Escape...

36. ~ Alkoholische Ablenkung

~ Cathy ~

Genüsslich streckte ich alle Vieren von mir. Ich hatte es soeben geschafft, Luiza und Ruben ins Bett zu stecken. Die Zwei wurden immer anstrengender und veranstalteten jeden Abend ein riesen Theater, wenn sie schlafen gehen sollten. Ich war hundemüde von den beiden und wollte es mir gerade auf dem Sofa bequem machen und die Ruhe geniessen, aber in dem Moment hörte ich auch schon, wie meine Eltern und Carlos nach Hause kamen.

Na toll, das mit der Ruhe konnte ich mir abschminken. Ich konnte sie jetzt schon lautstark streiten hören, aber das wunderte mich nicht im Geringsten. Mein Mitleid mit Carlos hielte sich diesmal jedoch in Grenzen. Er war selber schuld, denn mit seiner Aktion hatte er es echt ziemlich übertrieben.

Er konnte froh sein, dass Clifford ihn nicht angezeigt hatte, denn dann hätte er jetzt zwei Strafanzeigen am Hals gehabt. Aber eine reichte ja schliesslich auch vollkommen aus, um Mom und Dad auf die Palme zu bringen. Seufzend richtete ich mich auf und verabschiedete mich innerlich von meinem ruhigen, gemütlichen Fernsehabend. Gleich würde es hier wieder eine fette Eskalation geben, das spürte ich jetzt schon.

<< Und, was haben die gesagt? >>, fragte ich vorsichtig, als Mom, Dad und Carlos das Wohnzimmer betraten. Es nahm mich echt Wunder, ob Carlos von der Schule flog oder wie die ganze Sache sonst weiterging.

<< Nix, nur ne Verwarnung >>, knurrte Carlos und wollte sich schon verdrücken, aber Dad hielte ihn am Arm fest. << Nur ne Verwarnung? Dir scheint wohl nicht klar zu sein, was du angerichtet hast >>, fing er auch schon an herumzuschreien. Seine Augen strahlten dabei so viel Kälte aus, dass mir ein eisiger Schauer über den Rücken lief. Ich hatte ihn zwar schon öfters rumschreien hören, aber noch nie war mir aufgefallen, dass er dabei so viel Hass und Kälte ausstrahlte.

Am liebsten wäre ich aufgesprungen und einfach abgehauen, denn langsam hielte ich diese Scheissstreitereien einfach nicht mehr aus. Aber Carlos zuliebe tat ich das natürlich nicht, obwohl ich immer noch sauer auf ihn war.

Wie hatte er nur hinter meinem Rücken dieses Zeugs nehmen können? Ich dachte, er würde mir vertrauen und mir alles erzählen. Aber was mir am meisten auf dem Herzen lag, war, dass ich es nicht mal gemerkt hatte. Normalerweise merkte ich immer sofort alles, wenn etwas mit ihm nicht stimmte, aber das mit diesen Scheisskoffeintabletten ging wahrscheinlich schon wochenlang so, und ich hatte nicht die leiseste Ahnung davon gehabt.

Vorsichtig warf ich einen Blick in seine Richtung. Er war immer noch in einen handfesten Streit mit Dad verwickelt, der wahrscheinlich bald eskalieren würde, aber trotzdem schien er meinen Blick zu spüren. Als seine hilflosen, braunen Augen meine trafen, fühlte ich mich, als hätte mir jemand ein Messer mit voller Wucht in die Brust gerammt.

Es tat weh, ihn so hilflos zu sehen. Ausserdem konnte ich spüren, dass er Panik vor Dad hatte. Normalerweise hatte er vor nix und niemandem Angst, weshalb es mich auch etwas wunderte. Dad konnte zwar manchmal ein richtiges Arschloch sein, aber angsteinflössend war er nicht gerade. Trotzdem hatte sein Blick irgendwas in mir ausgelöst, was mich aufspringen liess.

Er brauchte mich, dass spürte ich ganz genau. Schützend stellte ich mich vor ihn und unterbrach damit Dad's Beschimpfungen. << Man Papa, jetzt lass ihn doch einfach mal in Ruhe >>, raunzte ich Dad an und versuchte dabei meine Angst zu unterdrücken. Wenn ich jetzt so direkt vor ihm stand, konnte ich verstehen, warum Carlos Panik vor ihm hatte.

Seine Überraschung, dass ich mich eingemischt hatte und seine ganze Wut trafen mich jetzt mit voller Wucht. << Du hast hier gar nichts zu sagen! Das ist nicht deine Sache! >>, schnauzte er mich an und ich hatte Angst, dass er mir demnächst eine reinhauen würde. Trotzdem blieb ich schützend vor Carlos stehen und funkelte ihn wütend an. Innerlich bereitete ich mich schon darauf vor, ihm alles Mögliche an den Kopf zu schmeissen, aber Carlos machte mir einen Strich durch die Rechnung.