Kapitel 9

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Stille. Das was ich wahrnahm war Stille. Ich roch und hörte nichts mehr. Nur sehen. Sehen konnte ich noch. Es kam mir vor, als wäre die Zeit angehalten. Vielleicht war es das auch, denn unser Auto bewegte sich kaum. Langsam, beinahe bewegungslos fuhr der Jeep von Stiles die dunkle Straße entlang, Richtung zu Hause. Ich sah mich um. Neben mir saß Liz, mit einer Kuscheldecke zugedeckt und ihr Arm verbunden. Sie lehnte an Tyler und ihr Blick war abwesend. Ich konnte kaum in Tylers Gesicht sehen ohne von Trauer und Mitkeid übermannt zu werden. Er war gebrochen. Fühlte sich schuldig und doch... gleichzeitig lag eine Wärme in seinem Blick, die ich noch nie vorher bei ihm bemerkt hatte. Seine Augen ruhten auf Liz und seine Hand war dabei, langsam die ihre zu greifen. Seine Präsenz ließ mich erschauern. Liebe erkennt man von weitem, hatte mir mein Vater gesagt. Sie ist von so einer Aura geprägt, dass man sie gar nicht übersehen kann. Ich lächelte, denn irgendwo war immer schon klar gewesen, was aus den Beiden werden würde.

Ich wollte gerade meinen Arm anheben um diese Situation auszunutzen und das süße Pärchen näher zusammen zu drücken, doch  auf einmal war die Chance weg.
Ich wurde in den Sitz gedrückt, denn das Auto fuhr wieder in normaler Geschwindigkeit. Perplex starrte ich meine Hände an. What the hell? Ich hörte den Motor wieder brummen und das laute diskutieren der Fahrgäste im vorderen Bereich des Wagens. Dort saßen auf engem Platz Stiles, Lydia und Scott, welcher sich mit seinen besten Freund einen Sitz teilte, wärend dessen Frau steuerte. Der Motor und der inzwischen eingesetzte Regen, übertönte die Stimmen.
Ich versuchte gar nicht erst, meinen Werwolfsinn einzuschalten. Es hatte nur kurze Zeit und einen Biss in den Arm gebraucht, bis ich bemerkt hatte, dass ich meine Kräfte verloren habe. Ob sie wirklich weg waren, oder nur vorübergehend, würde sich erst herausstellen. Fürs erste war ich heilfroh, dass man mir die unangenehmen Fragen ersparte und das Donnerwetter über meine Unfähigkeit erst am nächsten Morgen erwarten durfte.
,,Alles klar Luna?", hörte ich die Stimme von Liz und ich zuckte kurz zusammen. ,,Äh. Ja natürlich. Alles gut. Kümmere dich erstmal um dein Banshee-Ding, ich... ich komm klar", sagte ich und winkte lächelnd ab. Sie legte genervt den Kopf schräg. ,,Du sagst mir besser was los ist. Ich kenne dich zu gut, als dass du etwas vor mir verheimlichen kannst", sagte sie. Tyler war inzwischen ebenfalls auf mich aufmerksam geworden und sah mich forschend an. Eingeschüchtert sehe ich von einem zum anderen.
,,Äh. Können wir das vielleicht später machen? Ohne die...?", fragte ich und zeigte vorsichtig auf die Erwachsenen. Angespannt spannte ich meinen Kiefer an, denn ich hatte nicht vor den anderen von meinem ,,kleinen" Problem zu erzählen. Jedenfalls nicht heute noch.
,,Klar, ich rufe Dylan an", sagte Tyler und kramte in seiner Tasche. Warte was?
,,Wieso Dylan? Er braucht nicht kommen... er", beginne ich, doch Liz unterbricht mich.
,,Luna. Stopp. Lass Tyler Dylan anrufen. Er ist doch dein bester Freund und verdient es, als erster zu erfahren, warum du so ... keine Ahnung wie bist. Und was vorhin mit dir los war. Inmerhin hat er dich beschützt, als du dich nicht verwandelt hast", sagt sie vorwurfsvoll.
Ich erwiedere nichts und verschränke meine Arme.

-

Ich lag im Schlafanzug auf meinem Bett. Liz und Tyler hatten es sich auf Luftmatratzen bequem gemacht. Dylan war noch nicht da, musste aber jeden Moment eintreffen.
,,Er kommt", sagte Tyler und öffnete das Fenster. Mit einem Satz sprang Dylan hindurch und fegte mit dem Windstoß all meine Blätter vom Tisch.
,,Danke", seufzte ich.
,,Sorry", sagte er und ließ sich neben mich plumpsen. ,,Also, was steht an? Outest du dich endlich als schwul Tyler oder bist du etwa schwanger?", fragte er belustigt und sah Liz dabei entschuldigend an. Ich kicherte kurz, wurde mich dann aber wieder bewusst, dass ich kurz davor war ihnen zu sagen, dass ich nicht mehr dazu gehörte. Dass mein Wunsch erfüllt wurde. Dass ich ein Mensch war. Oder wenigstens kein Werwolf mehr.
Was, wenn sie mich dann nicht mehr ins Rudel lassen würden? Oder mit auf gefährliche Aktionen? Wie sollte ich ohne meine Kräfte Beacon Hills verteidigen?

22 years after | TeenwolfWhere stories live. Discover now