Tag 5

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Ich habe die Schnauze voll schon wieder viel zu früh wach. Da oben ist nicht nur bollern angesagt. Nein! Heute knallt es auch noch dauernd. Erst lauf ich wie ein müder Tiger in meiner Bude hin und her. Dann entschließe ich mich dazu dem Kerl einen Besuch abzustatten. Schlüssel! Ab raus! Ich steh vor dem Fahrstuhl und bin auf 100. Ne! Den heut nicht! Ich reiße die Tür zum Treppenhaus auf und gehe eiligen Schrittes nach oben. So! Wo wohnt er! Kein Problem immer dem Krach nach. Die Wohnungsglocke funktioniert. Die Tür geht auf und zwei kleine, nette Jungen schauen mich an. Die Tür geht weiter auf und ein etwa 1,65m großer Hänfling schaut mich an. Komplett in weiß gekleidet. Sporthose und T-Shirt und auch noch – ein Goldkettchen. Ein schüchternes „Morgen!" Kommt aus ihm heraus. „Morgen! Ich wohne unter ihnen und wollte sie höflich bitten ob es möglich ist um diese Zeit mal ein bisschen Rücksicht auf die anderen Mieter zu nehmen". „Ja klar! Tobi hat heute nur Geburtstag und sie zerstechen gerade seine Ballons". Er schiebt einen dritten Jungen nach vorne. Ich reiße die Augenbrauen hoch! Der Kleine hat doch tatsächlich ein Schweizer Messer in der Hand. „Aber jetzt ist Schluss und wir sind auch gleich schon weg. Tschuldigung!" Ich gebe mich zufrieden kann mir aber ein „passt aber mit dem Messer auf!" nicht verkneifen. Zack die Tür schlägt zu. Na, das war ja mal eine Begegnung. Wird bestimmt nicht die letzte gewesen sein.

Als ich aus dem Treppenhaus komme steht Heidi schon vor meiner Tür. „Wo bist du gewesen?" „Na oben! Bei diesem abgebrochenen Riesen!" Sie versteht und sieht es mir wohl auch an. Wir verschwinden in meine vier Wände. Schweigend bereiten wir das Frühstück vor. Am Tisch fängt Heidi als erste an: „Bei dem beißt du dir die Zähne aus der hat ein dickes Fell. Hat schon etliche Wohnungen hinter sich und da ist er nicht freiwillig ausgezogen." Ich verstehe schon aber mein innerer Schweinehund gibt sich nicht so leicht geschlagen. „Heute zeige ich dir mal die Wache und führe dich ein bisschen rum. Damit du dein Revier abstecken kannst!" Heidi weiß wie sich mich wieder aufheitern kann. „Ich habe dir übrigens noch etwas mitgebracht". Sie kramt aus einer Plastiktüte ein kleines Päckchen. „Na! Mach mal auf!" „Ein Geschenk? Für mich? So früh am Morgen?" Vor lauter Spannung würde ich es am liebsten gleich aufreißen. Aber ich habe mich unter Kontrolle. Total baff lege ich das geöffnete Päckchen auf den Tisch. Es ist unglaublich. Heidi hat an mich gedacht. „Ein Fernglas! Aber davon habe ich dir doch nie erzählt woher...?" „Ist nicht von mir, ist vom Christkind!" Mit einem geheimnisvollen Lächeln nimmt sie einen großen Schluck Kaffee. Ein kleines Glitzern huscht über ihre Augen. Ich kann nicht anders. Ich beuge mich rüber und drücke ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Sie wird etwas rot und dreht ihren Kopf schüchtern zur Seite. „Alles in Ordnung! Glaub mir es war wirklich das Christkind!"

Nach dem Frühstück machen wir uns auf zur „Expedition Brennpunkt". „Aber nicht mit dem Fahrstuhl!" Ich halte ihr die Treppenhaustür auf und sie folgt brav meiner Einladung. Es riecht ungelüftet und auch nach Urin. Ist mir vorhin gar nicht so aufgefallen. Da war ich wohl zu sehr in Rage. „Hier übernachten meist die Obdachlosen. Wundere dich nicht, wenn wir hier auch ein paar Exkremente von ihnen finden. Oder Pfützen von Urin!" Das klingt wirklich nach einer Expedition. Nur möchte ich solche Entdeckungen nur ungern machen.

Einige Stockwerke weiter unten sitzt zusammengekauert eine junge Frau auf den Stufen. „Das ist Heike." Erklärt mir Heidi. „Sie ist schon ewig hier! Man sagt sie sei die Blocknutte!" Oh nein! Jetzt auch noch so was. Gibt es in diesem Gemäuer denn wirklich alles? „Hallo Heike!" Heidi beugt sich zu ihr runter und stupst sie leicht an. Kaum eine Reaktion. „Ah! Anhand der Alufolienstreifen siehst du das sie schon wieder einen durchgezogen hat." Ich sag dazu gar nichts. Mit Drogen möchte ich nichts zu tun haben. Heidi merkt das mir das sehr unangenehm ist und wir gehen weiter bergab. Ich bin froh als wir auch diesmal wieder heil aus unserem „Turm" herauskommen. Die frische Luft, der blaue Himmel! Das tut gut und bläst mir den Kopf frei. „Wir müssen einmal rüber auf die andere Straßenseite da ist die Wache!"

Herr Böttcher - Geschichten aus dem BlockWhere stories live. Discover now