Kapitel 23

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Als ich am nächsten Morgen erwachte, wusste ich, dass etwas anders war. Ich setzte mich auf und sah mich in meinem Zimmer um. Dann fiel es mir ein. Lotta! Wo steckte sie? Ich schlich ins Bad, aber dort war sie nicht. Verwirrt lief ich nach unten, aber auch dort konnte ich sie nicht finden. Merkwürdig, dachte ich. Dann überkam mich ein schrecklicher Gedanke. Sie war doch nicht einfach abgehauen? Schnell raste ich zurück in mein Zimmer. Ihr Koffer stand noch immer an der gleichen Stelle, an der sie ihn gestern abgestellt hatte. Ich schnappte mir mein Handy und wählte ihre Nummer.

Vor Schreck ließ ich es fast fallen, denn es vibrierte im Raum und ich sah es auf dem Nachttisch liegen. Ich nahm es in die Hand und starrte einen Moment auf meine eigene Nummer, bis ich dann schließlich auflegte und auf ihrem Display ein Anruf in Abwesenheit aufleuchtete. Aber nicht nur das; mehrere Nachrichten von Tom wurden angezeigt. Ich wollte es nicht lesen und ich wusste, dass ich damit ihre Privatsphäre verletzen würde, aber ich konnte nicht anders. Sie hatte ihn in letzter Zeit nicht mehr erwähnt und jedes Mal, wenn ich das Thema ansprach, blockte sie ab. Mit einem flauen Gefühl im Magen wagte ich einen Blick auf das Display und sofort bereute ich es.

»Willst du uns wirklich aufgeben? Ich verstehe einfach nicht, was ich falsch gemacht habe.« Ich schluckte. »Wieso antwortest du mir nicht? Lässt du dich gerade vögeln, oder was? Bedeute ich dir denn gar nichts mehr? Ich wollte dich heiraten und...« Die Nachricht wurde nicht weiter angezeigt, aber ich wollte sie auch gar nicht mehr lesen. Er wollte sie heiraten? Hatte Tom ihr etwa einen Antrag gemacht? Hatte sie ja gesagt?

Ich saß in der Zwickmühle, denn ich konnte sie schlecht danach fragen, denn dann wüsste sie, dass ich die Nachrichten gelesen hatte. Hätte ich es doch bloß gelassen, dachte ich und hätte mir am liebsten selbst eine Schelle verpasst. Meine Gedanken wurden von einem Geräusch unterbrochen. Wie angewurzelt stand ich in meinem Zimmer und lauschte. Die Geräusche kamen von unten. Leise schlich ich deshalb zur Treppe. Lotta stand dort und zog gerade ihre Jacke aus. Sie hatte mich noch nicht bemerkt.

»Wo warst du?«, fragte ich etwas nervös, aber froh darüber, dass sie wieder da war. Ich wollte mir nichts anmerken lassen, aber ich war eine miese Schauspielerin. Sie hielt lächelnd eine Tüte hoch und antwortete: »Ich war beim Bäcker Brötchen holen.« Dann verschwand ihr Lächeln. Ihr Blick war besorgt. »Ist alles in Ordnung bei dir?« Reiß dich zusammen, dachte ich angespannt. Das konnte doch wohl nicht so schwer sein. »Jetzt ist wieder alles gut. Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil du nicht da warst, als ich wach wurde.« Mir ging es tatsächlich wieder besser, an die Sache mit der Hochzeit wollte ich jetzt nicht mehr denken. Ich stieg die Stufen hinab und küsste sie. »Dann lass uns doch mal frühstücken«, schlug ich vor und wir gingen in die Küche und bereiteten alles vor.

Nach dem Frühstück ging ich ins Bad, um mich fertig zu machen. Lotta räumte in der Zwischenzeit die Küche auf. Als ich wieder nach unten kam, war alles fertig und wir setzten uns auf die Couch. »Was möchtest du heute machen?«, fragte ich sie und nahm ihre Hand. »Ich weiß nicht. Wir könnten uns Filme anschauen und ein bisschen reden? Es ist schade, dass wir das Haus nicht verlassen können«, meinte sie nachdenklich und wirkte dabei etwas bedrückt. »Das klingt gut. Weißt du, was mich immer etwas aufmuntert, wenn mir mal wieder bewusst wird, dass wir uns öffentlich nicht zusammen zeigen dürfen?« Neugierig sah sie mich an und wartete auf eine Antwort. »Ich denke immer daran, dass die Tage abzählbar sind. Wir müssen uns nur noch einige Monate verstecken.« Sie kam mir näher. »Ich kann es kaum erwarten«, murmelte sie und gab mir einen Kuss.

Wir verbrachten die nächsten beiden Tage entweder auf der Couch oder im Bett. Es hörte sich vielleicht etwas langweilig an, aber ganz im Gegenteil. Mit Lotta zusammen zu sein, war das schönste Gefühl überhaupt. Ich hörte ihr unglaublich gern zu, wenn sie etwas von sich erzählte. Ihre Mimik und Gestik setzte sie dabei immer sehr gekonnt ein und manchmal musste ich mir wirklich ein Grinsen verkneifen, weil sie die Geschichte so anschaulich darstellte.

Unknown. || gxgWhere stories live. Discover now