hold me. (Łukasz Piszczek, Erik Durm)

1K 45 2
                                    

Erik PoV.:

Erschöpft lasse ich mich auf meine Couch fallen. Ich fahre mir durch das Gesicht und lasse den heutigen Tag Revue passieren. Für mich ist alles gut gelaufen, Thomas ist relativ zufrieden mit meiner Leistung und ich werde wahrscheinlich am Samstag spielen.

Was mir mehr Sorgen macht ist Łukasz. Er ist im Training kaum anwesend, verspielt fast alle Bälle und ist unkonzentriert. Ich weiß nicht ob den anderen das auch aufgefallen ist, doch mir kommt das alles recht komisch vor. Er meidet uns immer mehr und ist sehr verschlossen. So kenne ich den Polen gar nicht. Normalerweise ist er so lustig und aufgeschlossen. Doch seit einigen Wochen ist bei ihm irgendwie der Wurm drin. Beim letzten Spiel war er nach unserem Sieg sehr wortkarg, und auch als ich mit ihm Arm in Arm dastand und wir den Sieg eigentlich feiern sollten, war er still und mehr auf seine Wasserflasche fixiert als auf alles andere.

Das alles bereitet mir ziemliche Kopfschmerzen. Normalerweise könnte ich einfach rübergehen und fragen was los ist, da er und Ewa direkt nebenan wohnen. Doch ich habe an den letzten Abenden immer wieder lautstarke Streits zwischen den beiden mitbekommen. Ich weiß, ich sollte mich lieber nicht einmischen, doch ich möchte nicht dass es ihm schlecht geht. Er war immer für mich da wenn irgendwas vorgefallen ist oder wenn ich einen Rat von jemand Älterem brauchte.

Ich raffte mich schließlich doch auf und räumte erstmal meine stinkenden Sportklamotten weg. Nicht dass sie wieder ne ganze Woche da rumlagen. Ja, ich und Ordnung sind nicht die besten Freunde.

Gerade als ich dabei war die Waschmaschine in Gang zu setzen hörte ich zwei laute Stimmen, die auf Polnisch miteinander schimpften. Und täglich grüßt das Murmeltier. Wenn man so darüber nachdenkt wird es langsam zum Alltag. Ich seufzte auf und schloss die Waschmaschine ehe ich sie anschaltete.

Meine Gedanken wollten sich einfach nicht von den beiden Streitenden lösen. Wahrscheinlich war das alles der Grund für Łus Verschlossenheit und schlechte Stimmung. Ich machte mir was zu Essen und haute mich dann wieder auf die Couch vor den Fernseher. In diesem Moment knallte nebenan die Tür und Absätze klappern die Treppe nach unten. Anscheinend war das jetzt ein bisschen eskaliert und Ewa hatte die Flucht ergriffen.

Da nach einiger Zeit nichts mehr zu hören ist fasse ich mich schließlich und gehe rüber zu Łukasz' Wohnung. Ich hoffe nur dass er jetzt nicht allzu sauer reagiert und mich gleich wieder wegschickt. Minutenlang öffnet niemand und ich höre auch keine Schritte vor der Tür. Er will anscheinend niemanden sehen, sodass ich beschließe wieder zu gehen. Vielleicht geht es mich ja doch nichts an. Doch dann höre ich ein Babyschreien. Das ist die Kleine, schießt es mir sofort durch den Kopf. Sie schreit wie am Spieß, ohne dass sich irgendwas tut. Wo verdammt nochmal ist Łukasz? Da fällt mir ein, dass ich ja einen Ersatzschlüssel für Notfälle habe.

Schnell laufe ich zurück in meine Wohnung und hole den Ersatzschlüssel. Irgendwas muss da passiert sein, Łu würde seine Prinzessin niemals so lange weinen lassen. Ich krame in der Kommode und finde den Drecksschlüssel endlich. Ich beeile mich zurück zur Nachbarwohnung und sperre die Tür auf. Es trifft mich wie ein Schlag. Die ganze Wohnung ist ein einziges Chaos und auch die Kleine weint immer noch. Łukasz ist nirgendwo zu sehen. Ich bin wie vom Donner gerührt, doch laufe dann ins Kinderzimmer zu Zuzanna (AN:weiß nicht wie seine zweite Tochter heißt, hab leider nichts dazu gefunden.). Ich nehme sie hoch und wiege sie ein bisschen. Sie beruhigt sich nur langsam und plötzlich taucht auch Sara in der Tür auf. „Erik?" sagt sie leise. „Hey meine Kleine." Sage ich leise und gehe auf die Knie. Sie läuft auf mich zu und fällt mir um den Hals. Ich habe schon oft auf sie aufgepasst und sie hat mich wirklich gern, habe ich zumindest den Eindruck. „Mama ist weg." Schluchzt die Kleine in meinem Arm und ich drücke sie fester an mich. Auch Zuzanna hat sich jetzt beruhigt und spielt mit meinem Shirtkragen. „Wo ist denn der Papa?" frage ich Sara und streiche ihr beruhigend über ihr Haar. „Im Badezimmer." Sagt sie nur kurzangebunden und drückt sich immer näher an mich ran. „Weißt du was? Ich gehe jetzt erstmal nach dem Papa schauen und dann komme ich und dann können wir Puppen spielen okay?" Ich lächle die Kleine in meinem Arm an. Sie nickt und man erkennt wie die Freude in ihr Gesicht zurückkehrt.

Ich setze Zuzanna in ihren Laufstall und mache mich dann auf die Suche nach Łukasz. Wieso zum Teufel sperrt er sich ein und überlässt seine beiden Töchter ganz sich selbst? Ich klopfe an der Badezimmertür. „Łu? Ich bins...Erik." Sage ich leise und lausche an der Tür. Von drinnen sind keinerlei Geräusche zu hören und ich werde langsam sauer. „Łukasz Piszczek! Du machst jetzt sofort diese verdammte Tür auf sonst trete ich sie ein!" Das scheint Wirkung zu zeigen, denn der Schlüssel dreht sich im Schloss und er macht mir die Tür auf. Ich trete in das große Badezimmer und sehe ihn auf dem Badewannenrand sitzen. Im ersten Moment erschrecke ich mich richtig. Seine Haut ist total blass und man sieht ihm an dass er geweint hat. „Łukasz was...was ist passiert? Ich habe euch streiten gehört und dann die Kleine weinen..." Ich komme vorsichtig näher, doch er macht keine Anstalten mir zu antworten.

Ich setze mich also schließlich neben ihn und schaue ihn an. „Willst du drüber reden?" ich kann nicht glauben was ich sehe. Der sonst so starke Łukasz, plötzlich so klein und in sich gekehrt. Er war für mich immer ein Vorbild, ein Kämpfer. Doch jetzt saß er hier wie ein Häufchen Elend. „Sie ist weg, Erik. Für immer." Sagt er mit gebrochener Stimme. „Du meinst Ewa? Habt ihr euch echt so heftig gestritten?" Es gibt irgendwie alles keinen Sinn. An der Weihnachtsfeier vor ein paar Wochen war alles noch so gut, und jetzt? Plötzlich alles vorbei? „Ja, nein...so kann man das nicht sagen.." „Sondern..?" Er seufzt auf und vergräbt das Gesicht in den Händen. Ich lege eine Hand auf seinen Rücken und streiche beruhigend drüber. „Sie hat es mit mir nicht ausgehalten...und das hat auch einen Grund..." sagt er schließlich ganz leise, ganz hörbar. Es fällt ihm schwer darüber zu reden, doch er weiß dass er mir vertrauen kann. „Willst du es mir erzählen?" „Erik ich...sie weiß es auch erst seit Kurzem, und sonst weiß es keiner..." ich schlucke. Er wird doch nicht etwa schwer krank sein? Langsam bekomme ich es auch mit der Angst zu tun. „Erik ich...es...Ewa ist nicht ohne Grund weg...ich, ich bin schwul." Lässt er plötzlich die Bombe platzen.

Stille.

Ich kann mich nicht vom Fleck bewegen und auch nichts dazu sagen. Nicht dass ich etwas dagegen hätte, aber es ist eine große, sehr große Überraschung. Erst Łukasz' Schluchzen holt mich zurück. „Hey, shh, alles ist gut, Łu!" ich nehme ihn fest in den Arm. „Nein ist es nicht! Ich habe meine Familie verloren, und werde aus der Mannschaft fliegen! Verdammt nichts ist gut!" „Łukasz! Beruhige dich! Du hast deine beiden Mädels bei dir, die werden ihren Papa sicher nicht verstoßen! Und die Mannschaft genauso wenig. Keiner hasst dich, nur weil du jetzt auf Männer stehst." Ich nehme vorsichtig seine Hände in meine. Er zittert heftig und kann sein Schluchzen und Tränen nicht kontrollieren. Ich kann ihn gar nicht anschauen, ich könnte sofort mit ihm mitheulen. „Wenn das raus kommt, ich bin geliefert! Keiner will einen schwulen Fußballprofi..." er sackt in sich zusammen und lässt sich auf den Boden sinken. Ich knie mich zu ihm und nehme sein Gesicht in meine Hände. „Łu, schau mich an. Du bist der stärkste Mann, den ich in dieser Mannschaft je kennen gelernt habe! Du bist eine Kämpfernatur. Lass dir das von dem dummen Geschwätz nicht nehmen. Dann liebst du hald Männer, na und? Was macht es für einen Unterschied? Du bist trotzdem ein wundervoller Vater und ein großartiger Fußballspieler! Hörst du?" Er nickt nur schwach und ich seufze. „Ich werde an deiner Seite bleiben, okay? Wenn dich jemand anfeindet dann bekommt er es mit mir zu tun! Und ich helfe dir auch mit den Mädchen. Łu, du bist nicht allein..." „Danke Kleiner..." ein kleines Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen, was mich auch lächeln lässt.

„Papa?" Saras Stimme hallt durch das Bad. Sie steht mit Zuzanna auf dem Arm da. Łukasz schaut erschrocken auf und schaut seine Töchter geschockt an. „Ja, meine Prinzessin?" er wischt sich schnell die Tränen weg. „Wieso weinst du denn? Haben wir was falsch gemacht?" sie kommt zu uns beiden und schaut ihren Vater traurig an. „Aber nein Maus. Alles ist gut." Łu lächelt ein bisschen und zieht die beiden zu sich. „Wir haben dich lieb, Papa..." nuschelt Sara und drückt sich eng an ihren Papa. „Ich euch auch, meine Mäuse...ich euch auch." Er drückt beiden einen Kuss aufs Haar und schließt die Augen.

Für ihn war die beste Heilung eben seine Töchter. Und vielleicht auch irgendwann die neue große Liebe...

---
Ein Oneshot zu meinem Lieblingsspieler Lukasz Piszczek 💞

Der Oneshot kommt schon heute, da ich ab morgen nicht mehr da bin. :)

Oneshots - BundesligaWhere stories live. Discover now