Kapitel 24

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«Dein ernst?» Wie unromantisch bin ich denn? Natürlich sind diese Wörter völlig unpassend. Ich stehe mit offenem Mund vor Mergim. Schnell korrigiere ich meine Antwort. «Ja. Ja natürlich» Er lächelt und steht auf. Den Ring steckt er mir an meinem Finger. Wow. Was für ein Moment. Einfach unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass er so ein Romantiker ist. Niemals. Wie sich herausgestellt hat, haben alle von dem Antrag gewusst, ausser ich. Ich hatte wirklich keine Ahnung. Von dem Ganzen habe ich nichts mitbekommen. Wir verbringen noch einen wunderschönen Abend zusammen.

Eigentlich scheint alles perfekt zu sein. Unsere Liebesgeschichte scheint sich dem Ende zu nähern, natürlich mit einem Happy End. Alles passt. Er ist Albaner. Moslem. Aus Istog. Und dazu noch aus der Schweiz. Was will man mehr? Einfach perfekt.

Wir unternehmen so viel mit einander. Natürlich verbringen wir auch sehr viel Zeit mit unseren Familien. Mergim hat sich sogar dazu entschlossen eine Wohnung in Zürich zu suchen. Natürlich ist das für ihn überhaupt kein Problem, weil das Verhältnis zu seinem Stiefvater nach wie vor nicht das beste ist, macht es ihm überhaupt nichts aus, auszuziehen. Mich freut es natürlich umso mehr, dass ich nicht so weit weg von meiner Familie dann irgendwann bin. Doch an ein gemeinsames Wohnen ist nicht zu denken. Dafür finde ich es noch ein bisschen zu früh. Erst nach der Hochzeit kommt das für mich in Frage. Ich finde auch, dass sich das so gehört. Wieso sollten wir etwas überstürzen? Ausserdem zwinge ich Mergim ja nicht nach Zurück umzuziehen. Es ist seine freie Entscheidung und ich habe das Gefühl, dass er das sowieso früher oder später gemacht hätte, auch wenn wir uns nicht kennengelernt hätten. Naja. Egal.

Das nächste Ereignis ist Anita's Hochzeit. Sie ist ja schon seit einer Ewigkeit mit Fitim zusammen. Es wird langsam Zeit, dass die heiraten. Dieses Gefühl, wenn die beste Freundin heiratet, ist echt krass. Als würde deine Schwester heiraten. Da ich keine Schwester habe, habe ich Anita immer auch als eine Art Schwester angesehen. Ich freue mich so für sie und sie freut sich auch für mich. Das Beste, was eine Frau besitzen kann, ist eine beste Freundin. Ohne sie, weiss ich gar nicht, wo ich heute wäre. Ich habe ihr so viel zu verdanken.

Natürlich ist meine ganze Familie eingeladen. Mergim durfte ich natürlich auch mitnehmen. Endlich kann ich mich mit einem Mann blicken lassen und das Gelabber so manch albanischer Frauen kann endlich ein Ende nehmen. Ich hasse es, wenn andere über mich lästern. Manchmal reizt es mich so sehr, dass ich ihnen am liebsten meine Meinung ins Gesicht sagen würde, sodass sie nicht einmal auf den Gedanken kommen, auch nur meinen Namen zu erwähnen. Aber ich weiss auch, dass ich es damit nur noch schlimmer machen würde und diese alten Weiber sich das Maul über mich zerreissen würden. Und auf sowas habe ich echt kein Bock. Die sind es mir gar nicht wert.

An der Hochzeit sind sehr viele Gäste eingeladen. Natürlich kenne ich nie im Leben alle. Manche Mädels würde ich den Kopf abreissen, wenn sie ständig Mergim anlächeln. Haben die keinen Stolz? Kennen sie das Wort Ehre überhaupt? Richtig respektlos. Mit solchen Menschen kann ich nichts anfangen. Erst recht nicht, wenn sie genau sehen, dass er vergeben ist. Richtige Opfer. Zum Glück geht Mergim auf diese Frauen überhaupt nicht ein. Ich habe das Gefühl, dass er diese Frauen gar nicht wahrnimmt, sondern nur mich ansieht. Und dieses Gefühl... ich liebe es. Seine Aufmerksamkeit liebe ich. Nur seine. Die der anderen ist mir praktisch egal. Und das Beste ich, dass ich ihn wirklich aus tiefstem Herzen liebe und er mich.

Anita sieht so schön aus. Ihr Kleid ist ein Traum in Weiss. Atemberaubend. Kennt ihr diese Frauen, die an einer Hochzeit selber weisse Kleider tragen? Kein Witz. Ich würde sie am liebsten rausschmeissen. Wie trauen sie sich überhaupt so aufzutauchen? Versuchen sie etwa meiner besten Freundin die Show zu stehlen? Weiss gehört der Braut! Wann begreifen die es mal?! Ich sehe schon... meine Hochzeit wird ein Skandal. Wenn ich mich über jede Kleinigkeit so sehr aufrege, kann ich es gleich sein lassen.

Es wird ein Lied vorgespielt und alle Paare begeben sich auf die Tanzfläche. Mergim nimmt mich an die Hand und zieht mich hinter sich her. Meine Füsse tun so weh! Eigentlich würde ich gerne ein bisschen sitzen. Anita lächelt mich an, während sie mit Fitim am Tanzen ist. Ich blicke in die wunderschönen tiefgrünen Augen von Mergim. Man könnte sich wirklich darin verlieren. «Die nächste Hochzeit auf die wir sind, wird unsere eigene sein» sagt er mit einem warmen Lächeln. Ich kann nicht anders, als mitzulächeln. Dieser Moment, ist Gold wert. Manchmal verstehe ich nicht, wenn manche Leute sagen, dass sie nie heiraten werden. Wie kann man sowas nicht wollen? Wie kann man einen Menschen nicht wollen, der dich bedingungslos liebt? Für dich da ist in guten wie in schweren Tagen? Wie kann man das alles aufgeben für eine Frau oder einen Mann, der austauschbar ist? Ich verstehe das nicht und werde es auch nie verstehen.

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