kommen.

Er kommt mir hinterher, kein bisschen in Eile, weil er sowieso viel schneller ist als ich. Als ich in das Haus eintrete, weiß ich nicht, wohin und den Moment nutzt er, um mich an der Taille zu sich zu ziehen.
Vergiss es.
Ich drehe mich in seinen Armen um und schlinge meine um seine Taille.
Dann kann ich ihn nur noch angrinsen.
"Du wolltest es nicht anders" sage ich wieder und er sieht mich scheinbar wütend, aber eher amüsiert an.
"Ich will, dass du jetzt dieses Handtuch fallen lässt."
"Ich will eine Schokoladenfabrik besitzen. Man bekommt nicht immer, was man will" erwidere ich.
"Oh doch, ich bekomme immer, was ich will."
"Das glaube ich dir sogar. Aber nicht mit mir."
Er will irgendetwas sagen, als sich plötzlich etwas weiches gegen meinen Fuß drückt.
"Was zur-?"
Auf dem Boden um unsere Füße herum strolcht die kleine Katze, die Leo gestern gerettet hat. Ich hab sie Shady genannt. Eigentlich ein blöder Name für eine Katze.
"Oh, hey" sage ich überrascht und beuge mich herunter, um sie an meinem Finger schnuppern zu lassen, bevor ich ihr übers Fell streichle.