Aus der Sicht von Elinas Bruder, Lukas.
Köln, 2025
Ich strich mit meinen Fingern vorsichtig über das Schloss, an dem die Initialen L&E&J eingeritzt sind. Der Wind bließ mir eine Strähne ins Gesicht und trieb mir Tränen in die Augen, aber dennoch stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen. Wie lange war es jetzt her, dass Elina verschwunden ist. 10 Jahre müssten es sein.
Mein Sohn hüpfte aufgeregt vor mir hin und her und betrachtete neugierige die vielen Schlösser, die an der Brücke angebracht worden sind. Unter den vielen Schlössern befand sich tatsächlich noch das uralte Schloss von Elina, Johanna und mir. Geschwisterliebe. Und diese Liebe bestand noch immer auch wenn es kein Lebenszeichen mehr von Elina gab und meine andere kleine Schwester gerade dabei war in einer anderen Stadt zu studieren.
Gerade dieses Schloss gab mir die Hoffnung dass Elina noch lebte. Ich wusste es einfach. Elinas Verschwinden hat ein großes Loch in unser Familienleben gerissen, aber trotzdem haben wir es alle erfolgreich zusammen gemeistert. Auf Elinas Wunsch hin.
Ich wusste dass meine Schwester einige kriminelle Dinge in der Vergangenheit gemacht hatte, nach dem Tod von Marie und ich wusste dass sie viel mit diesen Rappern von DatAdam abgehangen ist. Etwas sagte mir dass sie sich irgendwo auf diesem großen Planenten ein neues Leben mit den Jungs aufgebaut hat. Und genau diese Hoffnung brachte mich zum Lächeln. Vielleicht war das der einzige Weg gewesen um wieder glücklich zu werden.
Komischerweise hatte ich nie einen Hass auf Elina verspürt dass sie einfach abgehauen ist. Ich hätte genauso wie sie gehandelt, auch wenn ich nicht viel wusste was sie schlimmes angestellt hatte damit sie abhauen musste. Aber eins wusste ich. Elina wäre niemals ohne einen Grund verschwunden.
"Können wir weiter Papi?", mein Sohn zerrte an meiner Jacke, "Ich will mein Eis"
"Ja gleich", verträumt blickte ich auf die vorbeiströmenden Menschen. Jeder hatte eine andere Geschichte. Ein Lächeln sagt vieles aus, vielleicht hat die Person eine Gehaltserhöhung bekommen oder die Person hatte eine andere erfreuliche Nachricht bekommen. Vielleicht auch nur eine ganz simple, kleine Nachricht.
Früher als Elina und ich noch kleiner waren saßen wir in den Sommertagen am Rhein. Die Füße baumelten im Wasser und still saßen wir da und beobachteten die vorbeilaufenden Menschen. Elina kam irgendwann auf die Idee, ein etwas spannenderes Spiel daraus zu machen. Jeder suchte sich eine Person aus und musste zu dieser Person und ihrem Gesichtsausdruck eine passende Geschichte erfinden.
"Wenn ich groß bin will ich etwas Spannendes erleben", die helle Stimme von Elina drang noch immer in mein Ohr. "So wie Pippi Langstrumpf. Ihre Mama ist früh gestorben und ihr Papa war immer nur auf hoher See unterwegs und trotzdem ist sie das glücklichste Mädchen dass ich kenne"
Das freche, starke Mädchen mit den roten Zöpfen von Astrid Lindgren war schon immer Elinas Kindheitsheldin gewesen und wer weiß vielleicht reiste Elina jetzt auch in der Welt herum und erlebte Abendteuer wie Pippi.
Je öfter ich über Elina nachdachte desto mehr vermisste ich sie. Zu gerne würde ich sie in den Arm nehmen und sie am Liebsten nie mehr loslassen. Jedoch bezweifelte ich stark dass ich Elina überhaupt noch erkennen würde. Dabei hätte ich meiner große Schwester gerne meinen Sohn und meine Frau vorgestellt. Sie hätten sich bestimmt super verstanden und ich konnte mir bildlich vorstellen wie fröhlich Elli meinem Sohn in die Wangen kniff. Sie mochte Kinder und daran hatte sich, denke ich, bis heute nicht viel geändert. Elyas, hieß mein Sohn. Es war der männliche Name für Elina. Ich wollte ihn nach meiner Schwester benennen.
"Jetzt holen wir aber dein Eis", ich wollte nach der Hand von Elyas greifen, jedoch war dieser nicht mehr zu sehen. Panisch drehte ich mich um. Super, das hatte ich davon wenn ich ständig verträumt in der Gegend herumlaufe.
Ich rannte die Brücke entlang und hielt ein paar Passanten auf und fragte sie nach meinem Sohn. Diese schüttelte nur bedauernd den Kopf.
Ich war heilfroh als ich meinen kleinen Fratz fand. Er stand vor einer Frau und schaute sehnsüchtig zu ihrem Eis nach oben. Die Frau lachte auf und bückte sich zu meinem Sohn nach unten. Dieses Lachen. Es kam mir so bekannt vor. Die Frau fragte den kleinen etwas worauf er sich umdrehte und dann in meine Richtung winkte.
"Was machst du denn? Du sollst doch nicht einfach weglaufen"
"Ich glaube er will ein Eis", die Frau grinste und ich hörte ihren leicht amerikanischen Akzent heraus.
"Naja aufjedenfall danke dass sie den kleinen Mann aufhalten konnten", ich schüttelte ihre Hand und plötzlich verschwand ihr gerade noch fröhliches Lächeln.
"Ist das... ist das ihr Sohn?", bildete ich mir das nur ein oder stiegen da Tränen in ihre Augen.
"Ähm... ja? Alles okay bei ihnen?", sie schien wie ausgewechselt zu sein. Ihre Hände zitterten als sie sich durch ihr schwarzes kurzes Haar fuhr.
Dann plötzlich umarmte sie mich und wollte mich gar nicht mehr loslassen.
"Entschuldigen sie bitte", etwas empört drückte ich sie von mir weg. Komischerweise kam mir die Umarmung ziemlich vertraut vor.
"Tut mir leid aber die Umarmung brauchte ich gerade einfach", noch immer hatte sie Tränen in den Augen und schaute abwechselnd zwischen mir und Elyas hin und her.
"Er sieht aus wie du früher"
Ich wich ihr aus, das wurde mir dann doch etwas zu gruslig hier. Ständig wurde in den Medien gebracht dass Pädophile unterwegs sind oder andere Psychopaten und die Tante vor uns sah alles andere als klar im Kopf aus.
"Komm Elyas lass uns weiter gehen", als die Frau gegenüber von uns den Namen hörte lächelte sie plötzlich wieder. Schnell nahm ich Elyas am Arm und zog ihn weg von dieser Verrückten.
Erst einige Meter weiter drehte ich mich wieder zu der Schwarzhaarigen um. Ein Mann stand jetzt neben ihr und nahm sie zärtlich in den Arm. Er kam mir bekannt vor. Ist das nicht dieser Rapper von DatAdam. Wie war noch gleich sein Name? Ardy. Natürlich. Ich kniff meine Augen zusammen und war mir dann zu 100 Prozent sicher dass es sich hier un den damaligen Youtuber handeln musste. Früher hatte ich seine Band regelmäßig musikalisch verfolgt bis ich sie aus den Augen verloren habe.
Ich drehte mich wieder zu Elyas um und wir gingen weiter. Wie ein Blitz durchzuckte mich plötzlich eine Erinnerung. Ardy war mit Elina befreundet gewesen und war sogar einmal bei uns im Haus.
Ihr Lächeln. Die Augen. Die Art wie sie trotz des amerikanischen Akzents sprach. Die Art wie sie Elyas angesehen hatte. Ihre Reaktion als sie mich plötzlich umarmt hatte und ihre Tränen. Tränen der Freude. Tränen die ich früher oft trocknen musste. Tränen die wir uns früher gegenseitig abgewischt hatten.
Elina. Die schwarzhaarige Frau war Elina. Meine Schwester. Meine große Schwester.
Ich verlangsamte meine Schritte, sodass sich die Passanten hinter mir laut beschwerten. Ich rannte zurück zu dem Platz wo gerade noch Elina gestanden ist. Allerdings war sie nicht mehr da und war auch sonst nirgends mehr zu sehen.
Sie hatte mich erkannt. Aber ich hatte sie nicht erkannt.
-Ende-
(geschrieben: 31.01.16)
Das war mein kleiner OS/Anhang an Exit. Einfach deshalb weil wir hier über 100k reads geknackt haben und ich die Ff etwas vermisse. Danke♡
Ab und zu werden hier weitere OS zu Exit hochgeladen. Falls ihr Ideen habt aus welcher Sicht ich schreiben soll, schreibts in die Kommis:)
Wie fandet ihr ihr den OS aus der Sicht von Elinas Bruder Lukas?
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EXIT (Dat Adam)
Fanfiction"Wie hat alles angefangen?", ein großer Mann im weißen Anzug saß mir gegenüber und schaute mich auffordernd an. Ist er Arzt? Ich weiß es nicht, ich weiß nicht mal wie ich hier hergekommen bin. "Es hat alles mit drei Wörter angefangen", begann ich...
