1 - Die Sommerferien sind vorbei und ich mutiere zum Vampir

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..Montag, erster Tag nach den Sommerferien und es stürmte wie im Herbst. Na super. Zehn weitere Minuten im Bett würden sicherlich nicht schaden.

„Neeellyyyy, es gibt Pfannkuchen!"

Meine Schwester Valerie, acht Jahre alt und aufgedreht wie ein Herbststurm.

„Ich komme ja schon", grummelte ich verschlafen in mein Kissen.

Im Gegensatz zu meiner Schwester war ich der totale Morgenmuffel. Meine Mutter zog mich immer damit auf, dass ich ein richtiger Zombie wäre: Mit meiner allmorgendlichen grummeligen Laune, die zu meinen langen schwarzen Haaren und dunkelbraunen Augen, kombiniert mit einer blassen Haut hinzukam, war ich so früh am Tag wirklich nicht als Gesellschaft vorzuziehen. Ich streckte meinem Spiegelbild die Zunge heraus - heute hatte ich zu all dem auch noch Augenringe - und ging hinunter in die Küche.

„Dad ist schon weg", schmatzte Valerie laut mit vollem Mund.

Kopfschüttelnd stand meine Mutter am Herd und briet Pfannkuchen. Ich schnappte mir schnell ein paar, bevor sie meiner Schwester zum Opfer fallen konnten und aß sie hastig auf. Gerade überlegte ich, ob ich bei dem Wetter nicht lieber den Bus nehmen sollte, als mich Valerie aus den Gedanken riss. Nie hatte man Ruhe vor ihr.

„Beeil dich, sonst kommst du zu spähähät", trällerte sie vergnügt vor sich hin und summte dann ihr aktuelles Lieblingslied. Ich hörte bloß hin und wieder Wörter heraus, bei denen ich mich fragte, ob sie die Texte nicht doch etwas anders verstanden hatte, als sie waren.

„Hör auf zu nerven", antwortete ich etwas pampig und ging auf mein Zimmer, um mich schnell umzuziehen. Dabei ignorierte ich geflissentlich ihre weit aufgerissenen Augen und ihren unschuldigen Blick und bemerkte bloß: „Du hast Schokoladensauce am Mund."

Nach kurzen Abschiedsworten ging ich aus dem Haus.

„Noëlle", begrüßte mich Dana in der Schule. „Hi."

Sie war das komplette Gegenteil von mir, trotzdem verstanden wir uns gut, wobei das jetzt eher der Vergangenheit angehörte. Denn nun hing sie mit Leuten ab, für die sie früher nur genervte Blicke übrig hatte, die aber jetzt auf einmal total korrekt wären.

„Hi, Dana Schätzchen."

Wenn man vom Teufel sprach. Vanessa stöckelte in ihren hohen bonbonfarbenen High Heels an mir vorbei, warf ihr nachlässig gefärbtes blondes Haare im Gehen schwungvoll nach hinten und umarmte Dana zur Begrüßung. Wangenküsschen inklusive. Mich blickte sie bloß mit geschürzten Lippen an, als wäre ich ein Insekt an ihrem Schuh. Mit zusammengekniffenen Augen erwiderte ich ihren Blick und sah nicht ein, wieso ich klein beigeben sollte. Ich wusste nicht, wie sie es bewerkstelligte, doch man konnte ein Minderwertigkeitsgefühl entwickeln, wenn sie einen nur ansah.

„Okay, Dana Schätzchen, bis später", verabschiedete sie sich in dem Moment und rauschte mit ihren zwei Doubles im Schlepptau davon. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch.

Dana schaute etwas verlegen. „Hör mal Noëlle, ich weiß, sonst machen wir in den Pausen immer was zusammen, aber Vani hat mich gefragt, ob ich mit ihr und ihren Freunden kurz in die Stadt gehen will, mal nicht in der Schule abhängen."

Vani? Ich konnte knapp noch den Würgereiz unterdrücken. Außerdem klang das bei Dana so, als wäre ich total abhängig von ihr und müsste vertröstet werden, wenn sie mit cooleren Leuten abhängen wollte.

„Klar, du kannst machen, was du willst", entgegnete ich deshalb nur trocken, „ich werde wahrscheinlich mit Sienna Runden gehen."

Sienna war in unserer Klasse und früher hatten wir oft etwas zu dritt unternommen, was ist gar nicht so lange her gewesen war. Doch es kam mir vor wie eine ganze Ewigkeit. Das war, bevor Dana zu Vani ging. Sie sah mich nur lange an, dann: „Hör mal, sei nicht sauer, okay?"

My(stery) storyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt